Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerberaterpflichten bei Veräußerung eines Betriebsgrundstücks im Vorfeld der Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine GmbH
Leitsatz (amtlich)
1. Veräußert der Steuerpflichtige im Vorfeld der geplanten Umwandlung seines Einzelunternehmens dessen Betriebsgrundstück, muss ihn der Steuerberater auf die Möglichkeit der Rücklagenbildung nach § 6b Abs. 3 EStG hinweisen. Versäumt er dies, muss der Steuerberater die Vermutung beratungsgemäßen Verhaltens widerlegen.
2. Die Darlegungs- und Beweislast für die Ersatzbeschaffungsabsicht und deren Realisierbarkeit nach Maßgabe der gesetzlichen und sonstigen steuerrechtlichen Vorschriften trifft hingegen den Mandant des Steuerberaters.
Normenkette
BGB §§ 249, 276, 280, 675; EStG § 6b Abs. 3; UmwG § § 152 ff., § 158; UmwStG § 20 Abs. 2 S. 2; ZPO § 286
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 27.02.2013; Aktenzeichen 15 O 255/12) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 15. Zivilkammer des LG Koblenz vom 27.2.2013 aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
2. Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung über den Betrag des Anspruchs an das LG Koblenz zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden hat.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt den Beklagten wegen der Verletzung von Pflichten aus einem Steuerberatermandat auf Schadensersatz von 58.934,18 EUR nebst Zinsen sowie auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Anspruch.
1. Nach dem Klagevorbringen hat der Beklagte den Anspruchsteller über die steuerlichen Folgen einer am 23.11.2009 erfolgten Veräußerung eines Betriebsgrundstücks in P. falsch beraten, was 2009 zu einer vermeidbaren Einkommensteuermehrbelastung in der Größenordnung von 60.000 EUR geführt habe.
Außerdem soll der Beklagte versäumt haben, vom Kläger getätigte Investitionen in ein Hausgrundstück in K. (B. weg 24) bei der Steuererklärung 2010 als Werbungskosten geltend zu machen.
Bis April 2010 betrieb der Kläger ein Einzelunternehmen für Planung und Innenausbau. Ihm gehörte das Betriebsgrundstück in P. Um sein persönliches Haftungsrisiko zu verringern, wollte der Kläger die Einzelfirma in eine GmbH umwandeln. Im Vorfeld der Umwandlung veräußerte der Kläger das Betriebsgrundstück in P. für 278.794,10 EUR.
Der Veräußerungsgewinn betrug 126.314 EUR. Um diesen Betrag erhöhten sich die vom Kläger in der Steuererklärung 2009 auf lediglich 77.376 EUR bezifferten Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Anlage G zur Einkommensteuererklärung 2009 - Bl. 16 GA), was zu einer nach Auffassung des Klägers um 63.061,18 EUR höheren Steuerbelastung 2009 führte (Bl. 8 GA), die in diesem Umfang vermeidbar gewesen sein soll.
Vom auf 63.061,18 EUR bezifferten Schaden hat der Kläger eine unstreitige Restvergütung des Beklagten von 4.118 EUR abgezogen.
Am 15.3.2010 erstellte der Beklagte für die Einzelfirma die Jahresbilanz 2009, die ein negatives Eigenkapital von 102.332,09 EUR ausweist (Bl. 14 GA).
Durch notariellen Vertrag vom 15.4.2010 erwarb der Kläger von seinen Eltern deren Hausgrundstück B. weg 24 in K. unter Übernahme eines Teils der Belastungen und gegen Zahlung von 50.700 EUR (Bl. 196 - 205 GA). Der Wert des Objekts betrug nach Einschätzung der Finanzverwaltung 270.467 EUR (Bl. 96 GA).
Die Umwandlung des Einzelunternehmens in eine GmbH erfolgte zwei Wochen später am 29.4.2010 rückwirkend zum 1.1.2010 nach §§ 152 ff., 158 UmwG.
Mit Schreiben vom 5.7.2010 wies das Finanzamt darauf hin, dass auf die Ausgliederung des Einzelunternehmens und die Einbringung des Betriebsvermögens in die GmbH §§ 20 - 23 UmwStG anzuwenden seien. Da die Bilanz des Einzelunternehmens zum 31.12.2009 ein negatives Kapitalkonto von 102.290,83 EUR ausweise, sei der Ansatz der Buchwerte bei der Übernehmerin sowohl nach Steuer- als auch nach Handelsrecht nicht möglich, was sich aus § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG ergebe.
Nach dem Klagevorbringen hat der Beklagte die maßgeblichen Vorschriften des UmwStG und die Möglichkeit übersehen, im Jahr 2009 eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG zu bilden. Bei sachgemäßer Beratung über die steuerrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten hätte er - Kläger - von der Umwandlung Abstand genommen, jedenfalls aber die durch § 6b Abs. 3 EStG eröffneten Möglichkeiten genutzt. In beiden Fällen wäre ihm die steuerliche Mehrbelastung von 63.061,18 EUR erspart geblieben.
Nur hilfsweise stützt er das Schadensersatzverlangen auf Fehler und Versäumnisse des Beklagten bei der Steuererklärung 2010. Hier habe der Beklagte Anschaffungs- und Erhaltungskosten sowie sonstige Investitionen in die von den Eltern des Klägers erworbene Immobilie B. weg 24 nicht in steuerlich optimaler Weise gegenüber dem Finanzamt erklärt.
Der Beklagte hat erwidert, dem Kläger sei es entscheidend um die Verringerung seines persönlichen Haftungsrisikos gegangen. Mit Erwerb des Hausgrundstücks der Eltern sei der Kläger der Gefahr ausgesetzt gewesen, dass F...