Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflichtteilsergänzung
Normenkette
BGB § 818 Abs. 2, §§ 2325, 2329-2330
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 12.12.2000; Aktenzeichen 1 O 20/00) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Schlussurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 12. Dezember 2000 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin über den Ausspruch im Teilanerkenntnisurteil vom 21. Juni 2000 hinaus weitere 11.901,54 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26. Januar 2000 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden zu 7/10 der Klägerin und zu 3/10 der Beklagten auferlegt. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zu 2/5 und der Beklagten zu 3/5 zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
A.
Die Klägerin ist die einzige Tochter des am 2. Februar 1999 verstorbenen R. F. aus dessen erster Ehe, die Beklagte war dessen zweite Ehefrau und ist aufgrund Erbvertrages vom 20. Dezember 1974 seine Alleinerbin. Durch notariellen Vertrag vom 6. Oktober 1998 hatte der Erblasser einer Tochter der Beklagten eine Eigentumswohnung übertragen, sich selbst und zugunsten der Beklagten jedoch einen lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch vorbehalten; die Stieftochter übernahm eine lebenslange Pflegeverpflichtung zugunsten des Erblassers und der Beklagten sowie eine mit 23.402,00 DM valutierende Grundschuld, darüber hinaus wurde ein –unter bestimmten Bedingungen wirksam werdender– Rückübertragungsvorbehalt vereinbart.
Mit vorliegende Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Pflichtteilsergänzung in Anspruch. Das Landgericht hat die Beklagte durch Teilanerkenntnisurteil vom 21. Juni 2000 zur Zahlung von 20.000 DM nebst Zinsen verurteilt und mit Schlussurteil vom 12. Dezember 2000 die weitergehende Klage abgewiesen.
Entscheidungsgründe
B.
Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung ist in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstanden und hat in der Sache teilweise Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiterer 11.901,54 DM nebst Prozesszinsen aus §§ 2329, 291 BGB.
Nach § 2329 BGB kann ein Pflichtteilsberechtigter, wenn der Erblasser einem Dritten eine den Pflichtteil beeinträchtigende Schenkung gemacht hat, von diesem Ausgleich der Bereicherung fordern, soweit der Erbe zur Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist. Diese Voraussetzungen sind hier im Umfang des Urteilsausspruchs gegeben.
I.
Die Klägerin ist als Tochter des Erblassers pflichtteilsberechtigt, weil sie durch den Erbvertrag vom 20. Dezember 1974 von der Erbfolge ausgeschlossen ist (§ 2303 BGB). Gemäß § 2325 BGB kann sie Ergänzung ihres Pflichtteils verlangen, soweit dieser durch eine Schenkung des Erblassers beeinträchtigt ist. Der Begriff der „Schenkung” im Sinne dieser Vorschrift umfasst auch gemischte Schenkungen, Schenkungen unter Auflagen und auch so genannte „unbenannte Zuwendungen” unter Eheleuten (vgl. BGH NJW 1992, 564). Insoweit kommen im vorliegenden Fall sowohl die Übertragung der Eigentumswohnung an die Stieftochter als auch die Zuwendung des Nießbrauchs und des Anspruchs auf Pflege an die Beklagte als ausgleichspflichtige Schenkungen in Betracht.
1.
Zutreffend weist die Beklagte indes daraufhin, dass es sich bei der Übertragung der Eigentumswohnung an die Stieftochter nicht um eine gemischte Schenkung handelt. Eine solche liegt vor, wenn der Wert der Leistung des einen dem Wert der Leistung des anderen nur zum Teil entspricht, die Vertragsparteien dies wissen und übereinstimmend wollen, dass der überschießende Wert unentgeltlich gegeben wird (BGH NJW-RR 1996, 754; OLG Düsseldorf OLGR 1999, 349). Ausschlaggebend hierfür ist, ob Leistung und Gegenleistung in der maßgebenden subjektiven Wertung der Vertragsparteien gleichwertig sind (BGH MDR 1995, 500; OLG Düsseldorf a.a.O.); nur bei auffallend grobem Missverhältnis zwischen dem wirklichen Wert von Leistung und Gegenleistung ist von teilweise unentgeltlicher Zuwendung auszugehen (BGHZ 59, 132).
Hiernach kann die Übertragung der Eigentumswohnung auf die Stieftochter nicht als –teilweise– unentgeltlich angesehen werden. Nach den Vorstellungen der Vertragschließenden hatte die Eigentumswohnung einen Wert von 180.000 DM. Der Wert dieser Leistung des Erblassers mindert sich von vornherein um den Wert des vorbehalten Nießbrauchs (OLG Düsseldorf a.a.O.; BGH NJW-RR 1990, 1158 unter Ablehnung entgegenstehender Literaturstimmen), der im Übertragungsvertrag mit 110.000 DM in Ansatz gebracht ist. Den verbleibenden 70.000 DM stehen von der Stieftochter übernommene Gegenleistungen in mindestens gleicher Höhe gegenüber. Hierbei handelt es sich um die mit 23.402 DM valutierende Schuldübernahme, die von den Vertragsparteien mit 40.000 DM bewerteten Pflegeverpflichtungen und den im Übertragungsvertrag ebenfalls als „Gegenleistung” ausbedungenen Rückübertragungsvorbehalt, der mit bis zu 10 % des Verkehrswertes der Eigentumswohn...