Leitsatz (amtlich)
1. Kommt es beim Kauf eines neuen Fahrzeugs zur Inzahlungnahme des reparaturbedürftigen Altfahrzeugs, stellt es den Regelfall dar, dass der Ankauf in dem Zustand erfolgt, in dem sich das Altfahrzeug zu diesem Zeitpunkt befindet.
2. Hatte der Käufer zuvor bereits einen Reparaturauftrag für sein Altfahrzeug erteilt, wird dieser gegenstandslos; soll der Reparaturauftrag fortbestehen, also der Käufer noch für die Kosten der Reparatur des bereits veräußerten Altfahrzeugs einstehen müssen, bedarf dies einer ausdrücklichen Regelung zwischen den Parteien, für welche die Verkäuferin darlegungs- und beweisbelastet ist.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 8 O 351/19) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 19.05.2021, Az.: 8 O 351/19, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Mit ihrer Klage macht die Klägerin Ansprüche aus einem mit dem Beklagten abgeschlossenen Reparaturauftrag hinsichtlich eines ehemals in seinem Eigentum stehenden Wohnmobils geltend. Der Reparaturauftrag datiert auf den 22.02.2017. Mit "Verbindlicher Bestellung" vom 19.04.2017 erwarb der Beklagte von der Klägerin ein neues Wohnmobil, wobei in der verbindlichen Bestellung die Inzahlungnahme des alten, zu diesem Zeitpunkt unfallbeschädigten Wohnmobils vereinbart wurde. Die Parteien streiten darüber, ob der Reparaturauftrag vom 22.02.2017 auch noch nach Abschluss der "Verbindlichen Bestellung" vom 19.04.2017 Fortgeltung haben sollte.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 20.635,93 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.03.2019 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Sachverhaltsdarstellung im Übrigen wird auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Mit seinem am 19.05.2021 verkündeten Urteil hat das Landgericht den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 20.635,93 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.03.2019 zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Beklagten sei es nicht gelungen zu beweisen, dass der zwischen den Parteien unstreitig abgeschlossene Vertrag über die Reparatur des alten Wohnmobils des Beklagten einvernehmlich aufgehoben worden sei. Auch habe der Abschluss des Kaufvertrages über das neue Wohnmobil ("Verbindliche Bestellung") mit der darin vereinbarten Inzahlungnahme des alten Wohnmobils nicht zum Fortfall des Reparaturauftrages geführt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung.
Der Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Koblenz vom 19.05.2021 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Senat hat den Beklagten persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen H.. Hinsichtlich des Beweisergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll vom 07.03.2022 Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache vollumfänglich Erfolg.
Nach Durchführung der Beweisaufnahme ist der Senat der Überzeugung, dass der Klägerin der mit der Klage geltend gemachte Anspruch aus dem Reparaturauftrag vom 22.02.2027 nicht zusteht.
Der Verurteilung des Beklagten durch das Landgericht liegt die Erwägung zugrunde, dass die Parteien drei selbständige, voneinander unabhängige Verträge (Reparaturauftrag, Kaufvertrag über das neue Wohnmobil, Ankauf des alten Wohnmobils) abgeschlossen haben und der Reparaturauftrag nicht durch den Abschluss des Kaufvertrages über das neue Wohnmobil gegenstandslos geworden ist. Dieser Erwägung folgt der Senat nicht.
Aufgrund der Besonderheiten des hier zu entscheidenden Einzelfalles (Kauf eines neuen Fahrzeuges unter Inzahlunggabe eines Altfahrzeugs bei bereits erteiltem Reparaturauftrag hinsichtlich des beschädigten Altfahrzeugs) erscheint es dem Senat nicht sachgerecht, die von dem Landgericht vorgenommene isolierte Betrachtung der zwischen den Parteien abgeschlossenen Verträge anzustellen. Vielmehr ist vorliegend von einem "einheitlichen Vertragsgebilde" auszugehen, wobei der von dem Beklagten ursprünglich erteilte Reparaturauftrag im Rahmen dieses einheitlichen "Vertragsgebildes" (Kauf des neuen Wohnmob...