Leitsatz (amtlich)

1. Eine zur Geldentschädigung verpflichtende schwerwiegende Verletzung des Rechts am eigenen Bild ist nicht nur auf Fälle des Vorsatzes beschränkt, sie kann auch bei einer groben Fahrlässigkeit des Verletzers vorliegen (Anschluß BGH NJW 1996, 985).

2. Wird aufgrund einer grobfahrlässigen Fotoverwechslung das Bild eines unbeteiligten und unbescholtenen katholischen Pfarrers in einem Zeitschriftenartikel über sexuelle Verfehlungen katholischer Priester gegenüber Minderjährigen bundesweit mit einer Auflage von über 1,5 Millionen Exemplaren veröffentlicht, löst diese Verletzung des Persönlichkeitsrechts einen Anspruch des Betroffenen aus.

3. Die für die Bemessung der Geldentschädigung im Vordergrund stehenden Gesichtspunkte der Genugtuung des Opfers und der Prävention führen in einem solchen Fall zu einer Geldentschädigung von 20000 DM [10000 EUR].

 

Verfahrensgang

LG Trier (Urteil vom 26.10.1995; Aktenzeichen 6 O 57/95)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 26. Oktober 1995 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 20.000,00 DM zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben die Beklagten als Gesamtschuldner 4/7 und der Kläger 3/7, von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten als Gesamtschuldner 2/3 und der Kläger 1/3 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung der Beklagten hat nur insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Höhe der vom Landgericht zuerkannten Geldentschädigung wenden, denn dem Kläger kann ein Zahlungsanspruch lediglich in Höhe von 20.000,00 DM zuerkannt werden. Im übrigen ist das Rechtsmittel dagegen unbegründet.

Das angefochtene Urteil ist daher in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang teilweise abzuändern.

I.

Das Landgericht hat mit Recht angenommen, daß die Beklagten durch die unberechtigte Veröffentlichung eines etwa 10 X 23 cm großen Fotos des Klägers in der Zeitschrift ... ... vom 30. Oktober 1994 in dem zweitseitigen Artikel "Das Schweigen der Hirten" (S. 32 bis 33 der 108 Seiten umfangreichen Ausgabe dieser Zeitschrift) dessen Recht am eigenen Bild und damit das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers infolge eines groben Verschuldens schwerwiegend verletzt haben (§§ 823 Abs. 1, 840 BGB; Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG; § 22 KUG), und daß diese schwerwiegende Rechtsverletzung zum Nachteil des Klägers nicht in anderer Weise als durch eine Geldentschädigung ausgeglichen werden kann.

Die dagegen gerichteten Berufungsangriffe bleiben ohne Erfolg.

Das Landgericht ist bei der Annahme einer schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzung, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgegangen; dabei hat es die für die rechtliche Bewertung maßgebenden. Tatsachen richtig und vollständig gewürdigt. Der Senat nimmt daher zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die in jeder Hinsicht zutreffenden Erwägungen zum Grund des Anspruchs in dem angefochtenen Urteil (S. 7 bis 13). Soweit durch die Berufung und durch die nach Verkündung des angefochtenen Urteils veröffentlichte weitere höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. u.a. BGH, NJW 1996, 985 f.) veranlaßt, ist noch ergänzend auszuführen:

a) Das hier betroffene Recht am eigenen Bild ist eine unter Sonderschutz (§ 22 KUG) gestellte besondere Erscheinungsform des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Aus dem Wesen dieses Rechts folgt, daß die Verfügung über das eigene Bild nur dem Abgebildeten als Rechtsträger selbst zusteht; nur er selbst soll darüber befinden dürfen, ob, wann und wie er sich gegenüber Dritten oder der Öffentlichkeit im Bild darstellen will (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BGH NJW 1996, 985/986 mit Nachweisen).

Die ohne Einwilligung des Klägers erfolgte Veröffentlichung seines Fotos in dem Zeitungsartikel vom 30. Oktober 1994 ist weder durch § 23 KUG gerechtfertigt - der als katholischer Priester tätige Kläger ist keine Person der Zeitgeschichte - noch durch das Grundrecht der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG). Nicht entscheidend ist, ob die Beklagten - entsprechend ihrer Absicht und entsprechend des Inhalts des Zeitungsartikels - ein Foto des Pfarrers ... hätten veröffentlichen dürfen. Aus einer möglicherweise berechtigten Veröffentlichung eines Bildes des Pfarrers ..., dem ebenso wie den auf drei kleineren Fotos abgebildeten übrigen Priestern, sexuelle Verfehlungen gegenüber Minderjährigen zur Last gelegt worden sind, folgt kein Recht, das Bild des Klägers als einer völlig unbeteiligten und unbescholtenen Person in diesem textlichen Zusammenhang zu veröffentlichen.

b) Zwar löst nicht jede Verletzung des Persönlichkeitsrechtes - und damit auch nicht jede Verletzung des Rechts am eigenen Bild - einen Anspruch des Betroffenen auf Geldentschädigung gegen den Verletzer aus. Ein solcher Anspruch kommt vielmehr nur dann...

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