Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung aus Unterrichtsvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Rechtsnatur, der Wirksamkeit und den Kündigungsmöglichkeiten eines Unterrichtsvertrages.

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 1 O 63/97)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 30. Juni 1998 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Zinsen lediglich aus einem Betrag von 6.705 DM zu zahlen sind.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Der Beklagten ist wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil sie im Hinblick auf ihre Bedürftigkeit an der Einhaltung der Berufungsfrist ohne ihr Verschulden gehindert war (§ 233 ZPO).

In der Sache hat die Berufung nur hinsichtlich der Zinsen einen geringen Teilerfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von 6.705 DM an die Klägerin verurteilt. Der Klageanspruch folgt aus §§ 611 Abs. 1, 433 Abs. 2 BGB, denn die Parteien haben am 16.1.1995 einen Dienstvertrag über eine 20-monatige Ausbildung zum Heilpraktiker abgeschlossen, für die eine Einschreibgebühr von 780 DM und 21 Raten á 313 DM als Vergütung zu zahlen waren. Gleichzeitig kaufte die Beklagte von der Klägerin unterrichtsbegleitende Videokassetten, für die 21 Raten á 133 DM zu zahlen waren. Auf die Gesamtforderung der Klägerin in Höhe von 10.146 DM zahlte die Beklagte 3.441 DM, so dass der vom Landgericht titulierte Betrag noch offen steht.

Der Dienstvertrag zwischen den Parteien ist nicht nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG unwirksam. Das Landgericht ist zutreffend, der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgend (BGH NJW 1996, 457) davon ausgegangen, dass eine Kreditgewährung im Sinne des § 1 Abs. 1 VerbrKrG nicht vorliegt, wenn eine Zahlungsvereinbarung nach Zeitabschnitten dem dispositiven Recht entspricht. Dies ist vorliegend der Fall, denn nach § 614 S. 2 BGB ist die Vergütung bei einem Dienstvertrag nach Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten, wenn sie nach solchen Zeitabschnitten bemessen ist. Auch die Tatsache, dass für eine Laufzeit von zwanzig Monaten eine Zahlung von einundzwanzig Monatsraten vereinbart wurde, rechtfertigt keine andere Beurteilung, denn jedenfalls liegt kein Zahlungsaufschub von mehr als drei Monaten im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 VerbrKrG vor (OLG Düsseldorf, OLGR 1997, 57 ff., 58).

Hinsichtlich des Videokaufs, der § 2 VerbrKrG unterfällt, sind Nichtigkeitsgründe nicht ersichtlich. Bei Ausspruch der Kündigung war die Widerrufsfrist nach § 7 VerbrKrG abgelaufen.

Die Beklagte hat den Dienstvertrag nicht wirksam durch ihr Schreiben vom 22.11.1995 gekündigt.

Eine außerordentliche Kündigung nach § 627 Abs. 1 BGB scheidet aus, denn die Klägerin stand als Dienstverpflichtete in einem dauerndem Dienstverhältnis mit festen Bezügen. Das Merkmal des „dauernden Dienstverhältnisses” kann auch bei einem befristeten, auf längere Zeit angelegten Vertragsverhältnis vorliegen, wobei eine Laufzeit von einem Jahr mit Verlängerungsabsicht, von zwei Jahren oder auch von zwanzig Monaten ausreicht (BGH, NJW-RR 1993, 375; BGH NJW 93, 326 ff., 327; OLG Köln OLGR 1998, 5 ff.; Staudinger-Preis, BGB, 13. Aufl., Rn. 15 zu § 627 BGB; Münchener Kommentar-Schwerdtner, BGB 3. Aufl., Rn. 6 zu § 627 BGB).

Die Kündigung der Beklagten vom 22.11.1995 ist nicht als außerordentliche Kündigung gemäß § 626 BGB wirksam. Ein wichtiger Grund im Sinne dieser Vorschrift setzt das Vorliegen von Tatsachen voraus, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände ein Festhalten am Vertrag bis zur ordentlichen Kündigungsmöglichkeit oder bis zum Ablauf des Vertrags nicht zugemutet werden kann.

Vorliegend kann dahinstehen, ob ein wichtiger Grund darin gesehen werden kann, dass bei der Beklagten zwei Bandscheibenvorfälle diagnostiziert wurden oder darin, dass bei ihr der Verdacht auf eine Erkrankung an multipler Sklerose (MS) bestand. Hinsichtlich der Bandscheibenvorfälle hat die Beklagte jedenfalls die zweiwöchige Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten, denn die Bandscheibenvorfälle wurden bereits im Juli 1995 diagnostiziert, während die Kündigung erst am 22.11.1995 erfolgte.

Gleiches gilt im Ergebnis für den Verdacht auf eine Erkrankung an multipler Sklerose als Kündigungsgrund, wobei der wichtige Grund nach dem Vortrag der Beklagten allenfalls darin liegen könnte, dass sie wegen der Belastung mit dem Verdacht dieser Erkrankung insbesondere psychisch nicht in der Lage gewesen sein könnte, an dem Unterricht weiter teilzunehmen.

Auch wenn man dies annimmt ist von einer Verfristung der Kündigung gemäß § 626 Abs. 2 BGB auszugehen. Die Beklagte erfuhr nämlich nicht erst im Anschluss an die Untersuchungen in der Universitätsklinik … am 16.11./17.11.1995 von einem Verdacht auf Erkrankung an MS. Nach ihrem eigenen Vorbringen (Bl. 25 GA) haben die behandelnden Radiologen im September 1995 die Frage ...

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