Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 26.06.2002; Aktenzeichen 4 O 44/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 26. Juni 2002 verkündete Urteil der Einzelrichterin des Landgerichts Mainz abgeändert und die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger wendet sich mit einer Vollstreckungsabwehrklage gegen die Vollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid, den die Beklagte gegen ihn und den Mitgesellschafter S… H… erwirkt hatte.
Die in Höhe von 35.262,78 DM titulierte Forderung beruhte auf Warenlieferungen, die die Beklagte erbracht hatte.
Nach Ratenzahlungen, die sich aus dem vorgelegten Forderungskonto ergeben, bestand noch ein Anspruch in Höhe von 18.665,71 DM (einschließlich Zinsen und Kosten). Mit Schreiben vom 17. Juni 2001 stellte der Kläger für sich und seinen Mitgesellschafter H… die finanzielle Situation dar und teilte am Ende des Schreibens Folgendes mit:
„Aus diesem und den oben genannten Gründen habe ich mich entschlossen alle mir derzeit zur Verfügung stehenden freien Gelder zusammenzunehmen und Ihnen dieses Angebot zu unterbreiten.
Wir bieten Ihnen daher hiermit einen Vergleich in Höhe von DM 3.500,– als Einmalzahlung an. Mit dieser Zahlung wären dann alle Verbindlichkeiten abgegolten.
Zu diesem Zweck legen wir Ihnen einen Scheck in Höhe der DM 3.500,– bei.”
Die Beklagte löste den Scheck ein und erklärte dem Kläger gegenüber mit Schreiben vom 22. Juni 2001, sie sei mit dem Vergleichsvorschlag nicht einverstanden, habe die Teilzahlung auf die Forderung verrechnet und erwarte eine weitere Zahlung in Höhe von mindestens 2.000 DM bis spätestens zum 31. Juli 2001.
Das Landgericht ist der Auffassung des Klägers gefolgt, durch die Einlösung des Schecks sei die Restschuld erlassen worden, und hat die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid für unzulässig erklärt.
Dagegen richtet sich die zulässige Berufung der Beklagten, die in der Sache Erfolg hat.
Entscheidungsgründe
II.
Die von dem Kläger erhobene Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) ist nicht begründet, denn die Beklagte hat dem Kläger (und dem Mitgesellschafter H…) die noch bestehende Restforderung nicht erlassen.
Es fehlt an dem Abschluss eines Erlassvertrages (§ 397 Abs. 1 BGB).
1. Durch den Erlass verzichtet der Gläubiger auf einen schuldrechtlichen Anspruch. Um diese Wirkung herbeizuführen, bedarf es eines Vertrages zwischen Gläubiger und Schuldner. Einen einseitigen Verzicht sieht das Gesetz nicht vor (vgl. BGH NJW 1987, 3203).
Bei Erklärungen, die als Verzicht, Erlass oder in ähnlicher Weise rechtsvernichtend gewertet werden sollen, muss das Gebot einer interessengerechten Auslegung beachtet werden; den der Erklärung zugrunde liegenden Umständen kommt eine besondere Bedeutung zu. Wenn feststeht oder davon auszugehen ist, dass eine Forderung besteht, verbietet dieser Umstand im Allgemeinen die Annahme, der Gläubiger habe sein Recht einfach wieder aufgegeben (BGH MDR 2002, 749 m.w.N.).
Das Angebot zum Erlass muss nicht vom Gläubiger ausgehen (vgl. Staudinger-Rieble, BGB, 13. Bearb., § 397 Rn. 115). Es bedarf der Annahme durch den anderen Teil. Geht das Erlassangebot vom Gläubiger aus, ist der Zugang der Annahmeerklärung gemäß § 151 BGB in der Regel entbehrlich (vgl. Münchener Kommentar-Schlüter, BGB, 4. Aufl., § 397 Rn. 3 m.w.N.).
Geht das Angebot – wie hier – vom Schuldner aus, entspricht es nicht der Verkehrssitte, dass die Annahme nicht dem Antragenden gegenüber zu erklären wäre (§ 151 S. 1 1. Alternative BGB). Eine solche Verkehrssitte wird regelmäßig nur bei den für den Antragsempfänger vorteilhaften Rechtsgeschäften angenommen (BGH NJW 2000, 276/277 m.w.N.). Das ist bei einem Forderungsverzicht des Gläubigers gerade nicht der Fall, so dass es hier darauf ankommt, ob durch einen Verzicht des Klägers auf den Zugang der Annahmeerklärung (§ 151 S. 1 2. Alternative BGB) und eine Willensbetätigung der Beklagten, aus der sich der Annahmewille unzweideutig erschließen lässt (vgl. BGH a.a.O. S. 277 unter 2b), ein Erlassvertrag zustande gekommen ist.
2. Nach der auf die Entscheidung vom 18. Dezember 1985 (NJW-RR 1986, 415) zurückgehenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 1990, 1655; NJW 2001, 2324 und 2325; weitere Rechtsprechungsnachweise bei Kleinschmidt NJW 2002, 346 ff) ist in der widerspruchslos erfolgten Einlösung des Schecks regelmäßig die Annahme des Vertragsantrages zu sehen, wenn die den Abschluss eines Abfindungsvertrages anbietende Partei zum Zwecke der Vertragserfüllung einen Scheck mit der Bestimmung übergeben hat, dass er nur bei Annahme des Vertragsangebotes eingelöst werden darf und sie zugleich auf eine Annahmeerklärung der Gegenseite verzichtet hat (vgl. Leitsatz BGH NJW-RR 1986, 415).
In welchen Handlungen eine ausreichende Betätigung des Annahmewillens zu finden ist, beurteilt sich vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven Dritten. Hierbei kommt es darauf an, ob aufgrund aller äußer...