Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung einer Abfindung; Treu und Glauben auch bei Unterhaltsverzicht
Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung von Eheverträgen und der unterhaltsrechtlichen Behandlung einer vom Arbeitgeber gezahlten Abfindung.
Leitsatz (redaktionell)
Schließen Parteien kurz vor ihrer Eheschließung einen Ehevertrag, in dem sie gegenseitig auf nachehelichen Unterhalt verzichten sowie Gütertrennung und den Ausschluss des Versorgungsausgleichs vereinbaren, kann dieser Vertrag wirksam sein. Allerdings ist bei Geburt eines gemeinsamen Kindes und bei dessen Betreuung durch einen Ehegatten dem anderen Ehegatten die Berufung auf den Unterhaltsverzicht nach Treu und Glauben zu versagen.
Normenkette
BGB §§ 138, 1570
Verfahrensgang
AG Koblenz (Urteil vom 19.04.2005; Aktenzeichen 19 F 362/03) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des AG - FamG - Koblenz vom 19.4.2005 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit ab dem 11.7.2003 Ehegattenunterhalt wie folgt zu zahlen:
- 488 EUR monatlich für die Zeit vom 11.7.2003 bis 30.11.2004,
- 283 EUR monatlich für die Zeit vom 1.12.2004 bis 30.6.2005 und
- 233 EUR monatlich für die Zeit ab dem 1.7.2005.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den in erster Instanz entstandenen Kosten tragen der Beklagte 72 % und die Klägerin 28 %.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte 3/4 und die Klägerin 1/4.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien haben am 15.6.1999 geheiratet. Aus ihrer Ehe ging die gemeinsame Tochter ..., geboren am 24.8.2000, hervor, die von der Klägerin betreut und versorgt wird. Durch Urteil des AG Koblenz vom 10.4.2003 wurde die Ehe der Parteien geschieden.
Im vorliegenden Verfahren erstrebt die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung nachehelichen Unterhalts. Der Beklagte macht geltend, Unterhaltsansprüche seien durch einen vom Streitverkündeten beurkundeten notariellen Ehevertrag vom 10.6.1999 wirksam ausgeschlossen worden. Im Übrigen sei er nicht leistungsfähig.
Das AG hat die Klage durch Urteil vom 19.4.2005 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe in dem Ehevertrag rechtswirksam auf Unterhaltsansprüche für den Fall der Scheidung der Ehe verzichtet. Der Beklagte sei auch unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben nicht daran gehindert, sich auf diese Verzichtsvereinbarung zu berufen.
Mit der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung erstrebt die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Unterhaltsbetrages von - noch - 488 EUR monatlich ab dem 11.7.2003. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, der notarielle Vertrag sei unwirksam. Im Übrigen sei der Beklagte auch als leistungsfähig anzusehen, da er sich nach der Kündigung seines früheren Arbeitsverhältnisses zum 30.9.2003 nicht in dem gebotenen Maße um eine neue Arbeitsstelle bemüht habe.
II. Die in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung der Klägerin hat in der Sache teilweise Erfolg.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung nachehelichen Unterhalts gem. § 1570 BGB, da von ihr wegen der Betreuung der erst 5 Jahre alten gemeinsamen Tochter der Parteien eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.
Die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien wurden geprägt durch die Erwerbstätigkeit des Beklagten und die Unterhaltsverpflichtung ggü. der gemeinsamen Tochter der Parteien. Der Beklagte erzielte bis zum 30.9.2003 unstreitig monatliche Erwerbseinkünfte als Elektroingenieur i.H.v. netto 1.520 EUR (berechnet nach Steuerklasse I/0,5). Nach Abzug des vom Beklagten für die gemeinsame Tochter zu zahlenden Kindesunterhalts i.H.v. 227 EUR (Tabellenbetrag gem. Einkommmensgruppe 3, Altersstufe 1 der Düsseldorfer Tabelle v. 1.7.2003) verbleiben 1.293 EUR; hieraus errechnet sich ein Bedarf der Klägerin von 554 EUR (3/7-Quote). In diesem Umfang ist der Beklagte jedoch nicht leistungsfähig; vielmehr können unter Berücksichtigung eines Selbstbehaltsbetrages von 840 EUR monatlich - bis zum 30.6.2005 - nur Unterhaltsansprüche i.H.v. insgesamt 680 EUR gedeckt werden (1.520 EUR - 840 EUR = 680 EUR). Die Klägerin lässt sich ausweislich ihrer eigenen Berechnungen jedoch die Unterhaltsansprüche des gemeinsamen Kindes vorgehen, da sie für sich lediglich einen Zahlungsanspruch i.H.v. verbleibenden 488 EUR monatlich (1.520 EUR netto Einkommen - 192 EUR Kindesunterhalt - 840 EUR Selbstbehalt) errechnet hat, weshalb es einer weitergehenden Mangelfallberechnung vorliegend nicht bedarf.
Für den Unterhaltszeitraum ab dem 1.10.2003 macht der Beklagte ohne Erfolg geltend, er sei aufgrund seiner Arbeitslosigkeit zur Zahlung von Ehegattenunterhalt in Höhe des geltend gemachten Betrages nicht in der Lage. Der Beklagte hat nämlich in Zusammenhang mit der Auflösung seines Arbeitsverhältnisses eine Abfindung i.H.v. 4.085 EUR netto erhalten. Diese Stimme ist, da sie Lohnersatzfunktion hat, im Rahmen einer sparsamen Wirtschafts...