Normenkette
BGB § 839; GG Art. 34; StrG RP §§ 11-12, 48
Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 07.12.2011; Aktenzeichen 4 O 163/11) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Mainz vom 7.12.2011 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 927,93 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.3.2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Klägerin 25 %, der Beklagte 75 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten darum, ob das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin wegen Beschädigung ihres Firmenwagens beim Durchfahren eines Schlaglochs auf der L 493 in der Ortsdurchfahrt ... [Z] Schadensersatz i.H.v. 1.236,24 EUR zzgl. Zinsen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.
Das LG hat die Schadensersatzklage abgewiesen; auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils wird verwiesen.
In der Berufungsinstanz beantragt die Klägerin,
1. unter Aufhebung des Urteils des LG Mainz vom 7.12.2011 das beklagte Land zu verurteilen, an sie 1.237,24 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.3.2011 zu zahlen sowie
2. das beklagte Land weiter zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 156,50 EUR zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, wobei der Kostenbetrag für die Klägerin an deren Rechtsschutzversicherung ... [A]-Rechtsschutz Versicherung AG in ... [Y] zur Schadens-Nr. S-1 ...-... 6 zu zahlen ist.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst allen Anlagen Bezug genommen.
II. Der Klägerin steht gegen das beklagte Land gem. § 839 BGB, Art. 34 GG ein Schadenersatzanspruch i.H.v. 927,93 EUR zu.
Wie das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr ... [B] ergeben hat, befand sich am 21.12.2010 auf der ... [X] Straße in ... [Z], der Ortsdurchfahrt der L 439, auf der Höhe des Hauses Nr. 16 ein Schlagloch mit den Ausmaßen 1 m Länge, 30 cm Breite und 10 cm Tiefe. Diese Ausmaße hat der Sachverständige nachvollziehbar anhand der vom Geschäftsführer der Klägerin am Morgen des 22.12.2010 gefertigten Lichtbilder, einer Ortsbesichtigung und einer Auswertung des Straßenmaterials ermittelt. Der Sachverständige hat ferner festgestellt, dass dieses Schlagloch mit diesen Ausmaßen bereits über einen längeren Zeitraum, jedenfalls schon zum Zeitpunkt der letzten Kontrolle durch Mitarbeiter des beklagten Landes am 17.12.2010, bestanden haben muss.
Dadurch, dass es vor diesem Schlagloch weder gewarnt noch es hat ausbessern lassen, hat das beklagte Land gegen seine ihm nach §§ 11, 12, 48 LStrG obliegende Verkehrssicherungspflicht verstoßen.
Der Verkehrssicherungspflichtige einer Straße ist verpflichtet, den Verkehr auf der Straße, soweit dies mit zumutbaren Mitteln geschehen kann, möglichst gefahrlos zu gestalten, insbesondere die Verkehrsteilnehmer gegen sich aus der Beschaffenheit der Straße ergebende und nicht ohne weiteres erkennbare Gefahrenquellen zu sichern oder zumindest vor diesen zu warnen. Dabei wird der Umfang der Verkehrssicherungspflicht maßgebend durch Art und Häufigkeit der Benutzung der Straße und ihre Verkehrsbedeutung bestimmt. Der Verkehrssicherungspflichtige muss nur diejenigen Gefahren ausräumen oder vor ihnen warnen, die für einen Benutzer der Straße, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (vgl. OLG Celle, 8 U 199/06, NJW-RR 2007, 972). Da das Schlagloch, das wegen seiner beachtlichen Ausmaße, insbesondere der nur schwer erkennbaren Tiefe, für den Verkehr gerade in der Ortsdurchfahrt ... [Z] als gefährlich angesehen werden musste, schon über einen längeren Zeitraum, nämlich über ein Wartungsintervall des Beklagten hinaus, mindestens seit dem 17.12.2010 bestanden hat, und das beklagte Land weder ein Warnschild, noch eine Geschwindigkeitsreduzierung, noch eine Reparatur des Lochs veranlasst hatte, hat es seine Verkehrssicherungspflicht nach den obigen Kriterien verletzt.
Der weitere vom Senat beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. (FH)... [C] hat festgestellt, dass aufgrund der vorgegebenen Schlaglochabmessungen widerspruchsfrei nachvollziehbar sei, dass das rechte Vorderrad des klägerischen Pkw zunächst vollständig in das Schlagloch eingetaucht und beim Herausfahren aus dem scharfkantigen Schlagloch, das an der Vertiefung steiler aufeinander zulaufende Lochkanten aufweise, kurzfristig eingeklemmt worden sei. Dabei sei es zu dem Beschädigungsbild am Reifen und der Leichtmetallfelge des klägerischen Pkw gekommen. Der Sachverständige hat dies nachvollziehb...