Nachgehend

OLG Koblenz (Urteil vom 20.12.1996; Aktenzeichen 10 U 1667/95)

 

Tenor

  • 1.

    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt an den Kläger 30.000,00 DM zu zahlen.

    Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

  • 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000,00 DM. Die Sicherheit kann durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.

 

Tatbestand

Der Kläger ist katholischer Pfarrer. Er war in den Jahren 1980/81 Diakon in der Pfarrei St. ... in Trier und anschließend Kaplan in ... Ab 1985 war er als Pfarrer in verschiedenen Gemeinden im Dekanat ... und ab 1992 als Dechant dieses Dekanats tätig. Im Juni 1993 wurde er nach ... versetzt und ist seither dort als Pfarrer der Gemeinden ... tätig.

Am 30.10.94 veröffentlichte die von der Beklagten zu 2) verlegte Zeitschrift ... einen zweiseitigen Artikel "Das Schweigen der Hirten", in welchem über Fälle sexuellen Mißbrauchs Minderjähriger durch Priester berichtet wurde. Diesen Bericht hatte der Beklagte zu 1) mitrecherchiert und mitverfaßt. Der Artikel _wird eingeleitet durch ein etwa 3/4 der Doppelseite bedeckendes Bild der Pfarrkirche der Gemeinde .... In dieses Bild hineingesetzt sind drei kleinere Bilder (in den Größen 4,5 * 6,6 * 7,5 und 7 * 12 cm) von Priestern, denen sexuelle Verfehlungen gegenüber Minderjährigen zur Last gelegt werden. Am linken Bildrand ist ein etwa 10 * 23 cm großes Bild des Klägers einmontiert, welches diesen im liturgischen Gewand bei der Vornahme einer sakralen Handlung zeigt. Das Bild des Klägers ist wie folgt unterschrieben:

"In Therapie Pfarrer ... von der ... Nikolauskirche (gr. Foto) unterzieht sich derzeit in Bad Reichenhall einer Therapie. Nachdem die Mutter eines mißbrauchten Mädchens den Pfarrer angezeigt hatte, räumte der Geistliche sechs weitere Vergehen ein."

Dieses Foto des Klägers stammt aus der "... Zeitung" vom 28.01.1992 und zeigt ursprünglich den Kläger zusammen mit dem in der Unterschrift bezeichneten Pfarrer ... (vgl. die Kopie Bl. 31 d.A.). In der Sphäre der Beklagten kam es zu einer Personenverwechselung, so daß statt des in der Unterschrift beschuldigten Stefan M. der Kläger in der "Bild am Sonntag" abgebildet wurde, obwohl er mit den dort genannten Vorgängen nichts zu tun hat.

Nach der Veröffentlichung des Fotos wandte sich der Kläger über seinen Prozeßbevollmächtigten an die Beklagte zu 2) und forderte die Veröffentlichung einer richtigstellenden Erklärung. Dieser Forderung kam die Beklagte zu 2) in der Ausgabe ihrer Zeitschrift vom 13.11.1994 nach, indem sie einen mit dem Kläger abgestimmten Text unter der Überschrift "Foto verwechselt" veröffentlichte. Diese Richtigstellung in einer Größe von 6 * 5 cm ist zwischen dem Artikel "Mehr Herzinfarkte bei Angsthasen" und der Rubrik "Die kuriosesten Meldungen der Woche" auf einer Seite plaziert, die zu 3/4 von gewerblichen Anzeigen eingenommen wird.

Zur Begründung seiner auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes gerichteten Klage trägt der Kläger vor:

Durch die Veröffentlichung seines Fotos in Zusammenhang mit dem Vorwurf des sexuellen Mißbrauchs Minderjähriger sei er in seinem Selbstverständnis als katholischer Geistlicher schwer getroffen. Hinzukomme, daß in dem Artikel behauptet werde, daß die angeprangerten Vorfälle "unter den Teppich gekehrt" würden und daher seine Versetzung von ... nach ... mit den angesprochenen Verfehlungen in Zusammenhang gebracht werden könnten. Der Fall des Pfarrers ... sei in besonderem Umfang journalistisch begleitet worden und werde dies bis in die jüngste Zeit. Jeder, der den Artikel gelesen habe und ihn, den Kläger, nicht genau kenne, sei in der Lage, ihn aufgrund der Veröffentlichung seines Bildes als den vermeintlichen Täter zu identifizieren. Er habe deshalb seinerzeit oft nicht die Kraft zu Unternehmungen in der Öffentlichkeit gehabt und sei zeitweise außerstande gewesen, Kindern weiterhin Religionsunterricht zu erteilen.

Die Persönlichkeitsbeeinträchtigung sei nicht durch die Veröffentlichung des Artikels "Foto verwechselt" in irgendeiner Weise gemindert, da durch die geringe Größe des Artikels und seine gewählte Plazierung bei weitem nicht der Effekt der ersten Veröffentlichung erzielt worden sei.

Der Beklagte zu 1) hafte als Autor des Artikels, da ihm entweder die Verwechslung selbst unterlaufen sei, oder er die durch die Fotoredaktion nicht von vornherein verhindert bzw. nachträglich festgestellt und berichtigt habe. Die Haftung der Beklagten zu 2) ergebe sich daraus, daß sie ihren Betrieb nicht in einer derartigen Weise organisiert habe, daß eine solche Verwechselung unterbleibe oder zumindest infolge späterer Kontrolle bemerkt und berichtigt werde. Das durch beide Beklagte angerichtete Unheil sei durch ein Schmerzensgeld auszugleichen, das sich nicht unterhalb eines Betrages von 35.000,00 DM bewegen dürfe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurte...

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