Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung einer Schenkung des Erblassers auf den Pflichtteilsanspruch
Normenkette
BGB § 2315
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 12.08.2004; Aktenzeichen 12 O 52/03) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des LG Koblenz vom 12.8.2004 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 25.564,59 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.3.2003 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, jedoch bleibt der Beklagten nachgelassen, die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien sind Geschwister. Sie streiten um einen restlichen Pflichtteilsanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus dem Nachlass ihres am 26.5.2002 verstorbenen Vaters Adolf W.
Der Erblasser hatte als Gegenleistung für geleistete Pflegedienste die Beklagte durch notariell beurkundetes Testament vom 14.7.2000 zur Alleinerbin eingesetzt und die beiden Brüder der Beklagten zu Ersatzerben bestimmt sowie hinzugefügt:
"Meine Tochter K.W. hat auf den Erbanspruch ihrer Brüder N. und A.W. an jeden von ihnen einen Betrag i.H.v. 50.000 DM, in Worten: fünfzigtausend Deutsche Mark, herauszuzahlen. Hinsichtlich meines Sohnes N. ist dieser Herauszahlungsanspruch bereits abgegolten durch eine Zahlung i.H.v. 50.000 DM für den Erwerb einer Eigentumswohnung."
Hintergrund der letztgenannten Bemerkung war der Erwerb einer Eigentumswohnung durch den Kläger im Jahre 1991 zum Preis von 102.000 DM.
Rechnerisch steht denn Kläger unstreitig ein Pflichtteilsanspruch von (mindestens) 46.997,95 EUR zu, weil der Nachlass sich auf Aktiva im Wert von 291.040,30 EUR beläuft, denen Passiva im Wert von 9.052,63 EUR gegenüberstehen. Zu den Aktiva gehörten nach einer Aufstellung der Beklagten vom 29.11.2002 neben einem Hausgrundstück im Wert von 180.000 EUR insb. Bankguthaben i.H.v. insgesamt 94.393,80 EUR, davon allein 82.320 EUR auf einem "CashKonto", Demgegenüber hatte der Erblasser bei der Testamentserrichtung am 14.7.2000 noch angegeben, der Nachlass bestehe im Wesentlichen aus dem Hausgrundstück. Den Wert seines damaligen "reinen Vermögens" hatte er mit 200.000 DM beziffert.
Auf den Pflichtteilsanspruch des Klägers hat die Beklagte 21.433,36 EUR gezahlt, aber die Zahlung weiterer 25.564,59 EUR (50.000 DM) mit Hinweis auf die Testamentsbestimmung über die Anrechnung einer Geldzuwendung in dieser Höhe verweigert.
Der Kläger hat vorgetragen, er habe die genannten 50.000 DM tatsächlich nie von dem Erblasser erhalten. Den Kauf der Eigentumswohnung nebst Kosten habe er im Jahre 1991 mit zwei Bankdarlehen über insgesamt 113.000 DM finanziert, wofür er zudem die am 22.1.1992 fällige Forderung aus einem Sparkassenbrief über 28.000 DM und eine Bausparforderung über 6.188,47 DM sicherheitshalber abgetreten habe. Die Kreditaufnahme und die Forderungsabtretung wären im Falle einer Zuwendung von 50.000 DM durch den Erblasser zur Mitfinanzierung des Wohnungskaufes nicht in diesem Umfang erforderlich gewesen. Auch mit Blick auf vorhandenes Eigenkapital und das Einkommen der Ehegatten (zu versteuerndes Einkommen im Jahr 1991 von 68.598 DM) sei eine Zuwendung von 50.000 DM durch den Erblasser nicht zur Ermöglichung des Wohnungskaufs notwendig gewesen. Eine Anrechnungsbestimmung, wie sie im notariell beurkundeten Testament vom 14.7.2000 enthalten sei, könne im Übrigen von Rechts wegen nach § 2315 BGB nicht wirksam getroffen werden.
Die Beklagte hat Klageabweisung mit dem Vortrag beantragt, die im Testament genannten 50.000 DM seien tatsächlich vom Erblasser an den Kläger gezahlt worden. Die Testamentsbestimmung enthalte eine wirksame Anrechnungsbestimmung hierzu.
Das LG hat die Klage nach Vernehmung der Zeugen M.L. (Bl. 49 f. GA) und Dr. U.K. abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Beklagte habe nachgewiesen, dass der Kläger den genannten Betrag erhalten habe. Das folge im Wesentlichen aus dem Testamentstext, aber indiziell auch daraus, dass der Beklagte ein gutes Verhältnis zum Vater behauptet habe. Bei dieser Sachlage sei auszuschließen, dass der Erblasser den Kläger durch falsche Angaben im Testament um seinen Pflichtteil habe bringen wollen. Auch sei davon auszugehen, dass 50.000 DM tatsächlich an den Kläger gezahlt worden seien. Das folge ebenfalls aus dem Testamentstext, der insoweit durch die Zeugenaussage des Urkundsnotars Dr. U.K. bestätigt worden sei. Diesem Zeugen ggü. habe der Erblasser erklärt, er habe die Zahlung bereits zur Mitfinanzierung des Wohnungskaufs gezahlt. Aus dem Testament ergebe sich eine Anrechnungsbestimmung, die auf die Zahlung der 50.000 DM anzuwenden sei. Bei Zuwendung von größeren Summen ...