Normenkette
HeilMWerbG § 11; UWG §§ 3, 3a
Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 03.08.2023; Aktenzeichen 11 HK O 34/22) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 11. Zivilkammer - 1. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Mainz vom 03.08.2023 - Az. 11 HK O 34/22 - wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses und das erstinstanzliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Mit der am 28.12.2022 zugestellten Klage macht der Kläger gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend.
Der Kläger ist beim Bundesamt der Justiz in die dort geführte Liste der klagebefugten qualifizierten Wirtschaftsverbände gemäß § 8b UWG eingetragen.
Die Beklagte ist eine Spezialklinik für plastische-ästhetische Chirurgie mit Schwerpunkt in der Gesichts- und Brustchirurgie. Zu Werbezwecken unterhält die Beklagte eine unter der Domain https://... geschaltete Internetseite. Dort wirbt sie für eine Lippenunterspritzung mit Hyaluronsäure wie auf Anlage K3 dargestellt unter anderem - neben einer Beschreibung der beworbenen Behandlung - wie folgt:
((Abbildung))
Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 31.10.2022 ab und forderte sie erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.
Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, er sei aktivlegitimiert, zumal ihm auch zahlreiche Ärztekammern angehörten. Mit der obigen Darstellung habe die Beklagte gegen § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG verstoßen. Bei der beworbenen Behandlung handele sich um einen instrumentellen Eingriff zur Form- und Gestaltsveränderung, nicht lediglich um eine ästhetische Behandlung, die auch ein Kosmetiker vornehmen könnte. Mit der verwendeten Illustration werde die Wirkung einer Behandlung durch die vergleichende Darstellung des Körperzustandes dargestellt. Dem Verbraucher werde vermittelt, dass mit der beworbenen Behandlung die Lippen gleichmäßig vergrößert und auch eine nahezu nicht vorhandene Oberlippe ebenmäßig ausgebildet werden könne.
Die geltend gemachte Kostenpauschale liege deutlich unter den für die Abmahnungen entstehenden Sach- und Personalkostenaufwand.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen es zu unterlassen, geschäftlich handelnd für operative plastisch-chirurgische Eingriffe zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in Anlage K3. Weiterhin hat er beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 374,50 Euro nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu verurteilen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich Klageabweisung beantragt und vorgetragen, bei der Illustration handele es sich nicht um eine Darstellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG. Der Wortlaut umfasse bereits ein ganzes Bündel an Phänomenen und bedürfe nach der teleologischen Auslegung der Einschränkung. Die Vorschrift des § 11 HWG verfolge den Zweck, bestimmte unsachliche, nicht auf Informationen alleine beschränkte, suggestive Werbemaßnahmen zu unterbinden. Dies treffe insbesondere auf fotografische Darstellungen eines "Vorher-Nachher-Vergleiches" zu, da Verbraucher dazu neigten, Fotografien auf sich zu beziehen. Die Vorschrift des § 11 HWG verlange daher eine fotorealistische Darstellung von Personen. Die hier vorliegenden Avatare seien demgegenüber nicht als Darstellung in diesem Sinn zu werten. Diese seien erkennbar vergröbert, schematisiert und unrealistisch gehalten. Es sei erkennbar, dass die Veränderungen nicht Folge eines medizinischen Eingriffs seien, sondern der unterschiedlichen Gestaltung des Grafikers. Auch liege mit der Lippenunterspritzung kein plastisch-chirurgischer Eingriff vor. Abzugrenzen sei ein solcher Eingriff von anderen Verfahren mit Auswirkungen auf den Körper, wie Piercings, Tätowierungen und Ohrlochstechen. Das Unterspritzen mit dem körpereigenen Stoff Hyaluronsäure begründe keine besonderen Risiken, zumal anders als beim als ungefährlich eingeschätzten Tätowieren keine Fremdkörper in die Haut eingebracht würden.
Die 11. Zivilkammer - 1. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Mainz hat die Beklagte mit Urteil vom 03.08.2023 verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft, zu unterlassen, geschäftlich handelnd für operative plastisch-chirurgische Eingriffe zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in Anlage K3. Weiterhin hat es die Beklagte zur Zahlung von 374,50 Euro nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klage sei zulässig. Der Kläger sei nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt, da es sich bei diesem um einen rechtsfähigen Verband zur Förderung gewerblicher Interessen im Sinne dieser Norm handele. Die auch im Übrigen zulässige Klage sei begründet. Der Kläger habe einen Unterlassung...