Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungsrechtlicher Haftungsausschluss für Arbeitsunfälle auf einer gemeinsamen Betriebsstätte
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 25.04.2003) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des LG Koblenz vom 25.4.2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 11 % über dem beizutreibenden Betrag vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht Ansprüche ihres Ehemanns auf Ersatz seiner materiellen und immateriellen Schäden aus einem Unfallereignis geltend, das sich am 15.8.1998 auf dem Betriebsgelände der Firma G. Landhandel GmbH zugetragen hat. Der Geschädigte ist bei der Großhandelsbaugenossenschaft, der unfallverursachende Erstbeklagte bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft unfallversichert. Der Geschädigte F. G. betreibt das Unternehmen der Firma G. Landhandel als Gesellschafter und Geschäftsführer zusammen mit seinem Bruder. Der Erstbeklagte war zum Unfallzeitpunkt selbständiger Landwirt. Er wollte mit einem Traktor samt Anhänger im Betrieb des Geschädigten Getreide abladen, wie er es in der Erntezeit zwei- bis dreimal täglich oder - bezogen auf eine Erntephase pro Jahr - insgesamt 20- bis 30-mal zu tun pflegte. An der in den Boden eingelassenen sog. Getreidegosse, dem Abladepunkt, stand zu jener Zeit ein Lastkraftwagen, der auch entladen werden sollte. F. G. ließ dieses Fahrzeug wegfahren, damit zuvor der Erstbeklagte sein Getreide abladen könne. Üblicherweise werden Fahrzeuge in dem Landhandelsunternehmen, die dort Getreide abladen sollen, entweder von F. G. selbst oder von einer anderen zum Betrieb gehörenden Person bei der Rückwärtsfahrt an die Abladestelle eingewiesen. Hinter der Getreidegosse befindet sich eine Rampe, auf der gewöhnlich der Einweiser zu stehen pflegte. Ob am Unfalltag eine Einweisung durch Zurufe erfolgte, ist unter den Parteien umstritten. Fest steht, dass der Geschädigte F. G. sich zum Unfallzeitpunkt hinter dem Fahrzeug des Erstbeklagten befand und von diesem zwischen Rampe und Anhänger eingequetscht wurde. F. G. erlitt dadurch innere Verletzungen, nämlich einen Verschluss der rechten Beckenschlagader mit der Folge fehlender Durchblutung des rechten Beins sowie Verletzungen des Dünndarms, ferner Prellungen und Hautabschürfungen. Er hat seine Ersatzansprüche an die Klägerin, seine Ehefrau, abgetreten, die nun ein Schmerzensgeld und Ersatz des Haushaltsführungsschadens geltend macht sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für alle künftigen Schäden aus dem Unfallereignis verlangt.
Die Klägerin hat im Wesentlichen vorgetragen, ihr Ehemann habe mit dem Rücken zum Traktor gestanden und Getreide an der Gosse zusammengekehrt. Er habe den Erstbeklagten weder durch Winkzeichen eingewiesen noch ihm zugerufen, dass er zurücksetzen solle. Er habe den Traktor gehört, aber angenommen, dieser werde ohne Einweisertätigkeit nicht weiter zurückgesetzt. Eine Haftungsersetzung gem. §§ 106 Abs. 3, 105 Abs. 1 SGB VII komme den Beklagten nicht zugute; im Übrigen wäre dies verfassungswidrig.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 10 % Zinsen hieraus seit dem 28.11.1998 zu zahlen,
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 7.244,13 DM (3.703,86 Euro) nebst 12 % Zinsen hieraus seit dem 28.11.1998 zu zahlen,
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, sämtliche Schäden, die "ihr" zukünftig aus dem Unfallereignis vom 15.8.1998 entstehen, zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie haben im Kern vorgetragen, der Erstbeklagte habe sein Gespann zuerst nicht vollständig zurückgesetzt, sondern 1 bis 1,5 m vor der Laderampe angehalten. Dann habe er aussteigen und die Lage feststellen wollen. In diesem Augenblick habe F. G. gerufen: "weiter, weiter!" Deshalb sei er davon ausgegangen, dass er durch Zurufe eingewiesen werde, weshalb er weiter zurückgesetzt habe. F. G. habe offenbar versucht, hinter dem Anhänger zur Treppe an der Laderampe zu gelangen. Ansprüche des Geschädigten seien gem. §§ 105, 106 Abs. 3 SGB VII ausgeschlossen.
Das LG hat F. G. als Zeugen vernommen und den Erstbeklagten als Partei angehört. Es hat dann die Klage durch Urteil vom 25.4.2003 abgewiesen. Die Haftungsersetzung gem. §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 3 SGB VII greife ein. Die gelte auch dann, wenn die Versicherten verschiedenen Unternehmen angehören, die vorübergehend Tätigkeiten auf einer gemeinsamen Betriebsstätte verrichten. Eine gemeinsame Betriebsstätte liege bereits dann vor, wenn die Versicherten auf Grund einer ausdrücklichen Absprache oder stillschweigenden Übereinkunft sich ergänzend oder unterstützend zusammenarbeiteten. Der Geschädigte und der Erstbeklagte hät...