Entscheidungsstichwort (Thema)
Inhaltliche Bestimmtheit einer Grunddienstbarkeit; Auslegung eines dinglichen Rechtsgeschäfts
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Grunddienstbarkeit, die ein Wegerecht "im Rahmen der vorgegebenen örtlichen Situation" einräumt, ist inhaltlich zu unbestimmt und daher nicht eintragungsfähig.
2. Eine unschädliche übereinstimmende Falschbezeichnung des tatsächlich Gewollten kann bei einem dinglichen Rechtsgeschäft nur angenommen werden, soweit das angeblich Vereinbarte in der formgerechten Erklärung einen - wenn auch noch so unvollkommenen - Ausdruck gefunden hat (sog. "Andeutungstheorie").
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 873-874, 877, 1018, 1027; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 11.05.2006; Aktenzeichen 4 O 104/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11.5.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Koblenz abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger beansprucht von der Beklagten:
- Der Eintragung einer Grunddienstbarkeit in Form eines Geh- und Fahrrechts in einer Breite von 3m und einer Länge von 14m zuzustimmen (erweitert im Schriftsatz vom 1.8.2005).
- Der Eintragung einer Grunddienstbarkeit in Form einer Gestattung einer Verbindung des Grundstücks der Beklagten mit dem 1, 5m breiten Brücken- und Treppenaufbau zuzustimmen (erweitert im Schriftsatz vom 1.8.2005).
- Hilfsweise ein Begehen und Befahren des im Antrag zu 1) bezeichneten Bereichs zu dulden.
- Hilfsweise die Überbauung des im Antrag zu 2) beschriebenen Bereichs zu dulden.
- Einen zwischen den Parzellen der Parteien befindlichen Gartenzaun zumindest in einer Länge von 3m zu beseitigen.
- Eine zwischen den Parzellen befindliche Palisade zu entfernen.
- Es zu unterlassen, das eingeräumte Geh- und Fahrrecht zu beeinträchtigen und zu stören.
- Die Zahlung einer angemessenen Geldrente.
- Hilfsweise die Zahlung eines Betrages in Höhe der fünffachen jährlichen Entschädigung.
Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke Flur 4 Nr. 2638/4 und Nr. 2638/8, die Beklagte Eigentümerin des Nachbargrundstücks Nr. 2638/7 in L.. Zur Lage der Grundstücke und deren Bebauung wird auf die Einzeichnung in der Flurkarte Bezug genommen.
Das Obergeschoss des Gebäudes auf der Parzelle Nr. 2638/8 wurde über eine Treppen- und Brückenanlage erreicht, deren Aufgang sich auf dem Grundstück der Beklagten befindet. Die Benutzung dieser Anlage ist durch Verfügung der Stadtverwaltung L. vom 23.7.2004 wegen Baufälligkeit untersagt worden.
Die Großeltern der Parteien räumten in der testamentarischen Verfügung vom 14.7.1965 u.a. Mitbenutzungsrechte ein an der "Bleiche" und am Weg bis zur Kölner Straße.
Die Voreigentümer der Parteien schlossen am 24.3.1982 einen notariellen Auseinandersetzungsvertrag und bestimmten u.a. folgendes:
"Der jeweilige Eigentümer der Parzelle Flur 4 Nr. 2638/7 räumt hiermit dem jeweiligen Eigentümer der Parzelle Flur 4 Nr. 2638/8 das Recht ein, über die in der Anlage gelb gekennzeichnete Fläche der Parzelle 2638/7 in einer Breite von ca. 3 Metern zu gehen und zu fahren und diese begehen und befahren zu lassen".
Der Umfang dieses Wegerechts ist der Hauptstreitpunkt der Parteien.
Im rechtskräftig entschiedenen Verfahren AG L. AktZ. 2 C 330/01 ist dem Kläger aufgegeben worden, den Gehweg/Zufahrt auf seinem Grundstück zugunsten der Beklagten zum Zweck des Transports von Mülltonnen und des Transports sperriger Gegenstände freizuhalten (vgl. auch die ausführlich begründete Entscheidung des Berufungsgerichts vom 25.9.2002, LG Koblenz, AktZ. - 3 S 197/01).
Der Kläger hat geltend gemacht:
Im Auseinadersetzungsvertrag sei versehentlich ein zu kurzes Geh- und Fahrrecht eingetragen worden, welches 4m vor dem Auftritt der Brücken- und Treppenanlage mitten auf dem Grundstück der Beklagten ende. Das sei von den vertragschließenden Parteien so nicht gewollt gewesen. Das Wegerecht müsse bis zur Treppenanlage eingeräumt werden. Zumindest habe er einen Anspruch auf Einräumung eines Notwegs. Mit der Errichtung eines Palisaden- und Jägerzauns werde das Geh- und Fahrrecht beeinträchtigt. Da die Beklagte ihrerseits ein Notwegerecht habe, müsse sie eine Geldrente zahlen und nachentrichten.
Die Beklagte hat vorgebracht:
Das Geh- und Fahrrecht ende 4m vor der Treppen- und Brückenanlage und das sei auch so gewollt gewesen. Der Zugang zum Obergeschoss sei damals über eine an der südlichen Außenwand angebrachten Treppe erfolgt. Dem Kläger bleibe es unbenommen, diese wieder zu errichten. Der in Frage stehende Weg habe niemals eine Breite von 3m gehabt. Die Zuwegung sei eingegrenzt durch eine Mauer. Unverständlich sei das Begehren, den vorhandenen Zaun im Bereich der früheren Weinlaube zu entfernen. Eine Entfernung des Palisadenzauns könne der Kläger wegen der Gefährdung ihrer kleinen Kinder nicht verlangen. Im Übrigen werde durch die Eingrenzung das Geh- und Fahrrecht in keiner Weise beeinträcht...