Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur deliktischen Schadensersatzhaftung eines Subunternehmers für Baumängel
Leitsatz (amtlich)
1. Außerhalb des nicht mit dem Baumangel stoffgleichen Integritätsinteresses kann ein Subunternehmer trotz fehlenden Vertrages dem Bauherrn wegen Eigentums- verletzung auf Schadensersatz haften.
2. Zur Frage, welche Schäden im Einzelfall mit dem Werkmangel stoffgleich und daher nicht zu ersetzen sind.
Normenkette
BGB §§ 249, 823, 831
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 29.07.2013; Aktenzeichen 4 O 215/07) |
Tenor
1. Unter Zurückweisung des weiter greifenden Rechtsmittels wird das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Koblenz vom 29.7.2013 auf die Berufung der Beklagten teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
a. Die Klage des XXX wird abgewiesen.
b. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin YYY 6.496,65 EUR sowie vorgerichtliche Anwaltskosten von 430,66 EUR zu zahlen, beides nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.8.2007.
c. Im Übrigen wird auch die Klage der Klägerin YYY abgewiesen.
2. Der Kläger XXX hat 50 %, die Klägerin YYY 22,63 % der erstinstanzlichen Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu tragen.
Der Beklagten fallen 27,37 % der erstinstanzlichen Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin YYY zur Last.
Der Kläger XXX hat 50 %, die Klägerin YYY 7,42 % der zweitinstanzlichen Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu tragen.
Der Beklagten fallen 42,58 % der zweitinstanzlichen Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin YYY zur Last.
Ihre verbleibenden außergerichtlichen Kosten haben die Parteien jeweils selbst zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die klagenden Eheleute sind nach ihrem übereinstimmenden Sachvortrag erster Instanz Eigentümer zu je ½ eines Grundstücks in Bad Wiessee. Dort ließen sie 2004 von der A GmbH ein Wohn- und Praxisgebäude errichten. Die Dacharbeiten führte die Beklagte als Subunternehmerin aus. Im Winter 2005/2006 drang Wasser durch das Dach in's Innere des Gebäudes ein und führte dort zu Feuchtigkeitsschäden im Ober- und Erdgeschoss. Der Wassereintritt beruhte auf der geringen Dachneigung, was zur Vermeidung sog. Eisschanzen am ungedämmten Dachüberstand den Einbau einer anderen Dachdämmung und - dichtung erfordert hätte. Die von der Beklagten verbauten Dachziegel und die darunter montierte Dämmfolie entsprachen nicht den Fachregeln, die bei gering geneigten Dächern zu beachten sind.
Schadensersatzansprüche gegen die Vertragspartnerin der Kläger sind nicht durchsetzbar, weil die A GmbH insolvent ist. Die Kläger meinen, die Beklagte hafte als Subunternehmerin nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Eigentums an dem Wohn- und Praxisgebäude.
Die zuletzt auf eine zu verzinsende Zahlung von 23.731,28 EUR und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten von 430,66 EUR gerichtete Klage hatte in erster Instanz überwiegend Erfolg. Das LG, auf dessen Entscheidung zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, hat schriftlich Zeugen befragt und hiernach den Klägern zur gesamten Hand 15.255,81 EUR nebst Zinsen sowie die begehrten Anwaltskosten zuerkannt. Die Beklagte schulde Schadensersatz nach §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 2 BGB. Die Insolvenzschuldnerin und die Beklagte hätten durch die mangelhafte Werkleistung gemeinschaftlich das Eigentum der Kläger verletzt und hafteten daher nach §§ 830 Abs. 1, 421 BGB als Gesamtschuldner. Dass der Schaden auf eine fehlerhafte Planung der Insolvenzschuldnerin zurückgehe, entlaste die Beklagte nicht. Mangels vertraglicher Beziehungen der Parteien müssten die Kläger sich das Verschulden der A GmbH nicht nach § 254 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 BGB zurechnen lassen. Gegenüber einer Verrichtungsgehilfenhaftung für die Versäumnisse der A GmbH könnten die Kläger sich nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB entlasten. Nach den Maßstäben der BGH - Entscheidungen NJW 1977, 379 und NJW 1978, 2241 liege hier auch eine über die bloße mangelhafte Werkleistung hinausgehende Eigentumsverletzung vor. Dementsprechend hat der Einzelrichter den Klägern einen Ersatzanspruch für solche Schäden zuerkannt, die durch das eingedrungene Wasser an zuvor unbeschädigten Bauteilen entstanden sind (Außenputz, durchfeuchtete Gipskartonplatten, Stromkosten für Gebäudetrocknung, Parkettsanierung etc.). Letztlich greife auch die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede nicht.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit der auf umfassende Klageabweisung zielenden Berufung. Durch die schadenstiftende, von ihr in den Dachstuhl eingebrachte ungeeignete Dämmfolie sei nur das Interesse der Kläger an mangelfreier Errichtung des Hauses berührt. Ein lediglich auf der Mangelhaftigkeit der Werkleistung beruhender Schaden sei nach gefestigter Rechtsprechung des BGH nicht nach § 823 Abs. 1 BGB ersatzfähig (BGH NJW 2005, 1423). Da Außenputz, Parkett und andere durch Wassereintritt beschädigte...