Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff der medizinisch-notwendigen Heilbehandlung, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird in der Krankentagegeldversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine "medizinisch notwendige Heilbehandlung, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird", ist auch dann gegeben, wenn aus gutachterlicher Sicht der tatsächlich erfolgenden ambulanten - hier: psychiatrischen - Behandlung eine stationäre Behandlung vorzuziehen wäre.

2. Zu Inhalt und Grenzen von Auskunftsobliegenheiten des Versicherungsnehmers, insbesondere hinsichtlich Beibringung von Belegen und Auskünften des behandelnden Arztes.

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Entscheidung vom 06.05.2009; Aktenzeichen 16 O 288/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 6. Mai 2009 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus 840,00 € brutto seit dem 04.03.2008,

aus 1.680,00 € brutto seit dem 11.03.2008,

aus 2.520,00 € brutto seit dem 18.03.2008,

aus 3.360,00 € brutto seit dem 25.03.2008,

aus 4.200,00 € brutto seit dem 01.04.2008,

aus 5.040,00 € brutto seit dem 08.04.2008,

aus 5.880,00 € brutto seit dem 15.04.2008,

aus 6.740,00 € brutto seit dem 22.04.2008,

aus 7.560,00 € brutto seit dem 29.04.2008,

aus 8.400,00 € brutto seit dem 06.05.2008,

aus 9.240,00 € brutto seit dem 13.05.2008,

aus 10.080,00 € brutto seit dem 20.05.2008,

aus 10.920,00 € brutto seit dem 27.05.2008,

aus 11.760,00 € brutto seit dem 03.06.2008,

aus 12.000,00 € brutto seit dem 05.06.2008

sowie 837,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. September 2008 zu zahlen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten, bei der er eine Krankenversicherung und eine Krankentagegeldversicherung mit Vereinbarung der MB/KT 94 unterhält, bedingungsgemäße Krankentagegeldzahlungen in Höhe von 120 € kalendertäglich für den Zeitraum 23. Februar 2008 bis 1. Juni 2008.

Der Kläger ist angestellter Bankkaufmann bei einer Sparkasse. Aufgrund einer psychischen Erkrankung war der Kläger ab dem 18. Juni 2007 bis zum 22. Februar 2008 arbeitsunfähig. Er befand sich in dieser Zeit in ärztlicher Behandlung und erhielt von der Beklagten in wöchentlicher Auszahlung das vertraglich vereinbarte Krankentagegeld aufgrund der wöchentlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, obwohl der behandelnde Arzt Dr. F... die von der Beklagten erbetenen Auskünfte zur Behandlung nicht erteilte und sie dem Kläger dies auch mitteilte.

Die Beklagte ließ den Kläger am 24. Januar 2008 durch den von der Beklagten beauftragten Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Herrn I... H... P..., begutachten (Bl. 79 bis 86 d. A.). Dieser stellte fest, dass der Kläger weiterhin umfänglich arbeitsunfähig krank sei, das Krankheitsbild aber weiterhin behandelbar, mittelfristig von einer Remission auszugehen sei und deshalb keine Erwerbsunfähigkeit bestehe, hielt jedoch wegen der Länge und Schwere der Erkrankung eine stationäre Behandlung in einem Fachkrankenhaus für erforderlich und die bisher leitliniengerecht durchgeführte ambulante Behandlung für nicht mehr ausreichend; der Gutachter empfahl eine Nachuntersuchung in etwa sechs Wochen.

Mit Schreiben vom 11. Februar 2008 (Bl. 38 bis 39 d. A.) forderte die Beklagte von dem den Kläger behandelnden Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. F... Auskünfte zu den aktuellen Beschwerden und Untersuchungsergebnissen, zu den durchgeführten und geplanten Therapiemaßnahmen mit einer Aufstellung der einzelnen stattgefundenen Behandlungstage, zum Grad der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtlicher Beendigung, zur möglichen Arbeitsbelastung und zu eventuellen Begleiterkrankungen des Klägers an. Zugleich wies die Beklagte den Kläger auf seine Auskunftspflicht und die Folgen ihrer Verletzung sowie auf die erfolgte Anfrage bei Dr. F... hin (Bl. 122 d. A.).

Ab dem 23. Februar 2008 stellte die Beklagte ihre Leistungen ein, da eine weitere Bearbeitung vor Erhalt der angeforderten näheren Auskünfte von Dr. F... nicht möglich sei.

Die Anfrage vom 11. Februar 2008 beantwortete Dr. F... mit Schreiben vom 1. April 2008 (Bl. 40 bis 41 d. A.). Die Beklagte forderte sodann mit Schreiben vom 7. April 2008 Herrn Dr. F... - erfolglos - auf, die geforderte Behandlungsdokumentation mit Aufstellung der einzelnen Behandlungstage und jeweiliger Medikation vorzulegen, und teilte dies dem Kläger jeweils bei der wöchentlichen Vorlage der Bescheinigungen fortdauernder Arbeitsunfähigkeit mit (Bl. 42 bis 47 d. A.).

Die Beklagte verweigerte weitere Krankentagegeldleistungen, da mangels der angeforderten Behandlungsdokumentation die Leistungsvoraussetzung der ärztlichen Behandlung nicht nachgewiesen sei (Bl. 48 bis 51 d. A.).

Der Kläger nahm ab Ju...

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