Verfahrensgang
LG Mainz (Entscheidung vom 22.02.2017; Aktenzeichen 9 O 284/13, Urteil) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 22.02.2017 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
a) Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger für die Zeit vom 01.11.2011 bis zum 31.12.2012 Schadensersatz in Höhe von 55,37 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 31.12.2012 zu zahlen.
b) Die Beklagten zu 2) und der Beklagte zu 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 12.10.2011 Schadensersatz in Höhe von 43,96 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 12.10.2011 zu zahlen.
c) Die Beklagte zu 2) wird im Wege der Stufenklage verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, welche Mengen an Trinkwasser im Zeitraum vom 01.01.2010 bis zum 31.12.2010 an die Verbrauchsstelle ...[Z]weg ..., ...[Y] geliefert und welche Rechnungen hierfür gestellt wurden.
Im Übrigen wird die Klage - hinsichtlich der Klageanträge zu 1. und 2. sowie 3. a) - abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Kostenentscheidung - auch hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens - bleibt dem Schlussurteil des Landgerichts vorbehalten.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Darstellung tatsächlicher Feststellungen nach § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO bedarf es nicht, weil ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist; der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer übersteigt 20.000,00 EUR nicht (§§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1, 543 Abs. 1, 544 ZPO, § 26 Nr. 8 S. 1 EGZPO).
II. Die vom Landgericht zugelassene Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg. Auf das Rechtsmittel hin ist das angefochtene Urteil teilweise aufzuheben und den auf Zahlung von Schadensersatz nebst Zinsen gerichteten Klageanträgen überwiegend stattzugeben (nachfolgend A.). Der im Wege der Stufenklage - zunächst - geltend gemachte Auskunftsanspruch ist nur in geringem Umfang begründet (nachfolgend B.).
A. 1. Die Klage ist im Hinblick auf die auf Zahlung von Schadensersatz gerichteten Klageanträge zulässig, auch wenn die Anträge nicht exakt beziffert sind. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, ist es anerkannt, dass bei Schadensersatzklagen unbezifferte Klageanträge insbesondere dann zulässig sind, wenn die Höhe des zuzusprechenden Schadensersatzes von einer gerichtlichen Schätzung nach § 287 ZPO abhängt, solange die Größenordnung des begehrten Betrags angegeben wird. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, denn für die Frage, ob und in welcher Höhe durch einen Kartellrechtsverstoß ein Schaden entstanden ist, gilt das Beweismaß des § 287 Abs. 1 ZPO; der Kläger hat auch einen Mindestbetrag für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch beziffert. Ob dieser bezifferte Mindestbetrag richtig berechnet wurde, ist eine Frage der Begründetheit der Klage.
2. Dem Kläger steht für die Zeit vom 01.11.2011 bis zum 31.12.2012 gegenüber der Beklagten zu 1) als seinerzeit maßgebender Versorgerin ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 33 Abs. 3 S. 1 und Abs. 1 S. 1, 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB in der bis zum 29.06.2013 geltenden Fassung (nachfolgend: a. F.) zu. Für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 12.10.2011 ergibt sich aus diesen Vorschriften ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 2) als früherer Versorgerin, wobei der Beklagte zu 3) nach § 81 Abs. 2 Nr. 1 GWB a. F. i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG als kaufmännischer Vorstand der Beklagten zu 2) gemäß § 421 BGB geschuldschuldnerisch mithaftet. Die vom Kläger daneben herangezogene Vorschrift des Art. 102 AEUV findet keine Anwendung, da die Beklagten zu 1) und 2) als Wasserversorger für die Stadt Mainz keine beherrschende Stellung auf dem EU-Binnenmarkt oder einem wesentlichen Teil davon einnehmen und auch nicht den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten der EU durch ihr Tätigwerden zu beeinträchtigen vermögen. In Mainz indes war zunächst die Beklagte zu 2), später die Beklagte zu 1) alleinige Wasserversorgerin mit einer Monopolstellung.
a) Nach § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB a. F. liegt ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung insbesondere dann vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen wie die Beklagtenseite als Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen Entgelte fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen. Im Rahmen einer solchen Vergleichsmarktbetrachtung kann auch ein Vergleich mit anderen oder mit nur einem Monopolunternehmen durchgeführt werden, weil davon auszugehen ist, dass jedenfalls eine Überschreitung dieses Vergleichspreises missbräuchlich ist.
b) So liegt der Fall hier.
aa) Der Kläger hat entsprechend der ih...