Entscheidungsstichwort (Thema)
Anhängigkeit einer Folgesache bei Einreichung eines PKH-Antrages hierfür
Leitsatz (amtlich)
Bereits die Einreichung eines reinen Prozesskostenhilfeantrags für eine Folgesache führt zur Herbeiführung des Scheidungsverbundes; die Folgesache muss hierzu noch nicht als solche anhängig sein (Ankündigung einer Antragstellung "nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe").
Normenkette
ZPO §§ 114, 261, 623, 628
Verfahrensgang
AG Idar-Oberstein (Urteil vom 08.11.2007; Aktenzeichen 8 F 706/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des AG - FamG - Idar-Oberstein vom 8.11.2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG - FamG - Idar-Oberstein zurückverwiesen.
Gerichtskosten werden für die Berufungsinstanz nicht erhoben. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem FamG vorbehalten.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt die Scheidung der am 28.1.1988 geschlossenen Ehe der Parteien. Der Antragsteller ist Amerikaner und Angehöriger der US-Army, die Antragsgegnerin ist Deutsche und seit Anfang 2002 als Zivilangestellte bei der US-Army tätig. Aus der Ehe sind zwei, im Juni 1988 und im September 1991 geborene Kinder hervorgegangen. Bei Zustellung des Scheidungsantrags am 7.12.2005 war der Antragsteller in den Irak abkommandiert, hatte aber ebenso wie die Antragsgegnerin seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Inzwischen lebt der Antragsteller in den USA.
Im Verhandlungstermin vom 20.9.2006 vor dem FamG überreichte die Antragsgegnerin einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen Antrag auf Zahlung von Ehegattenunterhalt und Kindesunterhalt für die jüngste Tochter. Hierauf vertagte das FamG die Verhandlung mit dem Hinweis, neuer Termin werde nach Entscheidungsreife der Folgesache Unterhalt bestimmt.
Ohne Förderung der Folgesachen wurde für den 8.11.2007 neuer Termin anberaumt und die Ehe der Parteien gegen den Widerspruch der Antragsgegnerin unter Abtrennung der Folgesachen Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt durch Urteil vom gleichen Tag geschieden. Hierbei ging das FamG davon aus, dass die Parteien in der Ehezeit keine Rentenanwartschaften erworben hätten, weshalb im Tenor der Ausspruch erfolgte, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung begehrt die Antragsgegnerin Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FamG zur Wiederherstellung des Scheidungsverbunds. Sie macht geltend, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Abtrennung der Folgesachen vom Scheidungsverbund nicht vorlägen. Zudem sei die Entscheidung zum Versorgungsausgleich falsch, weil beide Parteien in der Ehe Versorgungsanwartschaften erworben hätten, die allerdings nicht öffentlich-rechtlich ausgeglichen werden könnten, sondern vor einem amerikanischen Gericht geklärt werden müssten.
Der Antragsteller verweist darauf, dass die Folgesachen zum Unterhalt nur im Prozesskostenhilfeverfahren anhängig seien und die Antragstellerin versuche, das Verfahren zu verzögern.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Erklärungen der Parteien anlässlich der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
II. Die Berufung ist in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstanden und hat in der Sache einen vorläufigen Erfolg.
Zu Recht hat das FamG allerdings seine internationale Zuständigkeit angenommen, weil beide Parteien bei Zustellung des Scheidungsantrags ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten. Dies folgt aus Art. 3 Abs. 1 der EG Verordnung Nr. 2201/2003 (Brüssel IIa), der als supranationale Regelung auch für Nicht-EU-Ausländer gilt (vgl. Rausch in Handbuch Fachanwalt Familienrecht, 6. Aufl., 15. Kap., Rz. 39). Die Anwendbarkeit deutschen Rechts beruht auf Art. 17 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Art. 14 I Nr. 2 EGBGB.
Das Urteil vom 8.11.2007 kann aber keinen Bestand haben, weil es unter Verstoß gegen die zwingenden Vorschriften des Entscheidungsverbundes ergangen ist. Gibt das FamG dem Scheidungsantrag vor der Entscheidung über eine Folgesache statt, ohne dass die Voraussetzungen des § 628 ZPO vorliegen, handelt es sich um ein unzulässiges Teilurteil, das nach § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO der Aufhebung unterliegt (Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber, Eherecht, 4. Aufl., § 628 ZPO Rz. 14 m.w.N. und Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 628 Rz. 14 m.w.N.). Die Abtrennung schafft eine selbständige Beschwer.
Zwar hat die Antragsgegnerin, die lediglich Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FamG begehrt, keinen Sachantrag i.S.d. § 520 Abs. 3 Nr. 1a ZPO gestellt. Jedoch ist davon auszugehen, dass der auf einen Verfahrensfehler des erstinstanzlichen Gerichts gestützte Antrag als Rechtsmittelziel die Weiterverfolgung des in der Vorinstanz gestellten Sachantrags enthält (allgem. Ansicht; vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., § 520 Rz. 28 m.w.N.). In erster Instanz hatte die ...