Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung Vermächtnis - Teilungsanordnung - Auflage; Nutzungsrecht für Lebensgefährtin des Erblassers zu Lasten eines durch Vorausvermächtnis begünstigten Erben
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Vermächtnis liegt vor, wenn nach dem Willen des Erblassers der Begünstigte einen Vermögensvorteil gegenüber den übrigen Miterben erhalten soll. Nur wenn ein solcher Begünstigungswille fehlt, handelt es sich um eine bloße Teilungsanordnung.
2. Dass der durch Berliner Testament gebundene Erblasser den mit einem Vermächtnis bedachten und zugleich mit Vermächtnissen beschwerten Erben in einer späteren testamentarischen Anordnung ergänzend beschwert (hier: mit einem Wohnrecht zugunsten der Lebensgefährtin des Erblassers), schmälert die Ansprüche der übrigen Vermächtnisnehmer nicht, wenn ungeachtet der Unwirksamkeit der Wohnrechtsbestellung (§ 2271 BGB) auch keinerlei Anhalt für einen entsprechenden Willen des Testierenden besteht.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 1940, 2048, 2084, 2147, 2174, 2180, 2187, 2192, 2231, 2269, 2271
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 29.05.2013; Aktenzeichen 8 O 302/12) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Koblenz vom 29.5.2013 in Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels dahin geändert, dass der Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt wird, an die Klägerinnen als Einzelgläubiger jeweils 9.324,43 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.2.2012 sowie als Gesamtgläubiger weitere 833,88 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.8.2012 zu zahlen.
Insoweit wird dem Beklagten die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass des am 13.8.2011 verstorbenen Egon G. vorbehalten.
Von den Kosten des Rechtstreits tragen die Klägerinnen jeweils 1/40 und der Beklagte 19/20.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerinnen zu 1. und zu 2. sowie der Beklagte streiten über den Nachlass des gemeinsamen Vaters Egon G., der am 13.8.2011 verstarb. Egon G. hatte am 3.7.1998 - in insoweit autorisierter Änderung eines am 12.3.1984 mit seiner damaligen Ehefrau errichteten Berliner Testaments - seine fünf Kinder zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt. Dem Beklagten wandte er "im Voraus und ohne Anrechnung auf das Erbrecht" sein Hausanwesen samt Mobiliar und seinen Pkw zu. Dafür sollte der Beklagte an seine Geschwister sechs Monate nach Eintritt des Erbfalls jeweils 15.000 DM zahlen. Der Umfang dieser Verpflichtung sollte sich nach Maßgabe des Lebenshaltungsindex verändern. In einer weiteren letztwilligen Verfügung vom 15.3.2010 schränkte Egon G. die Berechtigung des Beklagten hinsichtlich des Hausinventars und des Fahrzeugs zugunsten einer seiner Töchter ein und begründete für seine Lebensgefährtin ein Wohnrecht an der Immobilie sowie deren Inventar.
Der Nachlass Egon G's erschöpfte sich in den vorgenannten Dingen und in einem Sparguthaben, das die Klägerinnen mit 2.040,19 EUR beziffert haben. Im vorliegenden Rechtsstreit haben sie davon jeweils 1/5 für sich reklamiert und den Beklagten außerdem - gestützt auf die testamentarische Regelung vom 3.7.1998, die als Aussetzung von Vermächtnissen zu ihren Gunsten zu begreifen sei - in Umrechnung und Anpassung des dort genannten Betrags von 15.000 DM jeweils auf 9.324,43 EUR in Anspruch genommen. Darüber hinaus haben sie vorgerichtliche Anwaltskosten von 833,88 EUR eingefordert.
Der Beklagte hat eingewandt, dass Egon G. am 3.7.1998 lediglich eine Teilungsanordnung getroffen oder allenfalls Auflagen gemacht habe. Im Übrigen sei der Nachlass überschuldet gewesen. Das mache ihm eine Leistung unmöglich.
Das LG hat den Beklagten unter dem Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung antragsgemäß verurteilt. Die gegen ihn geltend gemachten Ansprüche stünden in ihrer Höhe nicht in Frage.
Das greift der Beklagte mit der Berufung an und erstrebt die Abweisung der Klage. Er stellt Zahlungsansprüche der Klägerinnen in Abrede, da sie nur durch eine Auflage begünstigt worden seien. Zudem könne er frühestens dann zu Leistungen herangezogen werden, wenn das Wohnrecht für die Lebensgefährtin Egon G's erloschen sei. Dessen Wille sei dahin gegangen, ihn nur zu belasten, falls ihm das Hausanwesen uneingeschränkt zur Verfügung stehe. Demgegenüber verteidigen die Klägerinnen das angefochtene Urteil.
II. Das Rechtsmittel führt zur sachlichen Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung insoweit, als der Beklagte zur Auskehrung von jeweils 1/5 des im Nachlass befindlichen Sparkassenguthabens an die Klägerinnen verurteilt worden ist. Im Übrigen scheitert es.
1. Dem LG ist darin zu folgen, dass der Beklagte jeder der Klägerinnen auf der Grundlage des Testaments vom 3.7.1998 einen indexierten Betrag von 15.000 DM schuldet, der im Hinblick auf die zwischenzeitlich angestiegenen Lebenshaltungskosten jetzt unstreitig auf 9.324,43 EUR angewachsen ist. Zu Gunsten der Klägerinnen wurden insoweit anspruchsbegründende (§ 2174 B...