Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, unter welchen prozessualen und materiellen Voraussetzungen der Betreiber einer auf Konversionsflächen errichteten Photovoltaikanlage die Einspeisevergütung in gewillkürter Prozessstandschaft zugunsten seiner finanzierenden Bank als Sicherungszessionarin des Vergütungsanspruchs durch einstweilige Verfügung gegen den Netzbetreiber geltend machen kann.
Normenkette
EEG §§ 16, 32 Abs. 3 Nr. 2, §§ 59, 66; BGB § 398; ZPO §§ 51, 935, 938, 940
Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 19.10.2012; Aktenzeichen 9 O 232/12) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Mainz vom 19.10.2012 - 9 O 232/12, geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, ab dem 11.11.2011 an die X - Bank e.G. längstens bis zur Beendigung des Hauptsacheverfahrens oder, soweit ein solches Verfahren nicht bis zum 31.3.2013 eingeleitet wird, bis zu diesem Zeitpunkt einen kalendermonatlichen Abschlag i.H.v. 7.932,58 EUR, für November 2011 anteilig, Zug um Zug gegen jeweilige Übergabe einer Sicherheitsleistung i.S.d. § 108 ZPO in gleicher Höhe für den in das Netz der Berufungsbeklagten eingespeisten Strom, der in den von der Klägerin am Standort O. im Geltungsbereich des Bebauungsplans "Auf dem K." (1. Änderung) vom 10.8.2011 errichteten Photovoltaikmodulen (Teilfläche A) produziert wird, zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt im Wege der einstweiligen Leistungsverfügung nach § 59 EEG von der Beklagten die Zahlung von monatlichen Abschlägen auf die gesetzliche Einspeisevergütung gem. § 32 Abs. 3 Nr. 2 EEG.
Die Verfügungsklägerin hat im Jahr 2011 am Standort O. Photovoltaikmodule errichtet. Die Anlage wurde am 11.11.2011 in Betrieb genommen und an das Netz der Beklagten angeschlossen. Die Beklagte nimmt seit diesem Zeitpunkt den angebotenen Strom ab und verteilt ihn weiter. Eine Einspeisevergütung zahlt die Beklagte bisher nicht.
Zur Absicherung der Fremdfinanzierung von 1.286.000 EUR durch die X - Bank e.G. wurde dieser die Photovoltaikanlage zur Sicherheit übereignet und der Anspruch auf die Einspeisevergütung abgetreten. Bis zum März 2013 sind monatliche Zinszahlungen von 3.912 EUR, ab dem 31.3.2013 dann Zins- und Tilgungsleistungen von 11.554 EUR (3.912 EUR + 7.642 EUR) zu erbringen.
Die Klägerin sieht sich von der Kreditgeberin zur Geltendmachung der Einspeisevergütung ermächtigt. Die Errichtung der Photovoltaikanlagen sei auf Konversionsflächen erfolgt, so dass die Beklagte zur Zahlung einer Einspeisevergütung nach § 32 Abs. 3 Nr. 2 EEG 2009 (Konversionsflächen) verpflichtet sei. § 59 EEG erlaube die Durchsetzung des Anspruchs auf Abschlagzahlung, ohne dass es auf die Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes bedürfe.
Sie hat erstinstanzlich zuletzt beantragt, die Beklagte zu verpflichten, an die X - Bank e.G. einen monatlichen Abschlag i.H.v. EUR 15.882,55 für den in das Netz der Verfügungsbeklagten eingespeisten Strom zu zahlen, der in den von der Verfügungsklägerin am Standort O. im Geltungsbereich des Bebauungsplans "Auf dem K. " (erste Änderung) vom 10.8.2011 errichteten Photovoltaikmodulen produziert wird.
Die Beklagte ist dem Verfügungsantrag entgegengetreten und hat hilfsweise beantragt, ihr nachzulassen, die von der Klägerin begehrten Abschlagszahlungen auf ein zu benennendes Anderkonto, auf welches die Klägerin erst im Zeitpunkt einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache Zugriff erlangt, vornehmen zu dürfen, sowie die Anordnung und die Vollziehung der einstweiligen Verfügung von einer Sicherheitsleistung der Verfügungsklägerin abhängig zu machen.
Die Beklagte rügt die Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft. Ob ein Anspruch auf Einspeisevergütung nach § 32 EEG 2009 bestehe, könne derzeit nicht beurteilt werden, da die Klägerin die Voraussetzungen nicht nachgewiesen habe. Die Empfehlung der von der Klägerin angerufenen Clearing Stelle sei rechtlich unverbindlich. § 59 EEG setze das Vorliegen eines Verfügungsgrundes voraus. Ein solcher läge bei der Kreditgeberin als Anspruchsinhaberin (Zessionar) nicht vor.
Das LG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach mündlicher Verhandlung mit dem angefochtenen Urteil zurückgewiesen. Es könne offen bleiben, ob die Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft vorlägen und ein Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht sei. Jedenfalls fehle es an einem Verfügungsgrund. Zunächst sei zweifelhaft, ob § 59 Abs. 2 EEG auch den Fall der gewillkürten Prozessstandschaft erfasse, in dem die Anlagenbetreiberin einen ihr aufgrund der Abtretung nicht mehr zustehenden Anspruch verfolge. Nach § 59 Abs. 2 EEG sei aber der Verfügungsgrund allenfalls widerleglich zu vermuten. Hier sei der Verfügungsgrund widerlegt, weil sich schon aus dem eigenen Vortrag der Klägerin ergebe, dass der Erlass der Leistungsverfügung nicht dringlich sei. Die derzeitigen Zinszahlungen lägen weit unter den geforderten Abschlagszahlungen.
Dem tritt die Klägerin mit ihre...