Leitsatz (amtlich)

Der Verjährungsfall "Stornierung wegen unerwarteter schwerer Erkrankung" kann gegeben sein, wenn dem Versicherungsnehmer erst nach Reisebuchung bekannt wird, dass er wegen eines akuten Bandscheibenvorfalls stationär operativ behandelt werden muss. Dass er bereits vor der Buchung längere Zeit an Rückenschmerzen litt, steht dem nicht entgegen, wenn sich hieraus, auch nach ärztlicher Untersuchung, noch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Möglichkeit eines Bandscheibenvorfalls und die Notwendigkeit einer sofortigen stationären operativen Behandlung ergeben hatten.

Ist im Rahmen einer Kreditkarte ("Goldkarte") Deckungsschutz für jede mit der Karte bis 10.000 EUR Reisepreis für jede der betreffenden Personen, nicht eine Beschränkung auf 10.000 EUR insgesamt für sämtliche "geschützten Personen" zusammen.

 

Verfahrensgang

LG Bad Kreuznach (Urteil vom 29.04.2009; Aktenzeichen 3 O 205/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Bad Kreuznach vom 29.4.2009 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.084,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 3.4.2008 sowie weitere 603,93 EUR zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Stornogebühren, die ihm wegen einer aus gesundheitlichen Gründen nicht angetretenen Reise entstanden sind.

Der Kläger unterhielt bei der Beklagten über die A-Karte u.a. eine Reise-Rücktrittskosten-Versicherung. Nach Nr. I der Versicherungsbedingungen (Bl. 11 d.A.) besteht Versicherungsschutz für jede mit einer gültigen A-Karte bis 10.000 EUR Reisepreis bezahlte Reise. Dabei sind versichert der Inhaber einer gültigen Haupt- oder Zusatzkarte (Versicherter) und weitere maximal fünf Personen (geschützte Personen), die in der Reiseanmeldung genannt sind. Nach Nr. III Ziff. 2 Buchst. a) der Versicherungsbedingungen besteht Leistungspflicht der Beklagten, wenn die gebuchte Reise wegen Eintritts des versicherten Ereignisses "unerwartete schwere Erkrankung" nicht angetreten werden kann und deshalb die Stornierung erfolgt ist.

Am 13.10.2007 traten bei dem Kläger nach Gartenarbeiten anhaltende Rückenschmerzen auf, die von seinem Hausarzt mit Spritzen behandelt wurden, wodurch eine Beschwerdelinderung eintrat.

Als am 14.11.2007 bei dem Kläger erneut starke, bis in den rechten Oberschenkel reichende Schmerzen auftraten, begab er sich am 15.11.2007 in die Behandlung des Orthopäden B.. Dieser behandelte den Kläger zunächst mit Spritzen und diagnostizierte nach einer Untersuchung des Klägers und Auswertung von angefertigten Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule und des Hüftgelenks eine Lumbalgie, ein Piriformis-Syndrom rechts, ein degeneratives LWS-Syndrom, eine M. Baastrup der LWS, Spondylolyse L 5, Coxarthrose links sowie beginnend rechts und eine Dysbalance der hüftumgreifenden Muskulatur beiderseits; Herr B. verordnete dem Kläger sodann Krankengymnastik (Bl. 35-36 d.A.). Nach Mitteilung des Klägers an die Beklagte vom 25.2.2008 (Bl. 50-51 d.A.) erklärte Herr B. dem Kläger damals, er könne an der Wirbelsäule und dem Hüftgelenk nichts feststellen. Die Beschwerden des Klägers besserten sich trotz der am 27.11.2007 begonnenen Krankengymnastik nebst Massagen nicht.

Am 4.12.2007 buchte der Kläger für sich und seine Ehefrau über das A.-Reisebüro in C. eine 15tägige Rundreise durch Argentinien und Chile für den Zeitraum 5. bis 21.2.2008 zu einem Preis von 5.710 EUR pro Person, somit insgesamt 11.420 EUR (Bl. 16 d.A.), den er mit der A-Karte bezahlte.

Der Kläger begab sich am 11.12.2007 zur Behandlung zu dem Neurologen Dr. D., der den Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall äußerte und ein MRT erstellen ließ. Dieses bestätigte die Diagnose Bandscheibenvorfall. Nachdem der behandelnde Neurologe dem Kläger am 12.12.2007 die Notwendigkeit einer sofortigen Operation mitgeteilt hatte, stornierte der Kläger am 14.12.2007 die gebuchte Reise, wofür ihm Stornokosten i.H.v. 3.803 EUR pro Person, insgesamt also i.H.v. 7.606 EUR entstanden sind (Bl. 21-26 d.A.). Der Kläger wurde sodann am 17.12.2007 an der Bandscheibe operiert (Arztbericht Bl. 19-20 d.A.) und zeigte der Beklagten durch Schadenmeldung vom 20.12.2007 (Bl. 27-28 d.A.) den Versicherungsfall an.

Die Beklagte lehnte wiederholt, u.a. mit Schreiben vom 3.4.2008 (Bl. 29 d.A.), eine Zahlung mit der Begründung ab, es habe wegen der bereits bei der Reisebuchung bekannten Beschwerden keine unerwartete schwere Erkrankung des Klägers vorgelegen.

Der Kläger begehrt nunmehr die Erstattung der von ihm gezahlten Stornokosten abzgl. des vereinbarten Selbstbehalts, mithin 6.084,80 EUR, sowie die Erstattung ihm vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten i.H.v. 603,93 EUR.

Der Kläger hat vorgetragen, mit einem Bandscheibenvorfall als Ursache seiner Rückenschmerzen habe er bis zu der erfolgten Diagnose nicht rechnen müssen. Es habe sich um eine un...

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