Entscheidungsstichwort (Thema)
Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages
Leitsatz (redaktionell)
Zu den Voraussetzungen und Kriterien für die Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages und für die Anwendung der Härteklausel gem. § 1568 BGB.
Normenkette
BGB §§ 138, 1408
Verfahrensgang
AG Worms (Urteil vom 21.04.2004; Aktenzeichen 1 F 295/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des AG - FamG - Worms vom 21.4.2004 zu Ziff. 2 teilweise abgeändert und neu gefasst wie folgt:
Von dem Versicherungskonto Nr. ... des Antragstellers bei der D.-Rentenversicherung Bund werden auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin Nr. ... bei der D.-Rentenversicherung Bund Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 45,22 EUR monatlich, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30.9.2001 übertragen.
Der Monatsbetrag der übertragenen Anwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Zu Lasten der Anwartschaften des Antragsgegners bei der Bayerischen Versorgungskammer (Bayerische Apothekerversorgung) - Mitgliedsnummer ... - werden bei der Bayerischen Versorgungskammer (Bayerische Apothekerversorgung) im Wege der Realteilung für die Antragsgegnerin - Mitgliedsnummer ... - Anwartschaften i.H.v. 1.033,92 EUR begründet.
Die weiter gehende Berufung der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufungsinstanz tragen die Antragsgegnerin zu 70 % und der Antragsteller zu 30 %.
Die Kosten der ersten Instanz trägt der Antragsteller.
Gründe
Der Tatbestand entfällt gem. § 313a Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Die Berufung der Antragsgegnerin hat Erfolg, soweit sie mit ihr die uneingeschränkte Durchführung des Versorgungsausgleichs erreichen will, nicht jedoch, soweit sie sich gegen den Ehescheidungsausspruch wendet.
Die Parteien leben jetzt seit spätestens September 2000 getrennt. Gemäß § 1566 Abs. 2 BGB wird daher unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist. Hieran besteht auch aufgrund der Erklärungen des Antragstellers bei seiner Anhörung vor dem Senat kein Zweifel. Der Antragsteller, der nunmehr seit Jahren das Scheidungsverfahren betreibt, hat erklärt, dass er in jedem Falle geschieden werden wolle und er auch keine Aussicht mehr für eine Fortsetzung der Ehe sehe. Auch eine Eheberatung halte er nicht für erfolgversprechend.
Auch ein Härtegrund gem. § 1568 BGB ist nicht gegeben. Die Scheidung zum jetzigen Zeitpunkt würde für die Antragsgegnerin nicht aufgrund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen, dass die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint. Auch wenn man davon ausgeht, dass sich die Antragsgegnerin, die seit der Trennung allein im früher gemeinsam bewohnten Haus lebt, in keiner guten psychischen Verfassung befindet, sind die Voraussetzungen für die Anwendung des § 1568 BGB nicht gegeben. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragsgegnerin zurzeit akut selbstmordgefährdet ist. Angesichts des persönlichen Eindrucks, den der Senat von der Antragsgegnerin in den beiden Verhandlungsterminen gewonnen hat, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerin zurzeit nicht in der Lage ist, ihr Verhalten zu steuern (BGH v. 16.9.1981 - IVb ZR 606/80, MDR 1982, 215 = NJW 1981, 2808; FamRZ 1984, 560). Es liegen insoweit auch keine aktuellen Atteste vor, in denen eine mangelnde Steuerungsfähigkeit behauptet wird. Der letzte Klinikaufenthalt mit anschließender Psychotherapie ist für die Zeit nach dem 15.10.2001 vorgetragen worden. Die persönliche Situation der Antragsgegnerin ändert sich auch nicht durch die Aufrechterhaltung der Ehe. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Antragsteller nicht zu ihr zurückkehren wird. Der Senat hat der Antragsgegnerin seine Auffassung, dass die Härteklausel des § 1568 BGB nicht anzuwenden ist, bereits im Termin vom 25.1.2005 mitgeteilt. Die Antragsgegnerin konnte und musste sich hierauf einstellen. Dass sich ihre persönliche psychische Situation deswegen in den vergangenen zehn Monaten weiter verschlechtert hat, ist nicht vorgetragen worden.
Eine außergewöhnliche Härte i.S.d. § 1568 BGB für die Antragsgegnerin kann auch nicht mit ihrer finanziellen Situation begründet werden. Diese verbessert sich bereits durch die im vorliegenden Urteil getroffene Entscheidung zum Versorgungsausgleich, jedenfalls für die Zukunft. Die Lösung ihrer finanziellen Probleme muss anderen Verfahren vorbehalten bleiben, falls keine Einigung zwischen den Parteien erfolgt. Dass insoweit noch keine Regelung erfolgt ist, stellt keinen Grund für die Anwendung der Härteklausel des § 1568 BGB dar. Die Berufung der Antragsgegnerin gegen den in erster Instanz erfolgten Scheidungsausspruch ist daher zurückzuweisen.
Der Versorgungsausgleich ist uneingeschränkt durchzuführen. Der zwischen den Parteien am 30.10.1986 geschlossene Ehevertrag - URN. ... - des Notars ... ist gem. § 138 BGB sittenwidrig. Der Senat ist der Überzeugung, dass er unter Ausbeutung der damaligen Zwangslage der Antragsgegnerin und ihrer in dieser...