Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlehensrückzahlung (Abgrenzung Darlehen/Schenkung)
Normenkette
BGB § 607
Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 09.07.1996) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Mainz vom 09.07.1996 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.380,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28.02.1996 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten erster Instanz werden dem Kläger zu 3/5 und der Beklagten zu 2/5, diejenigen des Berufungsverfahrens dem Kläger zu 2/5 und der Beklagte zu 3/5 auferlegt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung des Klägers hat in der Sache teilweise Erfolg. Die Beklagte schuldet dem Kläger nämlich Zahlung von 22.380,00 DM nebst Rechtshängigkeitszinsen, weshalb das Urteil des Landgerichts insoweit teilweise abzuändern ist.
I.
Der Senat geht davon aus, daß der Kläger – über die unstreitigen, derzeit noch nicht zur Rückzahlung fälligen 10.000,00 DM gemäß Vereinbarung vom 20.09.1995 hinaus – Geldbeträge mindestens in Höhe von 22.380,00 DM der Beklagten in einer zur Rückzahlung verpflichtenden Form zugewandt hat. Hierbei handelt es sich um die Einzahlung von 20.000,00 DM auf das überzogene Geschäfts- und Privatkonto der Beklagten bei der Volksbank W. sowie die im Mai 1995 erfolgte Miet- und Gehaltszahlung in Höhe von insgesamt 2.380,00 DM. Hierbei mag dahinstehen, ob es sich insoweit um Darlehen handelte oder der Kläger, was nach dem Sachverhalt ebenfalls denkbar ist, als Beauftragter oder Geschäftsführer ohne Auftrag für die Beklagte tätig wurde. Denn ebenso wie ein Darlehen gem. § 607 BGB zurückzugewähren ist, sind die einem Beauftragten oder Geschäftsführer ohne Auftrag entstandenen notwendigen Aufwendungen gem. §§ 662, 670 und 683, 670 BGB zu ersetzen.
1.
Der Ausgleich des überzogenen Kontos bei der Volksbank W. stellt keine unentgeltliche Zuwendung an die Beklagte dar. Zwar hat der Kläger nicht den Nachweis erbracht, daß es sich hierbei – wie von ihm behauptet – um ein Darlehen handelte. Jedoch besteht hierfür eine tatsächliche Vermutung, welche die Beklagte nicht zu entkräften vermochte.
Allerdings hat grundsätzlich der auf Rückzahlung eines Darlehens Klagende zu beweisen, daß die Hingabe des Geldes als Darlehen erfolgt ist; dies gilt insbesondere, wenn der Beklagte – wie hier – das Vorliegen einer Schenkung behauptet (ganz h. M., vgl. Baumgärtel-Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 607 Rdn. 4 m. w. N.). Auch besteht bei einer Kapitalüberlassung keine gesetzliche Vermutung für eine dahrlehensweise Hingabe (ders. a. a. O., ebenfalls m. w. N.). Dies schließt indes nicht aus, daß sich aus den Umständen des Einzelfalles Beweisanzeichen oder sogar eine tatsächliche Vermutung für ein Darlehen, insbesondere für eine durch schlüssiges Verhalten erklärte Darlehensvereinbarung ergeben. So ist es anerkannt, daß bei Tilgung von Geschäftsschulden unter Eheleuten eine tatsächliche Vermutung für den stillschweigenden Abschluß eines Darlehensvertrages spricht (Staudinger-Hopt, BGB, 12. Aufl., § 607 Rdn. 52; Baumgärtel-Laumen, a. a. O., Rdn. 6; OLG Schleswig FamRZ 1988, 165 f, 166; vgl. auch BGH WM 1965, 920, 922). Bei Verlobten soll auch die Begleichung persönlicher Verbindlichkeiten, die mit der beabsichtigten Eheschließung nicht in Zusammenhang stehen, als stillschweigende Darlehensgewährung anzusehen sein (Baumgärtel-Laumen, a. a. O., Rdn. 7; LG Mannheim, Die Justiz 1963, 61). Umsomehr muß dies gelten, wenn jemand – wie hier – im Rahmen einer erst seit zwei Monaten bestehenden Liebesbeziehung das nicht unerheblich überzogene Privat- und Geschäftskonto des in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen Partners ausgleicht. Dieser kann redlicherweise nicht davon ausgehen, daß eine solche Zuwendung auf Dauer bei ihm verbleiben soll. Vielmehr spricht alles dafür, daß ihm lediglich aus einer momentanen Notlage herausgeholfen und dies zu einem späteren Zeitpunkt wieder ausgeglichen werden soll. Dieser für eine Darlehensgewährung sprechende Grundsatz gilt gleichermaßen für die Abgrenzung einer Schenkung von einem Auftrag oder einer auftraglosen Geschäftsführung, weil die Interessenlage insoweit vergleichbar ist.
Die hiernach für eine Darlehensgewährung, Auftrag oder auftraglose Geschäftsführung sprechende tatsächliche Vermutung ist nicht widerlegt. Allein die Tatsache, daß der Kläger, obwohl als Bankangestellter in solchen Fragen geschult, sich von der Beklagten – anders als bei dem späteren Darlehen vom 20.09.1995 – keinen urkundlichen Nachweis hat unterschreiben lassen, genügt nicht, diese Vermutung zu entkräften. Es ist durchaus lebensnah, daß der Kläger der Beklagten zunächst vertraute und nicht durch das Verlangen nach einer schriftlichen Darlehensbestätigung eine atmosphärische Störung in die im Aufbau begriffene persönliche Beziehung hineintragen wollte. Auch die zugestandenermaßen großzügigen anderwe...