rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Restwerklohnforderung. Inkrafttreten der neuen Fassung der VOB zwischen Ausschreibung und Zuschlag

 

Leitsatz (amtlich)

1) Wird in einer Ausschreibung (März 1993) ausdrücklich auf eine besondere Fassung der VOB (hier VOB/B Ausgabe 1988) Bezug genommen, macht sodann ein Bieter am 26.5.1993 unter Bezugnahme auf die Ausschreibung und die VOB/Ausgabe 1988 ein Angebot, und wird nun dem Bieter am 4.6.1993 mündlich der Zuschlag erteilt, so kommt der Vertrag zu den Bedingungen der VOB/Ausgabe 1988 zu Stande, auch wenn zwischenzeitlich die Landesstraßenverwaltung am 6.5.1993 den nachgeordneten Behörden die Anwendung der VOB/Ausgabe 1992 zwingend vorgeschrieben hat.

2) Ist die kostenlose Bereithaltung von Arbeits- und Montagegerüsten zur Erneuerung der Kappen an einer Brücke vertraglich vereinbart, so sind auch die kostenaufwendigen Kappengerüste kostenfrei bereitzuhalten.

 

Normenkette

VOB/B Fassung 1988 oder 1992

 

Beteiligte

Gesellschaft für B mbH, vertreten durch die Geschäftsführer

Kreis M, vertreten durch das Straßenbauamt Koblenz

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 9 O 370/96)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 9. Oktober 1997 teilweise geändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung von 13.000 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte seinerseits Sicherheit in gleicher Höhe stellt.

Die Sicherheitsleistung kann auch in der selbstschuldnerischen Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen inländischen Kreditinstituts bestehen.

 

Tatbestand

Die klagende Gesellschaft für Bauwerksabdichtungen nimmt den beklagten Landkreis auf Zahlung eines Restwerklohns von 113.313,10 DM nebst Zinsen in Anspruch. Dem liegt ein 1993 geschlossener Bauvertrag zugrunde, durch den die Klägerin sich verpflichtete, Sanierungsarbeiten an einer Brücke durchzuführen. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte die Kosten eines Traggerüstes zur Erneuerung der Brückenkappen gesondert zu vergüten hat, oder ob dieser Aufwand der Klägerin mit dem bereits gezahlten Werklohn abgegolten ist.

Die Baumaßnahme war im März 1993 ausgeschrieben worden. Die beigefügte Baubeschreibung lautet unter 3.4. wie folgt (Bl. 128 GA):

„Baubehelfe

Evtl. notwendige Arbeits- bzw. Montagegerüste zur Erneuerung der Kappen und der Entwässerungseinrichtung sind in die Positionen für diese Leistungen einzurechnen und werden nicht gesondert vergütet.

Zusätzlich werdende Schutzmaßnahmen sind in die OZ – Baustelleneinrichtung – einzukalkulieren.”

Unter dem 26. Mai 1993 gab die Klägerin ein Angebot ab, das unter anderem auf die Baubeschreibung, die Bewerbungsbedingungen für die Vergabe von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau, Ausgabe 1988, sowie die VOB/B Ausgabe 1988 – Fassung Juli 1990 Bezug nimmt (Bl. 124/125 GA). Daraufhin wurde der Klägerin am 4. Juni 1993 mündlich der Zuschlag erteilt, der durch Schreiben des Beklagten vom 17. Juni 1993 bestätigt wurde (Bl. 129/130 GA). Letztlich wurden die Parteivereinbarungen in der Vertragsurkunde vom 1. Juli/12. Juli 1993 festgehalten (Bl. 131 GA).

Mit Schreiben vom 8. Juli 1993 unterbreitete die Klägerin ein Nachtragsangebot für „erforderlich gewordene Zusatzleistungen” (Bl. 132/133 GA). Darin berechnet sie u. a. 110.663,60 DM für ein „Kappengerüst als Traggerüst einschließlich einer prüf fähigen Statik”. Der Beklagte erwiderte am 16. Juli 1993, unter 3.4 der Baubeschreibung sei festgelegt, daß notwendige Baubehelfe zur Erneuerung der Kappen in die Positionen für diese Leistungen einzurechnen seien und nicht gesondert vergütet würden. Eine zusätzliche Vergütung lehne er daher ab (Bl. 134 GA).

Die Klägerin hat vorgetragen, gleichwohl stehe ihr eine solche Vergütung zu. Denn die Behörden des Landes Rheinland-Pfalz seien spätestens durch Schreiben vom 6. Mai 1993 (Bl. 122 GA) angewiesen worden, nunmehr bei Bauaufträgen die VOB-Ausgabe 1992 anzuwenden. Diese Fassung sei daher für die Vertragsbeziehungen der Parteien maßgeblich. Nach der VOB 1992 handele es sich bei den Gerüstarbeiten um eine Mehrleistung, die besonders zu vergüten sei. Nur so sei ihr Vertragsangebot zu verstehen.

Der Beklagte hat erwidert, dem Vertrag liege die alte Fassung der VOB zugrunde. Im übrigen ergebe die Baubeschreibung, daß das Kappengerüst nicht gesondert vergütet werde.

Das Landgericht hat der Klage bis auf einen geringen Teil des Zinsbegehrens stattgegeben. Beim Aufwand zur Herstellung des Kappengerüstes handele es sich um eine zusätzliche Leistung im Sinne von § 2 Nr. 6 VOB/B. Obwohl das Angebotsschreiben der Klägerin auf die VOB Ausgabe 1988 Bezug nehme, gelte die VOB/B in der Fassung 1992, weil zwischen Ausschreibung und Auftragsvergabe die Neufassung für den Beklagten als öffentlich-rechtlichen Auftraggeber verbindlich eingeführt worden sei. Damit komme auch DIN 18331 i...

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