Verfahrensgang

LG Trier (Aktenzeichen 4 O 73/18)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 29.07.2019 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.

Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht und mit zutreffender Begründung in erkanntem Umfang verurteilt.

Was den Nachlass nach der Mutter der Klägerin (und der Frau ...[A]) angeht, hat die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz in Abrede gestellt, dass zu diesem Nachlass auch vier Goldmünzen in einem Gesamtwert von 1.565,00 EUR gehört haben. Da diese Tatsache erstinstanzlich nicht in Streit stand, ist der Beklagten dieser Vortrag nunmehr gemäß § 531 Abs. 2 ZPO abgeschnitten.

Es war somit von Aktiva in einer Gesamthöhe von 141.321,70 EUR auszugehen. Dem gegenüber stehen in der Berufungsinstanz nicht mehr thematisierte Passiva in einer Gesamthöhe von 13.545,28 EUR. Der Gesamtwert des Nachlasses beträgt damit 127.776,42 EUR. Der der Klägerin zustehende 1/8 Pflichtteil beläuft sich folglich auf den von dem Landgericht ausgeurteilten Betrag von 15.972,05 EUR.

Entgegen der auch mit der Berufung vertretenen Auffassung der Beklagten waren von diesem Betrag nicht die 5.000,00 EUR in Abzug zu bringen, die der Klägerin von ihrer Mutter bereits zu Lebzeiten (22.10.2012: 3.000,00 EUR; 23.10.2013: 2.000,00 EUR) zugewendet worden sind. Gemäß § 2315 BGB hat sich der Pflichtteilsberechtigte auf den Pflichtteil das anzurechnen zu lassen, was ihm von dem Erblasser durch Rechtsgeschäft unter Lebenden mit der Bestimmung zugewendet worden ist, dass es auf den Pflichtteil angerechnet werden soll. Der Erblasser muss die Anrechnung hierbei vor oder bei der Zuwendung anordnen. Die Anordnung muss so eindeutig sein, dass sie für den Pflichtteilsberechtigten vor oder bei der Zuwendung als solche erkennbar ist (Palandt/Weidlich, BGB, 78. Auflage, § 2315 Rn. 2). Unstreitig trugen die entsprechenden Überweisungen an die Klägerin "lediglich" den Verwendungszweck "Erbteil". Aus dieser Formulierung ("Erbteil") lässt sich nicht ohne Weiteres der Schluss ziehen, der Erblasser (hier die Mutter der Klägerin) habe eine Anrechnung auch auf den Pflichtteil gewollt (OLG Schleswig 3 U 54/07, Urteil vom 13.11.2007, juris; OLG Düsseldorf 7 U 287/92, Urteil vom 26.11.1993, juris; OLG Karlruhe 10 U 103/89, Urteil vom 22.12.1989, juris). Es müssen vielmehr zu der gewählten Formulierung ("Erbteil") weitere Anhaltspunkte hinzutreten die eine Auslegung dahingehend ermöglichen, die Anrechnung solle auch auf den Pflichtteil erfolgen (Staudinger/Otte, BGB, Neubearbeitung 2015, § 2315 Rn. 17). Solche weiteren Anhaltspunkte sind vorliegend von der Beklagten nicht dargetan worden und auch ansonsten für den Senat nicht ersichtlich. Eine Anrechnung der 5.000,00 EUR kam somit nicht in Betracht.

Gleiches gilt im Ergebnis soweit die Beklagte erstmals im Berufungsverfahren eine weitere Zuwendung an die Klägerin in Höhe von 12.709,50 EUR von dem Pflichtteil in Abzug bringen will. Hierbei handelt es sich um eine Zahlung des Vaters der Klägerin vom 26.10.2017. Der Zulassung des diesbezüglichen neuen Vorbringens der Beklagten steht allerdings nicht die Regelung

des § 531 Abs. 2 ZPO entgegen. Die Tatsache der Zahlung an sich ist unstreitig. Unstreitiger Vortrag kann nicht verspätet im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO erfolgt sein.

Der Beklagten ist es aber auch hier nicht gelungen, darzulegen und zu beweisen, dass die Zahlung unter Anrechnung auf den Pflichtteil der Klägerin erfolgt ist. Der Vater der Kläger hat zwar in seinem Testament vom 16.01.2019 ausgeführt, dass der Beklagten in Bezug auf ihr Pflichtteilsrecht bereits der Betrag von 12.709,50 EUR zugewendet worden sei ("... zur vollständigen Abgeltung des Pflichtteilsanspruchs erhalten wird. Einen Geldbetrag von 12.709,50 EUR hat sie bereits von mir erhalten"). Entscheidend ist aber, dass der Erblasser die Anrechnung vor oder bei der Zuwendung anordnen muss. Beweisbelastet für eine diesbezügliche Anrechnungsbestimmung (auf den Pflichtteil) ist der Erbe (OLG Düsseldorf 7 U 287/92, Urteil vom 26.11.1993 juris; OLG Karlsruhe in NJW-RR 1990, 393; Palandt/Weidlich BGB, 78. Auflage, § 2315 Rn. 3). Die Beklagte hat weder dargelegt, noch unter Beweis gestellt, dass der Vater der Klägerin eine solche Anordnung bei der Zuwendung der 12.709,50 EUR am 26.10.2017 getroffen hat. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 25.05.2020 vehement in Abrede gestellt, dass eine Anrechnungsbestimmung auf den Pflichtteil erfolgt sei. Sie hat zudem nachvollziehbar dargelegt, dass es sich bei dem Betrag um den Verkaufserlös eines ihr durch die Eltern testamentarisch allein zugewandten, vom Vater - unstreitig - dann aber doch vorzeitig veräußerten Grundstücks gehandelt habe. Die Beklagte war nicht in der Lage, dem in der mündlichen Verhandlung vom 25.05.2020 in erheblicher Weise entgegenzutre...

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