Entscheidungsstichwort (Thema)
ruhestörender Lärm
Verfahrensgang
AG Mainz (Urteil vom 27.06.1972; Aktenzeichen 22 Cs 1018/72) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Mainz vom 27. Juni 1972 wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.
Gründe
Der Amtsrichter hat den Angeklagten wegen ruhestörenden Lärms nach § 360 Abs. I. Nr. 11 StGB zu einer Geldstrafe von 300,– DM verurteilt. Dabei ging er im wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:
Der Angeklagte bewohnt mit seiner Familie ein Eigenheim in einer reinen Wohngegend in B.. Da sein Anwesen nicht durch Rolläden gesichert ist, schaffte er sich eine Bernhardiner Hündin als Wachhund an. Das Bellen des Tieres störte die Bewohner des angrenzenden Grundstücks S. Vor dieser Lärmbeslästigung erfuhr der Angeklagte im Sommer 1971. Im Juli oder August 1971 warf die Hündin des Angeklagten 7 Welpen. Ein Jungtier wurde getötet; die restlichen Tiere verblieben zunächst bei der Hündin. Diese begann, nachdem sie geworfen hatte, mehr als bisher zu bellen. 6 Wochen nach dem Wurf begannen auch die Jungtiere mit dem Bellen. Als sie etwa 8 Wochen alt geworden waren, begann der Angeklagte, sie nach und nach zu verkaufen. Spätestens im Herbst 1971 wurde das Gebell zu den verschiedendsten Tages- und Nachtzeiten so stark und andauernd, dass sich dadurch u. a. nicht nur die Eheleute S. sondern auch die in deren Haus wohnenden Eheleute H. mit ihren beiden schulpflichtigen Kindern sowie die in einem weiteren Nachbarhaus wohnenden Frauen R. und D. gestört fühlten. Diese Personen, insbesondere die Kinder, wurden durch das Gebell in ihrem Nachtschlaf geweckt. Gegenüber Passanten schlugen die Hunde – insbesondere nach Einbruch der Dunkelheit – häufig an. Auf die Benutzung der Terrasse im Anwesen S. reagierten die Tiere oft mit starkem Gebell. Abgesehen von kurzen Unterbrechungen wurden seit dem 22. Oktober 1971 im Haus S. die einzelnen Störungen schriftlich festgehalten. Nach der Aufzeichnung wurde durch das Bellen der Hunde fast in jeder Woche mehrmals der Nachtschlaf unterbrochen; oft gaben die Tiere in einer Stunde 50 bis 100 Belltöne ab. Soweit in der Hauptverhandlung Bewohner aus dem Wohnhaus des Angeklagten sowie weitere Nachbarn gehört wurden, fühlten sich diese durch das Gebell der Hunde nicht gestört. Zur Überprüfung der Belästigung gelegentlich eingesetzte Polizeistreifen konnten kein ruhestörendes Gebell feststellen.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte zunächst Berufung eingelegt, jedoch innerhalb der Revisionsbegründungsfrist erklärt, sein Rechtsmittel sei als Revision aufzufassen. Der Revisionsführer rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Revision ist rechtswirksam erhoben.
Da gegen die Entscheidung des Amtsrichters gem. den §§ 334, 313 StPO nur die Revision zulässig ist, muss die ursprünglich eingelegte Berufung, da ihr Anfechtungswille klar erkennbar war, bereits als Revision behandelt werden; die falsche Bezeichnung des Rechtsmittels ist hier unbeachtlich (vgl. Löwe-Rosenberg-Gollwitzer, StPO, 22. Aufl., § 300 Anm. 2 c; Müller-Sax, StPO, 6. Aufl., § 334 Anm. 2; Kleinknecht, StPO, 30. Aufl., § 300 Anm. 1). Im übrigen konnte der Beschwerdeführer, wie hier geschehen, innerhalb der Revisionsbegründungsfrist noch wirksam von der Berufung zur Revision über gehen (vgl. BGHSt 5, 338; Löwe-Rosenberg-Jagusch, StPO, 21. Aufl., § 335 Anm. 3; Kleinknecht aaO § 335 Anm. 2 B).
Die Revision hat sachlich keinen Erfolg.
In formeller Hinsicht rügt die Revision offensichtlich die Verletzung der Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. II StPO. Sie ist der Auffassung, der Tatrichter sei verpflichtet gewesen, sich durch Augenscheinseinnahme selbst ein Bild über die Starke des Gebelles der Tiere zu verschaffen. Durch einen Sachverständigen habe weiterhin festgestellt werden müssen, ob das nächtliche Einsperren von Bernhardiner Hunden deren Neigung zum Bellen verstärkt habe. Schliesslich habe es der Tatrichter unterlassen, darüber Beweis zu erheben, ob die Lage des Wohnhauses des Angeklagten das Halten eines Hundes habe angemessen erscheinen lassen, wann es geraten erscheine, junge bernhardiner Hunde von ihrer Mutter zu trennen und in welchen Zeitabständen der Angeklagte die Welpen veräussert habe.
Die Aufklärungsrüge greift nicht durch.
Soweit bei der Verfahrensbeschwerde für einzelne Punkte lediglich die Beweisthemen angegeben wurden, die Beweismittel jedoch nicht aufgeführt sind, ist die Aufklärungsrüge unzulässig. Nach der strengen Formvorschrift des § 344 Abs. II Satz 2 StPO ist die Aufklärungsrüge nur ordnungsgemäss erhoben, wenn neben dem Beweisthema auch die Beweismittel angeführt sind (vgl. Löwe-Rosenberg-Gollwitzer, StPO, 22. Aufl., § 244 Anm. VIII 1; Kleinknecht aaO § 344 Anm. 5 A). Dagegen ist die geltend gemachte Aufklärungsrüge, soweit sie eine unterlassene Ortsbesichtigung und die Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens beanstandet, zulässig, allerdings sachlich nicht begründet. Bestimmte sichere Anzeichen dafür, dass der Amtsrichter...