Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Inzahlungnahmevereinbarung für ein finanziertes Altfahrzeug
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 670, 677, 683 S. 1, § 812 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 16.05.2022; Aktenzeichen 10 O 7/22) |
Tenor
1) Auf die Berufung des Beklagten wird das am 16. Mai 2022 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des Landgerichts Kiel abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
2) Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Beklagte gab gegenüber der Klägerin am 12. Oktober 2018 (Anlage K 1, Bl. 15 d.A.) eine von der Klägerin angenommene "verbindliche Bestellung" über einen gebrauchten Pkw vom Typ Renault KANGOO Grand zum Gesamtpreis von EUR 23.378,10 ab. Dort heißt es unter "Zahlungsweise und sonstige Vereinbarungen mit Vorrang vor den auf den Seiten 2 - 4 abgedruckten Geschäftsbedingungen":
"Finanzierung, Inzahlungnahme: 10.332,56 EUR".
Dies bezog sich auf das Altfahrzeug des Beklagten, einen PKW Renault TRAFIC Combi Grand Combi Authent nicht mitgeteilten Baujahrs und Laufleistung, der im Sicherungseigentum der X Bank stand, die den Fahrzeugkauf des Beklagten finanziert hatte. Dem Beklagten war daran gelegen, für das - ebenfalls zu finanzierende - neue Fahrzeug geringere Darlehensraten zu zahlen als für sein Altfahrzeug. In der Bestellung findet sich unter "Besondere Vereinbarungen" die Klausel:
"1. Bis zur Tilgung des gesamten Kaufpreises usw. bleibt das Fahrzeug Eigentum des Verkäufers. Sämtliche Vereinbarungen sind schriftlich niederzulegen. Dies gilt auch für Nebenabreden und die Zusicherungen sowie nachträgliche Vertragsänderungen. Die Verkaufsangestellten sind nur bei schriftlicher Ermächtigung zur Annahme von Zahlungen befugt. Der Kaufvertrag wird gemäß Abschnitt I. Ziff. 1 der auf den Seiten 2 - 4 dieser Bestellung abgedruckten Geschäftsbedingungen abgeschlossen."
Die X Bank hatte der Klägerin mit Schreiben vom 12. Oktober 2018 (Anlage K 2, Bl. 16 R der Akte) mit der Referenz "Vorzeitige Ablösung des Darlehens mit Folgegeschäft" mitgeteilt, dass sich die Ablösesumme für das bestehende Darlehen des Beklagten auf EUR 15.332,56 belaufe. Mit weiterem Schreiben vom 12. Oktober 2018 an die Klägerin (Anlagenkonvolut K 2, Bl. 16 der Akte) "Voranfrage: ... vom 12.10.2018/Genehmigungsfax - Exemplar nur für den Händler!" hatte die X Bank ihre Bereitschaft mitgeteilt, den Fahrzeugkauf des Klägers zu finanzieren. In dem Genehmigungsfax findet sich in der Auflistung für das Darlehensangebot (zur Ermittlung des Nettodarlehensbetrages) der Inzahlungnahmebetrag von EUR 10.332,56 als Abzugsposten vom Kaufpreis. In der Zeile darunter heißt es "+ Ablösesumme: 0,00 EUR".
Zusammen mit der "verbindlichen Bestellung" stellte der Beklagte unter dem 12. Oktober 2018 (Anlagenkonvolut K 2, Bl. 17 ff. der Akte) sodann zur Finanzierung des neuen Fahrzeugs bei der X Bank einen "Darlehensantrag" über einen Nennbetrag von EUR 13.045,54, zuzüglich Sollzinsen wobei es in dem - durch die Klägerin vermittelten - Darlehensantrag heißt: "Kaufpreis 23.378,10 - Anzahlung 10.332,56 = 13.045,54". Auch dort findet sich bei der zum Gesamtbetrag des Darlehens führenden Auflistung die Angabe des Kaufpreises abzgl. "Anzahlung" bei der Angabe "+ Ablösesumme" ein "-,-".
Der Beklagte leistete an die Klägerin den - durch die X Bank finanzierten - Kaufpreisanteil für den Renault KANGOO von EUR 13.045,54 und erhielt ausweislich der Rechnung vom 25. Oktober 2018 ("Liefer- und Re.-datum", Anlage K 1, Bl. 14 der Akte) das neu erworbene Fahrzeug. Die Klägerin übernahm das Altfahrzeug des Beklagten und löste im November 2018 den restlichen Darlehensbetrag für das in Zahlung genommene Fahrzeug in Höhe von EUR 15.332,56 bei der X Bank ab. Die X Bank wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 23. November 2018 (Anlage B 2 zur Klageerwiderung, Bl. 59 der Akte) an den Beklagten, in dem es heißt:
"die Ablösesumme für Ihren Darlehensvertrag ist bei uns eingegangen. Besten Dank dafür. Ihr Darlehen ist damit vollständig zurückgezahlt ... Ihren Kfz-Brief haben wir wunschgemäß verschickt an: Firma AH S. ... Damit ist unser Vertrag von beiden Seiten erfüllt ..."
Mit Schreiben vom 17. Juli 2019 (Anlage K 4, Bl. 21 der Akte) forderte die Klägerin den Beklagten auf, ihr den gezahlten Ablösebetrag bis zum 25. Juli 2019 zu erstatten. Zwei weitere Mahnschreiben sowie die Zahlungsaufforderung eines von der Klägerin beauftragten Inkassounternehmens vom 12. November 2019 (Anlage K 5, Bl. 22 der Akte) blieben erfolglos; der Beklagte ließ den Anspruch mit Anwaltsschreiben an das Inkassobüro vom 3. Dezember 2019 (Anlage B 1, Bl. 57 der Akte) zurückweisen. Die X Bank schrieb der Klägerin mit Schreiben vom 15. Juni 2021 (Anlage K 3, Bl. 20 der Akte):
"in der vor bezeichneten Angelegenheit bestätigen wir Ihnen hiermit, dass Sie den o.a. Darlehensvertrag am 21.11.2018 durch Zahlung von EUR 15.332,56 vollständig abgelöst haben. Diese Forderung ist...