Entscheidungsstichwort (Thema)
Übergang von Geschäftsanteilen an einer GmbH an den nicht nachfolgeberechtigten Erben. Anspruch auf Übertragung des Geschäftsanteils
Normenkette
GmbHG §§ 15-16; HGB § 139
Verfahrensgang
LG Trier (Urteil vom 20.04.1993; Aktenzeichen 10 HO 59/92) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers wird das Urteil der 10. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Trier vom 20. April 1993 abgeändert.
Es wird festgestellt, daß der am 22. März 1990 geschlossene Geschäftsanteilsübertragungsvertrag (UR.-Nr. … / … des Notars K. in S.) unwirksam ist.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden je zur Hälfte dem Kläger und der Beklagten auferlegt.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000 DM abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Parteien können die Sicherheit durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder eines öffentlichrechtlichen Kreditinstituts leisten.
Tatbestand
Die beklagte Gesellschaft mit beschränkter Haftung betreibt ein Zahnlabor. Sie wurde am 29. Juni 1989 von A. B. und dessen Söhnen J. B., T. B. und S. B., dem Kläger, gegründet. A. B. war mit 55 %, seine Söhne waren mit je 15 % an dem Stammkapital der Beklagten, das insgesamt 1.000.000 DM betrug, beteiligt. J. B., der Zahntechnikermeister ist, wurde alleinvertretungsberechtigter, der Kläger, der Bankkaufmann gelernt hat, wurde gesamtvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Beklagten.
Im Gesellschaftsvertrag vom 29. Juni 1989 war für den Fall des Todes eines Gesellschafters unter anderem bestimmt:
„§ 16 Regelung der Erbfolge
(1) Stirbt ein Gesellschafter, wird die Gesellschaft unter Ausschluß des Ehepartners ausschließlich mit seinen ehelichen Abkömmlingen oder Adoptivkindern fortgesetzt…
(2) Scheidet der Gesellschafter A. B. durch Tod aus der Gesellschaft aus, so soll seiner überlebenden Ehefrau an dessen Gesellschaftsanteil das lebenslängliche Nießbrauchsrecht zustehen mit der Maßgabe, daß ihr derjenige Gewinn zusteht, der auf die nießbrauchsbelastete Beteiligung ausgeschüttet wird.”
Am 16. Oktober 1989, wenige Monate nach Errichtung der Gesellschaft schloß A. B. mit seiner Ehefrau G. B. einen Erbvertrag. Darin setzten sich die Eheleute B. gegenseitig, der Erstversterbende den Überlebenden, zum alleinigen und unbeschränkten Erben ein. A. B. ordnete darüberhinaus für den Fall seines Vorversterbens Testamentsvollstreckung an. Der Testamentsvollstrecker sollte unter anderem seine Beteiligung an der Beklagten verwalten und für die Erfüllung der im Gesellschaftsvertrag getroffenen Nachfolgeregelung sorgen. Zum Testamentsvollstrecker wurde der Wirtschaftsprüfer Dr. R. S. berufen.
Nach dem Tode von A. B. fand am 22. März 1990 bei dem Notar K. in S. eine Versammlung der Gesellschafter der Beklagten statt. Erschienen waren der Kläger, seine Brüder J. und T. B. sowie der Testamentsvollstrecker Dr. S. als Verwalter des an G. B. vererbten Geschäftsanteils von A. B.. Die Gesellschafterversammlung beschloß einstimmig verschiedene Änderungen des Gesellschaftsvertrages, die eine Stärkung der Rechte der Minderheitsgesellschafter zum Ziel hatten. Unmittelbar im Anschluß daran schloß G. B. – vertreten durch Dr. S. – mit ihrem Sohn J. B. einen notariell beurkundeten Geschäftsanteilsübertragungsvertrag (UR Nr. … / … des Notars K.). Sie übertrug die von ihrem Mann geerbte Beteiligung von 55 % des Stammkapitals der Beklagten „mit Wirkung vom heutigen Tage” (22. März 1990) auf J. B. und behielt sich nur den Nießbrauch vor. Der Testamentsvollstrecker Dr. S. und T. B. stimmten der Geschäftsanteilsübertragung zu. Der Kläger verließ hingegen, als der Geschäftsanteilsübertragungsvertrag beurkundet werden sollte, die Gesellschafterversammlung mit den Worten „Ihr macht ja doch, was ihr wollt.”
In den folgenden Gesellschafterversammlungen vom 29. April 1991 und 24. Februar 1992 trat J. E. als Inhaber des ihm von der Mutter am 22. März 1990 übertragenen Geschäftsanteils auf; diese nahm bloß die Rechte eines Nießbrauchers in Anspruch.
Im Frühjahr 1992 stand das als einzelkaufmännisches Unternehmen betriebene „H. -J. G.. Dentallabor” in … G. zum Verkauf. J. B. wollte die Gelegenheit nutzen und dieses Unternehmen erwerben. Die Beklagte sollte gemeinsam mit G. und dessen Angestellten M. eine – von ihr beherrschte – GmbH gründen, auf die G. das Zahnlabor übertragen sollte. Dazu berief J. B. eine Gesellschafterversammlung ein auf den 22. Juni 1992. Er lud seine Brüder, d. h. den Kläger und T. B., zu der Gesellschafterversammlung mit eingeschriebenem Brief vom 4. Juni 1992 und teilte ihnen folgende Tagesordnung mit:
- „Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung (90 %) an der neuzugründenden GmbH (Betrieb eines zahntechnischen Labors)
- Bestellung des Herrn J. B. als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer in der neuzugründenden Gesells...