Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorvertragliche Aufklärungspflicht bei Einbau von Korrosionsschutz in einen Heizöltank

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bestehen verschiedene Optionen mit unterschiedlichen Erfolgschancen, muss ein Fachunternehmen den Auftraggeber bei den vorvertraglichen Verhandlungen darauf hinweisen und darf typische Risiken einer bestimmten Lösung nicht verschweigen (hier: Anodenschutzanlage in Heizöltank zur Eindämmung von Korrosion).

2. Zu Gunsten des Auftraggebers wird vermutet, dass er sich beratungsgemäß verhalten hätte.

 

Normenkette

BGB §§ 241, 280, 311 Abs. 2 Nr. 1, § 651

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 28.07.2010; Aktenzeichen 8 O 257/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Koblenz vom 28.7.2010 in Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels dahin geändert, dass die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt wird, an den Kläger 1.026,02 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.9.2009 zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 87/100 und die Beklagte 13/100.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger heizt mit Öl. Als Lagerbehälter dient ein aus dem Jahr 1970 stammender Stahltank. Um dessen Korrosion entgegenzuwirken, konsultierte der Kläger 2004 die Beklagte und ließ daraufhin von ihr eine Anodenschutzanlage installieren. Dafür zahlte er 1.026,02 EUR.

Gleichwohl schritt die Korrosion fort, und Ende 2005 traten Brennerstörungen auf. Die Beklagte schlug den Ausbau der Anodenschutzanlage und eine Innenbeschichtung des Tanks vor. Dazu kam es jedoch nicht, weil der Kläger nur einen geringen Teil der Kosten tragen wollte. Er sah die Beklagte in der Haftung und leitete ein selbständiges Beweisverfahren ein.

Um die Begutachtung des Tanks zu ermöglichen, ließ er ihn leeren und die Rückstände entsorgen. Dafür wandte er 649,60 EUR auf. Weitere Entsorgungskosten von 123,69 EUR sind streitig. Nach dem Vorbringen des Klägers kam bei der Entleerung die Ölbrennerpumpe im Wert von 72 EUR zu Schaden und die Ölfilter mussten für 33 EUR erneuert werden. Da sich das Beweisverfahren hinzog, benutzte der Kläger den Tank mehrjährig nicht. Er hat behauptet, sich mit Ölfässern beholfen zu haben. Deren Befüllung und Transport seien in Eigenarbeit erfolgt und mit 3.567 EUR zu bewerten. Um den Tank nunmehr wieder einsatzbereit zu machen, müssten - zur Einschweißung eines bei der Begutachtung entfernten Teils, zur Reinigung und zur Beschichtung - 2.011,10 EUR aufgebracht werden. Mit Blick auf die vorgenannten Posten (1.026,02 EUR + 649,60 EUR + 123,69 EUR + 72 EUR + 33 EUR + 3.567 EUR + 2.011,10 EUR) hat der Kläger die Beklagte auf eine Ersatzleistung von 7.842,41 EUR sowie auf die Freistellung von nach einem entsprechenden Gegenstandswert bemessenen vorgerichtlichen Anwaltskosten von 661,16 EUR verklagt. Er hat den Vorwurf erhoben, dass die von ihr gelieferte Anlage untauglich gewesen sei und der Einbau zu Schäden geführt habe. Der Beklagten sei anzulasten, ihn nicht auf die Schwächen hingewiesen und keine Alternativen angeboten zu haben.

Das LG hat das Verlangen nach der Befragung des im selbständigen Beweisverfahrens tätigen Sachverständigen abgewiesen. Seiner Meinung nach ist eine Schadensträchtigkeit der Anodenschutzanlage konkret nicht zu ersehen. Die Beklagte habe auch ihre Beratungs- und Hinweispflichten nicht verletzt. Dass der Anlage gewisse Risiken angehaftet hätten, sei nicht ohne weiteres aufklärungsbedürftig gewesen.

Das greift der Kläger in Erneuerung seines Begehrens mit der Berufung an, wobei er gleichrangig die Zurückverweisung des Rechtsstreits in die erste Instanz beantragt. Er hält daran fest, dass ihn die Beklagte unzulänglich informiert habe. Dem tritt diese entgegen.

II. Das Rechtsmittel führt zu einem teilweisen Zuspruch der Klage, der sich allerdings auf einen verhältnismäßig geringen Rahmen beschränkt. Im Übrigen hat die Entscheidung des LG Bestand.

Die Zurückverweisung des Rechtsstreits scheidet aus. Ein Fall des § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO liegt nicht vor, weil der erstinstanzliche Prozess keine Mängel aufweist. Die vom Kläger vermisste Sachaufklärung zur Höhe der erhobenen Ansprüche war nicht veranlasst, weil das LG ein Haftung der Beklagten schon dem Grunde nach verneint hat und deshalb von seinem Rechtsstandpunkt aus korrekt verfahren ist. Ob dieser Standpunkt richtig oder verfehlt war, ist ohne Belang (Heßler in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 538 Rz. 10). Auch für § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO ist kein Raum. Denn der Streit, den die Parteien über die Höhe der Forderungsberechtigung des Klägers führen, kann ohne weitere Beweisaufnahme entschieden werden.

Entgegen der Auffassung des LG lässt sich eine Haftung der Beklagten nicht durchweg ablehnen. Allerdings gibt es keinen gesicherten Anhalt dafür, dass die von ihr installierte Anlage Schäden im Tank des Klägers hervorgerufen hätte. Aber deren Eignung für dessen Belange war von vornherein mit Zweifeln beh...

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