Verfahrensgang

AG Westerburg (Entscheidung vom 20.03.2007; Aktenzeichen 41 F 313/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Westerburg vom 20.03.2007 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - Westerburg zurückverwiesen.

Gerichtskosten werden für die Berufungsinstanz nicht erhoben. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem Familiengericht vorbehalten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt mit dem am 12.05.2006 zugestellten Antrag die Scheidung der am 24.06.1977 geschlossenen Ehe der Parteien. Nachdem zunächst im ersten Termin vom 10.10.2006 auf übereinstimmenden Antrag das Ruhen des Verfahrens wegen Vergleichsverhandlungen über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung angeordnet worden war und in einem weiteren Termin vom 06.02.2007 der Antragsteller insoweit ein Vergleichsangebot unterbreitet hatte, hat die Antragsgegnerin im Folgetermin vom 20.03.2007 einen Antrag auf Teilzugewinnausgleich und Hausratsteilung gestellt. Beide Folgesachen hat das Familiengericht wegen unzumutbarer Härte aufgrund Zeitablaufs abgetrennt. Durch das angefochtene Urteil vom 20.03.2007 hat es die Ehe der Parteien nach § 628 S. 1 Nr. 4 ZPO vorab geschieden sowie den Versorgungsausgleich geregelt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin, die eine Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht zur Wiederherstellung des Scheidungsverbunds begehrt. Zur Begründung macht sie geltend, ihr stehe ein erheblicher Zugewinnausgleichsanspruch zu. Allein der Umstand, dass in diesem Zusammenhang außergerichtliche Vergleichsverhandlungen geführt würden, sei nicht ausreichend, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Abtrennung zu erfüllen.

Der Antragsteller hält entgegen, die Antragsgegnerin allein sei für die Verzögerung verantwortlich. Wären die zur Wertermittlung erforderlichen Gutachten bereits im April 2006 in Auftrag gegeben worden, hätte die Ehe schon im Oktober 2006 geschieden werden können. Die Parteien lebten bei Einreichung des Scheidungsantrags bereits fast vier Jahre getrennt und die Antragsgegnerin lebe seither mit einem anderen Partner zusammen, weshalb sie sich über die Durchführung des Scheidungsverfahrens einig gewesen seien.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Erklärungen der Parteien anlässlich der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstanden und hat in der Sache einen vorläufigen Erfolg.

Das Urteil vom 20.03.2007 kann keinen Bestand haben, weil es unter Verstoß gegen die zwingenden Vorschriften des Entscheidungsverbundes ergangen ist. Gibt das Familiengericht dem Scheidungsantrag vor der Entscheidung über eine Folgesache statt, ohne dass die Voraussetzungen des § 628 ZPO vorliegen, handelt es sich um ein unzulässiges Teilurteil, das nach § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO der Aufhebung unterliegt (Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber, Eherecht, 4. Aufl., § 628 ZPO Rdn. 14 m.w.N. und Zöller/Philippi, a.a.O., § 628 Rdn. 14 m.w.N.). Die Abtrennung schafft eine selbständige Beschwer. Das gilt auch dann, wenn - wie hier - die Abtrennung formell durch Beschluss in der mündlichen Verhandlung erfolgte, weil das Gesetz diese Verfahrensweise nicht vorsieht und lediglich unter den Voraussetzungen des § 628 ZPO eine Scheidung vor der Entscheidung über die Folgesachen ermöglicht (vgl. BGH, FamRZ 1996, 1070 und 1333).

Zwar hat die Antragsgegnerin, die lediglich Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Familiengericht begehrt, keinen Sachantrag im Sinne des § 520 Abs. 3 Nr. 1a ZPO gestellt. Jedoch ist davon auszugehen, dass der auf einen Verfahrensfehler des erstinstanzlichen Gerichts gestützte Antrag als Rechtsmittelziel die Weiterverfolgung des in der Vorinstanz gestellten Sachantrags enthält (allgem. Ansicht; vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 520, Rdn. 28 m.w.N.). In erster Instanz hatte die Antragsgegnerin sich zu Beginn der mündlichen Verhandlung zunächst dem Scheidungsbegehren des Antragstellers angeschlossen, dann aber der Abtrennung der anschließend anhängig gemachten Folgesachen widersprochen. Hieraus folgt, dass die Antragsgegnerin letztendlich nicht vor der Regelung der beiden Folgesachen geschieden werden will. Das ist als Rechtsmittelziel ausreichend, zumal die Verletzung der §§ 623, 628 ZPO auch dann gerügt werden kann, wenn die Partei in der Vorinstanz mit der Vorabscheidung einverstanden war (BGH, FamRZ 1991, 687; Zöller/Philippi, a.a.O., § 628, Rdn. 13).

Insoweit reicht es aus, dass die Anträge auf Zahlung von (Teil)Zugewinnausgleich und Hausratsteilung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung anhängig gemacht worden sind; das Gesetz verlang weder eine frühere Einführung in den Verbund, noch Herbeiführung der Rechtshängigkeit oder schlüssige Begründung (v...

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