Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilungsabkommen zwischen gesetzlicher Krankenversicherung und Haftpflichtversicherung: Vereinbarung eines Verzichts auf die Prüfung der Haftungsfrage
Normenkette
SGB 10 § 116
Verfahrensgang
LG Trier (Urteil vom 19.08.2016; Aktenzeichen 5 O 98/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19.08.2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Trier teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 24.578,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen, aus 5.420,60 EUR seit dem 9.02.2011 und aus 19.158,23 EUR seit dem 3.04.2015, abzüglich am 8.04.2015 gezahlter 2.592,00 EUR.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin außergerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.04.2015 zu zahlen.
Im Übrigen - hinsichtlich des weitergehend geltend gemachten Zinsanspruchs - wird die Klage abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin wird insoweit zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1. an sie 24.578,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9.02.2011 aus 5.420,60 EUR sowie aus 19.158,23 EUR seit dem 3.04.2015 zu zahlen, abzüglich am 8.04.2015 gezahlter 2.592,00 EUR,
2. ihr außergerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3.04.2015 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Landgericht die Klage abgewiesen.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiter.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
II. Die Berufung der Klägerin hat überwiegend Erfolg.
Die Klägerin hat auf der Grundlage des mit der Beklagten bilateral geschlossenen Rahmen-Teilungsabkommens vom 24./29.11.2002 Anspruch auf die mit der Klage geltend gemachte anteilige Erstattung von an ihren Versicherungsnehmer geleisteten "Krankengeldzahlungen".
Die Beklagte ist verpflichtet, sich auf der Basis des Teilungsabkommens an den diesbezüglichen Aufwendungen der Klägerin für ihr Mitglied zu beteiligen. Insoweit kommt der Senat - anders als das Landgericht - zu dem Ergebnis, dass die klagegegenständlichen Forderungen, ausgehend von dem Wortlaut der Bestimmungen des Teilungsabkommens und unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage der Vertragsparteien, von dem Sinngehalt dieser Regelung umfasst sind.
Die Tatsache, dass die zu den streitgegenständlichen Aufwendungen der Klägerin Anlass gebende ischialgieforme Beschwerdesymptomatik ihres Versicherungsnehmers nach den gutachterlichen Feststellungen des medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. ...[A] in dem beigezogenen Verfahren 4 O 260/11 - LG Trier und nach den Behauptungen der Beklagten nicht ursächlich auf das Unfallgeschehen vom 18.07.2010 zurückzuführen ist, steht der vorstehenden rechtlichen Bewertung nicht entgegen. Die Beklagte ist gemäß § 1 a (1) des zwischen den Parteien geschlossenen Teilungsabkommens mit ihrem Einwand, die zu den versicherungsvertraglich geleisteten Aufwendungen anlassgebenden körperlichen Beeinträchtigungen des Versicherungsnehmers beruhten
nicht auf dem Unfallereignis, ausgeschlossen. Nach § 1 a (1) des Teilungsabkommens erfolgt eine Erstattung "ohne Prüfung der Haftungsfrage".
Der Senat sieht ebenso wie das Landgericht keinen Grund, den in § 1 a (1) des Teilungsabkommens vereinbarten Verzicht auf die Prüfung der Haftungsfrage auf die haftungsbegründende Kausalität zu beschränken. Die Formulierung "ohne Prüfung der Haftungsfrage" ist umfassend und bezieht sich daher sowohl auf die haftungsbegründende als auch auf die haftungsausfüllende Kausalität.
Nach § 1 a (3) des Teilungsabkommens ist Voraussetzung für die abkommensgemäße Beteiligung der Beklagten das Bestehen eines adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen dem Gebrauch des Kraftfahrzeugs und dem Eintritt des Schadensfalles. Der Begriff des "Schadensfalles" bezieht sich ausschließlich auf das Schadensereignis als solches und ist nicht gleichzusetzen mit den unfallbedingt hervorgerufenen Folgen und Auswirkungen, die das Unfallgeschehen nach sich zieht, so dass...