Leitsatz (amtlich)

Beziehen die AVB Wasser ein, das nicht nur "aus Rohren der Wasserversorgung", sondern auch "aus mit dem Rohrsystem verbundenen Einrichtungen" bestimmungswirig austritt, ist auch ein Wasseraustritt von Niederschlagswasser aus einem Regenfallrohr mit Flachdachanschluss versichert.

Beweislast dafür, dass Wasser insgesamt nicht "aus" sondern "an Einrichtung vorbei" ausgeflossen/gelaufen ist, beim Versicherer, wenn "Austreten" jedenfalls für Teil der Wassermenge gesichert ist.

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 03.02.2010; Aktenzeichen 16 O 207/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 16. Zivilkammer des LG Koblenz vom 3.2.2010 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern für das Schadensereignis vom 3.6.2008 am Objekt A. bedingungsgemäß Deckung aus dem Wohngebäudeversicherungsvertrag Nr.- 09.366.395498 zu gewähren.

Die Beklagte hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger begehren von der Beklagten Leistungen aus einem Vertrag über eine Wohngebäudeversicherung.

Die Kläger sind Eigentümer des Hausanwesens A., für das sie einen Wohngebäudeversicherungsvertrag bei der Beklagten unterhalten, dem die VGB 94 zugrunde liegen. Ferner besteht eine Elementarversicherung, der die BEW 94 zugrunde liegen. Im Versicherungsschein ist ferner vereinbart, dass abweichend von § 9 Nr. 4 lit. b VGB 94 im Rahmen der Leitungswasserdeckung sowie § 3 Nr. 2 lit. b BEW 94 im Rahmen der Überschwemmungsdeckung der Risikoausschluss gegen Rückstauschäden abbedungen ist.

Am 3.6.2008 kam es aufgrund starker Regenfälle zu Schäden an dem Gebäude, das mit einem Flachdach ausgestattet ist, welches durch einen Dachablauf entwässert wird. Der Dachablauf besteht mit einem Ober- und Unterteil aus zwei Teilen. Die Dachhaut ist an den Dachablauf herangeführt und wird mit einem Klemmflansch an den Topfrand des Dachablaufs fixiert. Dieser Klemmflansch war jedoch lose, so dass die Dachhaut unbefestigt auf dem Dachablauf lag und das Dach somit nicht mehr gegen Regen abdichten konnte. Bei den Regenfällen am 3.6.2008 gelangte Niederschlagswasser in die Folienfläche der Dachabdichtung und in die Innenwände des Anwesens. Die Beklagte ließ den Schaden vorgerichtlich durch den von ihr beauftragten Privatsachverständigen Dipl.-Ing. B. untersuchen und lehnte am 9.7.2008 ihre Einstandspflicht ab.

Die Kläger haben vorgetragen:

Der Schaden sei aufgrund von Rückstau von Niederschlagswasser eingetreten. Der Dachablauf habe die starken Niederschlagsmengen nicht abhalten können. Erschwerend sei hinzugekommen, dass die beiden Aufsätze des Dachablaufs nicht mehr fest miteinander verbunden gewesen seien. Niederschlagswasser habe somit in die Trennschichten und anschließend in das Gebäude fließen können. Für eine neue Bedachung liege ein Kostenvoranschlag über 10.656,99 EUR vor. Hierbei handele es sich um notwendige Reparaturen, da aufgrund des eingedrungenen Wassers die zuvor intakte Wärmeisolierung beschädigt worden sei. Der Kostenvoranschlag für die Innenräume belaufe sich auf insgesamt 8.750,44 EUR. Es liege keine Doppelberechnung vor, da es sich einerseits um Arbeiten an Decken und Böden und andererseits um Arbeiten an Wänden handele.

Nachdem die Kläger zunächst einen Leistungsantrag i.H.v. 19.407,43 EUR angekündigt hatten, haben sie schließlich beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Kläger, 5.000 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 3.9.2008 sowie 1.253,78 EUR außergerichtliche Anwaltskosten zu zahlen,

2. die Beklagte weiter zu verurteilen, ihnen für das Schadensereignis vom 3.6.2008 am Objekt A. bedingungsgemäß Deckung aus dem Wohngebäudeversicherungsvertrag Nr. 09.366.395498 zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen:

Aufgrund einer Sanierung vor sieben Jahren sei es zu baulichen Mängeln im Ablaufsystem des Hauses gekommen, wodurch das Wasser in das Gebäude habe eindringen können. Die unzureichende Abdichtfunktion sei der Auslöser dafür, dass sich auf dem Dach habe Wasser ansammeln und somit eine große Pfütze habe bilden können. Das Wasser sei am Ablauf vorbei in die Dachhaut eingedrungen. Ein Rückstau habe nicht vorgelegen.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung.

Die Kläger tragen vor:

Der Dachablauf habe am 3.6.2008 wegen der außergewöhnlich großen Niederschlagsmengen keine sofortige Ableitung der Wassermassen gewährleisten können, so dass es zu einem Rückstau und nur in dessen Folge zum Eintritt des Wassers unterhalb der Abdichtungsebene gekommen sei. Weiterhin s...

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