Leitsatz (amtlich)
Zur Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers über einen im Nachlass verbliebenen Kommanditanteil einer Familienholding und zur Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments in einem solchen Fall.
Normenkette
BGB §§ 2084, 2203, 2205 S. 2, § 2208 Abs. 1 S. 2, § 2211 Abs. 1, § 2213 Abs. 1 S. 1; HGB §§ 161, 177
Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 08.05.2014; Aktenzeichen 3 O 71/13) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des LG Mainz vom 8.5.2014 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt,
1. aus dem Nachlass des K. S. (-8.6.2010) den Kommanditanteil in Höhe von 14.530,00 EUR an der K. und H. S. Vermögensverwaltung-GmbH & Co. KG mit Sitz in Ingelheim am Rhein (AG Mainz HR A 40574) einschließlich aller daraus resultierenden Rechte und Ansprüche, insbesondere aus den mit dem Kommanditanteil verbundenen Kapitalkonten, unter Berücksichtigung des bereits auf die Klägerin übergegangenen Kommanditanteils in Höhe von 2.542,75 EUR, an die Klägerin zu übertragen;
2. an die Klägerin 4.069,68 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.8.2013 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits im ersten und zweiten Rechtszug trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 v.H. des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin verfolgt gegenüber dem Beklagten, ihrem Bruder, als Testamentsvollstrecker nach ihrem vorverstorbenen Vater unter Berufung auf eine Teilungsanordnung im gemeinschaftlichen Testament der Eltern die weiter gehende Übertragung eines Kommanditanteils.
Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Nach den - wechselbezüglichen - Verfügungen der Eltern im gemeinschaftlichen notariellen Testament vom 13.12.2007 (Bl. 9 ff. GA) waren zu Erben nach dem Vater wie auch der Mutter berufen: die Klägerin und ihre Schwester als Töchter der Erblasser mit einem Anteil von jeweils 1,05/6; der Sohn und die Tochter des Beklagten als Enkel der Erblasser mit einem Anteil von jeweils 1,95/6 (Ziff. II.1. und III.1.); die Schwester der Klägerin war als nicht befreite Vorerbin berufen, als Nacherben waren die Enkel der Erblasser eingesetzt (Ziff. II. 2. und III. 2.). In der Urkunde heißt es - soweit hier von Interesse -:
IV. Anordnung Testamentsvollstreckung.
1. Wir beabsichtigen. unser Vermögen in die Karl und Hilda Struth Vermögensverwaltung GmbH & Co. KG. die am 07.12.2007 zu Urkunden des amtierenden Notars - UR. Nrn. 2610 und 2611/2007 - gegründet wurde. zu übertragen. Anschließend wollen wir unseren in diesem gemeinschaftlichen Testament zu Erben eingesetzten Kindern und Enkeln unter Lebenden Kommanditanteile schenken. Auf diese Weise wollen wir unser Vermögen in die nächste und übernächste Generation übertragen. Damit soll bereits zu unseren Lebzeiten die VermöSensnachfolge gesichert werden, ohne dass es zu einer Auseinandersetzung des Nachlasses und dadurch zur Zerschlagung von Vermägenswerten kommt.
Wir hoffen, dass die geplanten Übertragungen noch vollständig zu unseren Lebzeiten abgewickelt werden können. Für den Fall, dass dies nicht oder nur teilweise der Fall ist, bestimmt jeder von uns für seinen Nachlass Testamentsvollstreckung.
2. Alleinige Aufgabe des Testamentsvollstreckers ist es, alle Vermögenswerte, die sich im jeweiligen Nachlass befinden, an die am 07.12.2007 zu Urkunden des amtierenden Notars - UR. Nrn. 2610 und 2611/2007 - gegründeten Karl und Hilda Struth Vermögensverwaltung-GmbH & Co. KG zu übertragen und unseren Erben Kommanditbeteiligungen zu verschaffen. die ihren Erbquoten nach diesem gemeinschaftlichen Testament entsprechen.
(...)
4. Der Testamentsvollstrecker ist - soweit gesetzlich zulässig - von allen Beschränkungen befreit. Soweit zum Nachlass Vermögen in der Form von Beteiligungen an Personen- oder Kapitalgesellschaften besteht. hat der Testamentsvollstrecker alle Rechte der Erben in deren Vertretung auszuüben und die entsprechenden Pflichten zu erfüllen. Das gleiche gilt für die Verwaltung des Immobillenbeslandes und die Beteiligung an Immobilien
Soweit erforderlich, sind die Erben zur Vollmachtserteilung an den Testamentsvollstrecker verpflichtet.
Für den Fall, dass aufgrund der Rechtsprechung oder gesetzlicher Regelungen es notwendig sein sollte, bevollmächtigen wir jeweils hiermit den Testamentsvollstrecker, alle vermögensrechtlichen und mitgliedschaftlichen Rechte der Erben auf die Dauer der Testamentsvollstreckung auszuüben.
Die Erben haben alla Rechtshandlungen ggf. in notariell beurkundeter Form vorzunehmen, die erforderlich sind, damit der Testamentsvollstrecker die Erben vertreten kann.
(...)
In die K. und H. S. Vermögensverwaltung-GmbH & Co. KG (nachfolgend: KG) wurd...