Leitsatz (amtlich)
Erwirkt der Gläubiger eines Herausgabeanspruches einen gerichtlichen Herausgabetitel, mit dem dem Schuldner antragsgemäß zugleich eine Frist zur Herausgabe gesetzt und der Schuldner für den Fall, dass die Frist fruchtlos abläuft, zur Zahlung von Schadenersatz in bezifferter Höhe verurteilt wird, so erlischt mit Ablauf der gesetzten Frist der Herausgabeanspruch, wenn nicht der Gläubiger diese Wirkung an die weitere Bedingung eines gesonderten Schadenersatzverlangens geknüpft hatte. In Ermangelung einer solchen doppelten Bedingung liegt bereits in der der Titulierung zugrunde liegenden Antragstellung zugleich das - lediglich durch den Fristablauf bedingte - Schadenersatzverlangen im Sinne des § 281 Abs. 4 BGB.
Verfahrensgang
LG Trier (Urteil vom 22.03.2016; Aktenzeichen 11 O 324/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 11. Zivilkammer des LG Trier vom 22.3.2016 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Vollstreckung wegen des Herausgabeanspruches aus dem Urteil des LG Trier vom 30.7.2013 - Az. 11 O 18/12 - wird für unzulässig erklärt.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung zur Hauptsache durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 12.000,- EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Der Beklagte darf die Vollstreckung wegen der Kosten durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin wendet sich im Wege der Vollstreckungsabwehrklage gegen die Herausgabevollstreckung aus dem Urteil des LG Trier 11 O 18/12 vom 30.7.2013.
Der Beklagte nahm in dem Verfahren 11 O 18/12 LG Trier die Klägerin gemäß § 985 BGB auf Herausgabe des Chorarchivs der "... [A]sänger" in Anspruch. Entsprechend den damaligen Klageanträgen des Beklagten wurde die hiesige Klägerin sodann mit Urteil des LG Trier vom 30.7.2013 - 11 O 18/12 - zur Herausgabe des - genauer inhaltlich beschrie-
benen - Chorarchivs verurteilt; zugleich wurde ihr eine Frist zur Herausgabe von 4 Wochen ab Rechtskraft des Urteils gesetzt und die Klägerin verurteilt, für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs an den Beklagten 10.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Fristablauf zu zahlen. Dieses Urteil ist aufgrund der Zurückweisung der Berufung der Klägerin mit Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 10.7.2014 - 10 U 1053/13 -, zugestellt am 29.7.2014, rechtskräftig geworden.
Die Klägerin gab das Chorarchiv nicht innerhalb der in dem Urteil festgesetzten Frist an den Beklagten heraus.
Am 17.10.2014 zahlte die Klägerin an den Beklagten 10.000,00 EUR, die dieser in zwei Teilbeträgen von 7.205,64 EUR am 31.10.2014 und von 2.794,36 EUR am 22.12.2014 an die Klägerin zurückerstattete.
Die Klägerin erhielt am 6.11.2015 durch den Obergerichtsvollzieher ... [B] Kenntnis von einem gegen sie gerichteten Auftrag zur Herausgabevollstreckung.
Gegen diese drohende Vollstreckung wendet sie sich nunmehr mit der Vollstreckungsabwehrklage.
Die Klägerin hat vorgetragen, nach fruchtlosem Ablauf der ihr in dem Urteil des LG Trier vom 30.7.2013 gesetzten Herausgabefrist sei aufgrund des Eintritts der Bedingung für den gleichzeitig titulierten Schadensersatzanspruch des Beklagten dessen Herausgabeanspruch erloschen. Da sie den titulierten Schadensersatzbetrag bereits bezahlt habe, sei die Schadensersatzforderung erfüllt und die Vollstreckung aus dem Urteil des LG Trier vom 30.7.2013 unzulässig.
Die Klägerin hat beantragt, die (Herausgabe-)Vollstreckung aus dem Urteil des LG Trier vom 30.7.2013, Az. 11 O 18/12, für unzulässig zu erklären.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, es sei nicht Sinn und Zweck der Schadensersatzregelung in dem landgerichtlichen Urteil, der Klägerin als Herausgabeschuldnerin eine Kaufoption für das Archiv zur Verfügung zu stellen. Die Verurteilung zur Herausgabe und zum Schadensersatz stünden ihrem Zweck nach kumulativ und alternativ zueinander, weshalb der Herausgabeanspruch durch den fruchtlosen Ablauf der gesetzten Herausgabefrist nicht untergegangen sei. Der Beklagte begehre auch weiterhin die Herausgabe des Archivs. Jedenfalls durch die erfolgte Rückzahlung der 10.000,00 EUR an die Klägerin sei diese auch nicht mit ihrer Zahlung von der Herausgabepflicht befreit worden.
Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Klägerin stehe keine Einwendung nach § 767 Abs. 1 ZPO zu. Denn der Herausgabeanspruch des Beklagten habe sich nicht automatisch mit dem fruchtlosen Fristablauf in einen Schadensersatzanspruch umgewandelt; vielmehr erfolge eine solche Umwandlung nur beim Übergang von der Herausgabe auf die Zahlung von Schadensersatz statt der ...