Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesamtschuldnerausgleich zwischen Architekt und Bauunternehmer bei Baumängeln

 

Leitsatz (amtlich)

Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Dabei kann sich die andere Bestimmung auch aus den Umständen ergeben. Bei einer Gesamtschuldnerschaft von Architekt und Bauhandwerker kommt es auf die jeweiligen Aufgaben- und Verantwortungsbereiche des Bauhandwerkers einerseits und des Architekten andererseits an. Ist der Baumangel auf einen Ausführungsfehler des Unternehmers zurückzuführen, den der Architekt im Rahmen seiner Bauaufsicht lediglich nicht erkannt hat, so ist davon auszugehen, dass den Unternehmer grundsätzlich die alleinige Haftung trifft. Bei Baumängeln kann der Unternehmer dem Architekten im Einzelfall nicht entgegenhalten, dass dieser ihn nicht genügend beaufsichtigt habe. Eine Ausnahme davon kann bei groben Überwachungspflichtverletzungen in Betracht kommen.

 

Normenkette

BGB §§ 254, 426 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 25.08.2005; Aktenzeichen 9 O 57/02)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Zweitbeklagten wird das Urteil der 9. Zivilkammer des LG Koblenz vom 25.8.2005 teilweise abgeändert, soweit es dessen Verurteilung betrifft. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Erstbeklagten und die Anschlussberufung der Klägerin werden zurückgewiesen.

II. Die Kosten werden wie folgt aufgeteilt:

1. Kosten des Verfahrens erster Instanz: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin und der Erstbeklagten haben die Klägerin 57 % und die Erstbeklagte 43 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Zweitbeklagten tragen die Klägerin und die Erstbeklagten als Gesamtschuldner.

2. Kosten des Verfahrens zweiter Instanz: Die Gerichtskosten hat die Erstbeklagte zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen diese 51,5 % selbst, 48,5 % die Erstbeklagte. Die außergerichtlichen Kosten des Zweitbeklagten hat die Erstbeklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die jeweils anderen Parteien durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn diese nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagten aufgrund von Baumängeln an den beiden dreigeschossigen Gebäudetrakten der Anlage "Wohnpark Sch." mit 11 Ladenlokalen und 61 Wohnungen in Schönebeck an der Elbe. Die Klägerin war Bauherrin des Objekts, die Erstbeklagte ist durch Schuldbeitritt neben dem Bauunternehmen Bau GmbH Sch. für die ordnungsgemäßen Werkleistungen verantwortlich. Der Zweitbeklagte war als Architekt, Statiker und - was umstritten ist - zumindest als Oberbauleiter in die Baumaßnahme einbezogen. Er hatte nach dem Vertragstext unter Reduzierung des Honoraranspruches nur die Oberbauleitung übernommen und diese an das Architekturbüro Seelbach und Partner übertragen. Den Bauwerkleistungen lag ein Vertrag zwischen der Klägerin und der Bau GmbH Schönebeck vom 6.5.1995 aufgrund der Ausschreibungsunterlagen zugrunde. Die Planungs- und Architektenleistungen an Gebäude und Außenanlagen sowie die Statik beruhten auf einem Architektenvertrag vom 9.2.1995 zwischen "der Klägerin" und dem Zweitbeklagten.

Nach Fertigstellung der Gebäude kam es in Wohnungen des jeweiligen Obergeschosses zu Wasserschäden. Die Klägerin ließ daraufhin ein selbständiges Beweisverfahren (9 OH 51/98 LG Koblenz) durchführen, in dem der Sachverständige Dipl. Ing. S. ein Gutachten erstellte. Dieser stellte u.a. Mängel der Gestaltung und der Wärmedämmung des Daches fest. Letztere wurden von der Klägerin durch Einschaltung des Dachdeckers G. M. mit einem Kostenaufwand von 164.747,83 DM durch Aufbringung einer weiteren Schicht Isoliermaterial über der bisherigen Dämmschicht abgedeckt. Außerdem entstanden Kosten für die Überwachung und Abnahme der Mängelbeseitigungsarbeiten durch den Sachverständigen i.H.v. 4.756 DM. Geltend gemacht wurden zudem Kosten für Notreparaturen an Regenrinnen i.H.v. 2.198,54 DM. Wegen der Wasserschäden entstand nach dem Vortrag der Klägerin ein Mietausfall durch Mietzinsminderungen, den die Klägerin i.H.v. 20 % des Mietzinses ggü. den Mietern akzeptiert hatte und auf 29.624,66 EUR beziffert hat. Neben den Mängeln, die zu Wasserschäden geführt hatten, beanstandete die Klägerin, dass in den Gebäuden falsche, von den Vorgaben der Ausschreibung abweichende Bodenfliesen jeweils im Bad und in der Küche der Wohnungen verlegt worden seien; insoweit hat sie 50.000 DM an weiterer Minderung geltend gemacht. Zudem waren Werksteinstufen angebracht worden, an denen sich später Risse zeigten; auch insoweit hat die Klägerin eine Minderung geltend gemacht, die sie auf nochmals 50.000 DM beziffert hat. Ferner hat sie den Ersatz von Kosten für 16 nicht angewachsene Bäume (4.800 DM) und die Anbringun...

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