Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 01.12.1998; Aktenzeichen 1 O 410/97)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer – Einzelrichter – des Landgerichts Koblenz vom 1. Dezember 1998 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine Stromversorgerin, verlangt von der Beklagten, einer Tiefbauunternehmerin, Schadensersatz wegen der Beschädigung eines Starkstromkabels (10 KV). Das im Erdreich vergrabene Kabel verlief in der Gemarkung H. außerhalb der geschlossenen Bebauung von der Trafo-Station „Hirtenwiese” über gut 1.100 m zur Trafo-Station des Stahlbauunternehmens ABA. Das Kabel verlief u. a. entlang eines alten H. weges und bog dann im Bereich des Geländes einer ehemaligen Mülldeponie ab, wobei streitig ist, ob es dort quer unter der Deponie verlief oder seitlich entlang der Deponie weiter durch den H. wald zu dem dahinter gelegenen Gelände der Firma A.

Die Beklagte führte zur Rekultivierung der ehemaligen Mülldeponie auf diesem Gelände u. a. am 27. Februar 1997 unter Einsatz einer Laderaupe Erdarbeiten durch, wobei das Starkstromkabel erfasst und zerrissen wurde.

Die Klägerin, die für die Behebung des Schadens und für Wertminderung einen Betrag von insgesamt 20.198,29 DM nebst Zinsen geltend macht, legt der Beklagten zur Last, diese habe es schuldhaft unterlassen, vor Aufnahme der Arbeiten eine Kabelauskunft einzuholen. Die Kabelverlegung sei zudem durch Kabelmerksteine gekennzeichnet gewesen.

Die Beklagten machen geltend, eine Kabelauskunft sei nicht eingeholt worden, da man davon habe ausgehen können, dass mitten in der ehemaligen Mülldeponie abseits von allen Wegen kein Kabel verlaufe. Ein solcher Verlauf sei auch nicht durch Kabelmerksteine gekennzeichnet gewesen.

Das Landgericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 4./6. August 1998 (Bl. 71 – 72 und 75 – 76 d.A.) gemäß Sitzungsniederschrift vom 3. November 1998 (Bl. 85 – 93 d.A.) Zeugenbeweis erhoben und die Klage sodann durch Urteil vom 1. Dezember 1998 abgewiesen (Bl. 97 – 103 d.A.).

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie ihr Klagebegehren weiterverfolgt.

Im Übrigen wird wegen des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

1. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der schuldhaften Verletzung einer der Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht bei Durchführung der Erdarbeiten verneint.

Ein solcher Anspruch lässt sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 51 Abs. 2 der LBauO 1995 von Rheinland-Pfalz herleiten. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die in der Baugenehmigung (S. 3 Abs. 1) enthaltene Auflage, u. a. Versorgungsanlagen zu schützen und sich vor Baubeginn bei den Versorgungsträgern nach deren Lage zu erkundigen, auch von der Beklagten grundsätzlich mitzubeachten war, so ergibt sich daraus unter den konkreten Umständen des hier zu entscheidenden Falles keine Kabelerkundigungspflicht. Bei diesem Text handelt es sich um die üblichen Formulierungen in Baugenehmigungen bezüglich der bei der Einrichtung von Baustellen zu beachtenden Schutzpflichten, wobei als deren Voraussetzung aus § 51 LBauO zugleich die Pflicht abgeleitet wird, das Vorhandensein von Versorgungsleitungen abzuklären (Jeromin/Schmidt/Lang, Kommentar zur Landesbauordnung Rheinland-Pfalz, § 51 Rdnr. 12). Der Natur der Sache nach kann dies aber nur insoweit gelten, als „zu schützende Versorgungsanlagen” auch wirklich in Betracht kommen, wie dies typischerweise bei einer Baustelle der Fall ist, die in aller Regel innerhalb eines erschlossenen Gebietes eingerichtet werden wird, in dem in der Tat mit vielfältigen Versorgungsleitungen zu rechnen ist. Weitergehende noch über die von der Rechtsprechung in derartigen Fällen zur Verkehrssicherheitspflicht entwickelten Grundsätze hinausgreifende Erkundigungspflichten können der genannten Vorschrift nicht entnommen werden, insbesondere also nicht die Pflicht zur Erkundigung nach Versorgungsleitungen in Bereichen, in denen vernünftigerweise niemand mit solchen zu rechnen braucht. Die Erkundigungs- und Sicherungspflicht des Tiefbauunternehmers ist von der Rechtsprechung für Fälle entwickelt worden, in denen dieser Unternehmer Bauarbeiten an öffentlichen Straßen einer Stadt und im Bereich von Wohnsiedlungen ausführt, bei denen er sich der unverhältnismäßig großen Gefahren bewusst sein muss, die durch eine Beschädigung von Strom-, Gas-, Wasser- oder Telefonleitungen hervorgerufen werden können (vgl. z. B. BGH NJW 1971, 1313, 1314; BGH VersR 1983, 152 f. und 1985, 1147 f.). Maßgebend für die Annahme einer solchen Erkundigungspflicht ist, ob nach den örtlichen Gegebenheiten Anhaltspunkte für die Existenz unterirdischer Versorgungsleitungen bestehen (vgl. BGH VersR 1985, 1147 Sp. 2; BGH NJW 1996...

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