Leitsatz (amtlich)
Rückwärtsversicherung für Geschäftsführerhaftung mit Begrenzung auf nicht positiv bekannte Pflichtverletzungen.
Keine positiv bekannte Pflichtverletzung bei Gewährung von Warenkreditlinien im Vertrauen auf Besicherung durch Zession gegen öffentliche Auftraggeber in Unkenntnis von Vorzessionen.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 03.09.2009; Aktenzeichen 16 O 497/08) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 16. Zivilkammer des LG Koblenz vom 3.9.2009 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger aus der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung GHV 90/0490/9013028/655 bedingungsgemäßen Deckungsschutz zu gewähren wegen der Ansprüche, die die A. wegen des Ausfalles von Forderungen aus Lieferungen an den Kunden B. gegen den Kläger geltend macht.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagte ihm Versicherungsschutz aus einer sog. D&O.-Versicherung zu gewähren hat.
Die einen Elektrogroßhandel betreibende Firma A., deren Geschäftsführer der Kläger gemäß Geschäftsführervertrag vom 10.12.2003 (Bl. 48 bis 53 d.A.) ist, schloss mit der Beklagten eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für die Tätigkeit ihres Geschäftsführers mit Versicherungsbeginn 7.10.2005 und Vereinbarung der AVB-O der Beklagten (Bl. 5 bis 10 d.A.). Nach § 1 Nr. 2 AVB-O bietet die Beklagte Versicherungsschutz für den Fall, dass versicherte Personen wegen einer Pflichtverletzung bei Ausübung der versicherten Tätigkeit aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen für einen Vermögensschaden haftpflichtig gemacht werden.
Die Firma A. belieferte über 25 Jahre hinweg die Firma B. mit Elektroartikeln, wobei sie dieser einen Warenkreditrahmen von 30.000 EUR eingeräumt hatte. Im Jahre 2004 begehrte die Firma B. eine Erweiterung des Warenkreditrahmens, was von der Stellung entsprechender Sicherheiten abhängig gemacht wurde. Nachdem die Firma B. ihr gegen öffentliche Auftraggeber zustehende Werklohnforderungen an die Firma A. schriftlich abgetreten und - wahrheitswidrig - zugesichert hatte, keine sonstigen Abtretungen vereinbart zu haben, wurde der Warenkreditrahmen für die Firma B. durch den Kläger im März 2005 ohne vorherige Prüfung der Werthaltigkeit der abgetretenen Forderungen erweitert.
Die Firma A. lieferte sodann weiterhin Elektroartikel an die Firma B., die jedoch ab dem 16.7.2005 bis zum 21.11.2005 fällige Rechnungen nicht mehr bezahlte und sodann in Insolvenz fiel. Eine Realisierung der noch offenen Rechnungsbeträge war deshalb nicht mehr möglich. Die Firma A. erwirkte am 21.11.2006 ein Anerkenntnisurteil des LG Koblenz (1 HK. O 56/06, Bl. 53 bis 54 d.A.) gegen den Inhaber der Firma B., Herrn C., i.H.v. 197.731,94 EUR nebst Zinsen sowie die Feststellung, dass die Forderung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht, da C. zum Zeitpunkt der Forderungsabtretungen an die Firma A. GmbH & Co. KG diese Forderungen bereits zuvor mit Sicherungspoolvertrag vom 17.8.2004 an seine beiden Hausbanken abgetreten hatte.
Mit Schreiben vom 1.12.2006 (Bl. 45 d.A.) teilte die Firma A. GmbH & Co. KG dem Kläger mit, dass er seine Geschäftsführerpflichten dadurch verletzt habe, dass er bei den Warenlieferungen an die Firma B. keine genügenden Sicherheitsvorkehrungen getroffen habe, indem er sich auf mündliche Aussagen zur Forderungsabsicherung gestützt habe, und bat um Mitteilung, wie er den Vermögensschaden erstatten werde. Dieser wird derzeit mit 170.458 EUR beziffert.
Der Kläger begehrt deshalb von der Beklagten bedingungsgemäßen Versicherungsschutz, den die Beklagte jedoch ablehnte, weil die Haftpflichtansprüche durch eine wissentliche Pflichtverletzung des Klägers verursacht worden seien, da er Lieferungen über die bestehende Kreditlinie von 30.000 EUR hinaus unbefugt und bewusst zugelassen habe.
Der Kläger hat mit Erklärung vom 25.8.2009 gegenüber der Firma A. GmbH & Co. KG auf die Einrede der Verjährung verzichtet (Bl. 219 d.A.).
Der Kläger hat vorgetragen, es habe von seinem Arbeitgeber zwar die Weisung gegeben, keine Lieferungen über den Warenkreditrahmen von 30.000 EUR hinaus an die Firma B. zuzulassen, jedoch sei er zu einer Überschreitung dieses Rahmens bei entsprechenden Sicherheiten befugt gewesen. Er habe bei den Forderungsabtretungen der Firma B. nicht hinreichend die Abtretbarkeit der Forderungen geprüft. Der Inhaber der Firma A. GmbH & Co. KG, Herr D., habe anfangs, nachdem ihm der Kläger die Absicherung erläutert habe, keine Einwände gegen das Vorbringen gehabt. Zunächst seien die abgetretenen Forderungen auch ordnungsgemäß erfüllt worden. Er habe keine Kenntnis davo...