Leitsatz (amtlich)
Die Voraussetzung vollständiger Arbeitsunfähigkeit für Krankentagegeld in § 1 Nr. 3 MB/KT 94 ist weder überraschend noch unklar oder unangemessen. Sie ist auch nicht einschränkend dahin auszulegen, dass bestimmte, geringfügige Tätigkeiten nicht schaden.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 15.01.2007; Aktenzeichen 16 O 349/05) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des LG Koblenz vom 15.1.2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin macht ggü. der Beklagten Ansprüche auf Krankentagegeld geltend.
Die Klägerin schloss bei der Beklagten mit Wirkung zum 1.4.1980 eine Krankentagegeldversicherung nach dem Tarif KT 43 mit einem vereinbarten kalendertäglichen Krankentagegeld von derzeit 148 EUR ab. Dem Vertrag liegen die MB/KT 94 der Beklagten zugrunde. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, aufgrund dieses Vertrages für den Zeitraum vom 2.5.2005 bis 26.7.2005 Leistungen an die Klägerin zu erbringen.
Die Klägerin ist in Vollzeit als angestellte Pharmareferentin im Außendienst tätig. Sie ist aufgrund eines Cervicobrachialsyndroms und eines Bandscheibenvorfalls im Bereich der Halswirbelsäule (C 6/7), einer Muskelinsuffizienz mit starker Bewegungseinschränkung, vertebragenem Schwindel, verbunden mit Kopfschmerzen, Konzentrations- und Schlafstörungen, depressiven Verstimmungen sowie eines pseudoradikulären Lendenwirbelsäulensyndroms seit 19.3.2004 arbeitsunfähig krank geschrieben.
Die Beklagte hat seit diesem Zeitpunkt Krankentagegeld bis einschließlich 1.5.2005 geleistet. Am 2.5.2005 veranlasste die Beklagte eine vertrauensärztliche Untersuchung der Klägerin bei ihrem Beratungsarzt Dr. A., Facharzt für Orthopädie, spezielle Schmerztherapie, Sportmedizin, physikalische Therapie, Chirotherapie, Rehabilitationswesen. Der Gutachter gelangte aufgrund der von ihm vorgenommenen Untersuchung der Klägerin am 2.5.2005 zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin noch mäßig ausgeprägte Beschwerden im Schulter-Nackenbereich mit Ausstrahlung in den rechten Arm, teilweise auch bis in die Ellenbogengelenksregion linksseitig bestehen und die Klägerin in ihrem konkret vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit ausgeübten Beruf ab sofort für vier Stunden täglich arbeitsfähig ist.
Mit Schreiben vom 4.5.2005 lehnte die Beklagte daraufhin ggü. der Klägerin weitere Leistungen über den 1.5.2005 hinaus ab und stellte entgegenkommenderweise für die Zeit vom 2.5.2005 bis zum 29.5.2005 50 % des versicherten Krankentagegelds, das heißt einen Betrag i.H.v. täglich 74 EUR in Aussicht, das sie jedoch nur bis zum 4.5.2005 zahlte. In der Zeit vom 5.7. bis zum 26.7.2005 hielt sich die Klägerin zu einer stationären Reha-Maßnahme in einer Klinik auf.
Die Klägerin hat vorgetragen:
Die Beklagte hätte ihre Leistung aus der Krankentagegeldversicherung nicht einstellen dürfen. Sie sei aufgrund der bei ihr vorliegenden Krankheitssymptome nicht in der Lage, die sich aus ihrer Tätigkeit ergebenden Belastungen auf sich zu nehmen. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die täglich zurückzulegenden Fahrleistungen und für das Tragen schwerer Musterkoffer. Diesen konkreten Anforderungen an ihr Tätigkeitsfeld habe das Gutachten des Vertrauensarztes Dr. A. nicht Rechnung getragen.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie Krankentagegeld i.H.v. 74 EUR pro Tag für die Zeit vom 2.5. bis 4.5.2005 und i.H.v. 148 EUR bis zur Beendigung der Reha-Maßnahme (26.7.2005) nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 2.5.2005 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen:
Aufgrund des Gutachtens des Herrn Dr. A. stehe fest, dass die Klägerin ihrer Tätigkeit zumindest teilweise wieder nachgehen könne. Die Klägerin habe trotz Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ihrer Hausärztin nicht bewiesen, dass sie tatsächlich bedingungsgemäß arbeitsunfähig sei. Da sie zumindest teilweise ihre Arbeitsfähigkeit wiedererlangt habe, stehe ihr ein Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld nicht zu.
Das LG hat die Klage ohne Beweiserhebung abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Wegen der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, dass sie im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum zu 100 % arbeitsunfähig gewesen sei. Sie habe ihre berufliche Tätigkeit in keiner Weise ausüben können. Dies habe sie ausdrücklich unter Beweis gestellt durch Einholung eines chirurgisch-orthopädischen Sachverständigen-gutachtens sowie eines schmerztherapeutischen nervenärztlichem Zusatzgutachtens. Diesem Beweisangebot hätte das LG ...