Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 14.10.1987; Aktenzeichen 15 O 170/87)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 14. Oktober 1987 teilweise abgeändert und wie folgt gefaßt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, auf dem Parkplatz der an das Haus des Klägers angrenzenden Parzelle 379/2 Veranstaltungen durchzuführen oder Dritten zu gestatten, Veranstaltungen dort durchzuführen, deren Geräusche – gemessen 0,50 m vor dem geöffneten Fenster am Hause des Klägers zur Parzelle 379/2 hin – im Zeitraum zwischen 22.00 Uhr und 2.00 Uhr einen Beurteilungspegel von 55 a B (A) und/oder einen Maximalspitzenpegel von 65 dB(A) überschreiten.

    Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

  2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Beklagten die Verurteilung zu einem Ordnungsgeld bis zu 500.000 DM – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, diese vollstreckbar gegen ihren, gesetzlichen Vertreter, angedroht.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte 7/8 und der Kläger 1/8 zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.100 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer des Hausgrundstücks K in W. (Parzelle 373/2), das er mit seiner Familie bewohnt. Ein Teil des Hauses ist vermietet.

An die rückwärtige, nördliche Grenze des Grundstücks und des westlich angrenzenden Nachbargrundstücks (K.) schließt sich ein größeres Grundstück (Parzelle 379/2) an, das im Eigentum der Katholischen Kirchengemeinde steht. Auf diesem Grundstück befindet sich die Kirche. Die beklagte Gemeinde hat einen Teil des Grundstücks von der Kirchengemeinde gepachtet und entsprechend dem Bebauungsplan zu einem Parkplatz ausgebaut. Außerdem wird das Grundstück mehrmals im Jahr als Kirmes- und Festplatz benutzt. Bis etwa 1980 wurde die Kirmes in W. in Gaststätten gefeiert. Seitdem werden auch ein Kirmeszelt und -buden aufgestellt. Das Festzelt wird in den letzten Jahren auf dem Parkplatz errichtet, während die Kirmesbuden auf einem anderen freien Platz hinter der Kirche aufgestellt werden. Dabei befindet sich das Zelt 10 bis 20 m vom Haus des Klägers entfernt. Eine Messung der vom Festzelt ausgehenden Geräusche, die das Institut für Energietechnik und Umweltschutz des Technischen Überwachungsvereins Rheinland während der Kirmes am 7. Juni 1987 zwischen 21.10 Uhr und 23.20 Uhr durchführte, ergab vor dem Schlafzimmerfenster an der dem Zelt zugewandten Seite des Hauses einen Mittelungspegel von 76,7 dB(A) und einen Spitzenpegel von 82,7 dB(A).

Mit der vorliegenden Klage nimmt der Kläger die beklagte Gemeinde auf Unterlassung in Anspruch.

Er hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes oder von Ordnungshaft zu unterlassen, auf der Parzelle 379/2 Veranstaltungen durchzuführen oder Dritten zu gestatten, Veranstaltungen dort durchzuführen, die – gemessen 0,50 m vor dem geöffneten Fenster zur Parzelle 373/2 hin – im Zeitraum zwischen 22 Uhr und 6 Uhr einen Beurteilungspegel von 55 dB(A) und/oder einen Maximal-Spitzenpegel von 65 dB(A) überschreiten.
  2. der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsgeld und/oder Ordnungshaft in der gesetzlich zulässigen Höhe anzudrohen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, daß die von dem Festzelt ausgehenden Geräuschimmissionen den Kläger in der Benutzung seines Grundstücks nur unwesentlich beeinträchtigen. Von einer wesentlichen Beeinträchtigung könne auch deswegen keine Rede sein, weil die Veranstaltungen jeweils nur von kurzer Dauer seien. Im übrigen bestreitet sie, daß die zulässigen Geräuschwerte überschritten werden.

Durch Urteil vom 14. Oktober 1987 hat das Landgericht der Klage unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis 500,000 DM oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten stattgegeben. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe nach §§ 1004, 906 BGB einen Unterlassungsanspruch wegen der Lärmbeeinträchtigungen durch die Festveranstaltungen auf dem Parkplatz. Die damit verbundenen Musikveranstaltungen bis in die Nacht hinein beeinträchtigten die Nutzung des Grundstücks des Klägers. Nach den Lärmmessungen des TÜV Rheinland lagen sie erheblich über den zulässigen Immissionsgrenzwerten, die zwar keine verbindliche Festlegung, aber einen Anhalt für die Wesentlichkeit darstellten. Die Wesentlichkeit werde nicht dadurch ausgeschlossen, daß nur vier Veranstaltungen im Jahr durchgeführt würden und daher Störungen nur für insgesamt etwa acht Nächte zu befürchten seien. Die Störungen seien auch nicht ortsüblich im Sinne des § 906 Abs. 2 668. wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Dazu bringt sie...

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