Leitsatz
Kernproblem des Falles war die Frage, ob ein isolierter Antrag auf Prozesskostenhilfe für Anträge in Scheidungsfolgesachen ausreicht, um einen Scheidungsverbund gemäß § 623 ZPO herbeiführen zu können, wenn die entsprechende Antragstellung nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe angekündigt wird.
Sachverhalt
Zwischen den Parteien war das Ehescheidungsverfahren seit Dezember 2005 rechtshängig. Im ersten Verhandlungstermin am 20.9.2006 vor dem FamG überreichte die Antragsgegnerin einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen Antrag auf Zahlung von Ehegattenunterhalt und Kindesunterhalt für die jüngste Tochter der Parteien. Hierauf vertagte das FamG die Verhandlung unter Hinweis darauf, neuer Termin werde nach Entscheidungsreife in der Folgesache Unterhalt bestimmt werden.
Ohne Förderung der Folgesachen wurde für den 8.11.2007 neuer Termin anberaumt und die Ehe der Parteien gegen den Widerspruch der Antragsgegnerin unter Abtrennung der Folgesachen Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt durch Urteil vom gleichen Tag geschieden. Über den PKH-Antrag für die Folgesachen wurde nicht entschieden.
Gegen das Urteil des FamG legte die Antragsgegnerin Berufung ein und machte geltend, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Abtrennung der Folgesachen vom Scheidungsverbund nicht vorgelegen hätten. Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin hatte in der Sache einen vorläufigen Erfolg.
Entscheidung
Das OLG hob das erstinstanzliche Urteil auf, weil es unter Verstoß gegen die zwingenden Vorschriften des Ehescheidungsverbundes ergangen sei. Zur Herbeiführung des Scheidungsverbundes reiche es aus, dass die Anträge auf Zahlung von Ehegatten- und Kindesunterhalt bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz anhängig gemacht worden seien. Das Gesetz verlange weder eine Rechtshängigkeit noch eine schlüssige Begründung (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., § 628 Rz. 28; Sedemund-Treiber, a.a.O., § 623 Rz. 10; OLG Koblenz - 13. OLG Koblenz FamRZ 2004, 551 u.a.m.). Die Voraussetzungen zur Herbeiführung des Scheidungsverbundes seien im vorliegenden Fall erfüllt.
Zwar habe die Antragsgegnerin nicht die Folgesachenanträge als solche anhängig gemacht, sondern nur einen Prozesskostenhilfeantrag und ausdrücklich angekündigt, erst nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Verurteilung des Antragsteller zu Unterhaltszahlungen beantragen zu wollen. Hierzu sei es bislang nicht gekommen. Ob bereits ein isolierter PKH-Antrag zur Herstellung des Scheidungsverbundes ausreiche, sei in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Überwiegend werde angenommen, dass bereits ein Prozesskostenhilfeantrag zur Herstellung des Scheidungsverbundes führe, nach anderer Auffassung müsse der Folgesachenantrag als solcher anhängig gemacht sein. Der BGH habe sich zu dieser Frage bislang nicht geäußert.
Das OLG schloss sich der überwiegenden Ansicht an, wonach die Einreichung eines Prozesskostenhilfeantrages zur Herstellung des Ehescheidungsverbundes ausreiche. Grundgedanke des § 623 ZPO sei es, dass zugleich mit der Scheidung die wichtigsten Scheidungsfolgen geregelt würden, um den Ehegatten vor Augen zu führen, welche Auswirkungen ihre Scheidung haben werde und zugleich den sozial schwächeren Ehegatten zu schützen. Dem sei nur dadurch gerecht zu werden, dass bereits die Anhängigkeit eines Prozesskostenhilfeantrages zur Herbeiführung des Verbundes ausreiche.
Danach hätte das FamG nur unter den Voraussetzungen des § 628 ZPO ohne Regelung der Unterhaltsansprüche vorab entscheiden dürfen. Zwar sei eine außergewöhnliche Verfahrensverzögerung gegeben. Es fehle aber an der unzumutbaren Härte. Die bloße Tatsache, dass der andere Ehepartner mit einem neuen Lebensgefährten zusammenlebe, reiche hierfür nicht aus. Außerdem sei es ihm unbenommen gewesen, eine gerichtliche Klärung der Angelegenheit durch Abgabe einer Stellungnahme zum Prozesskostenhilfeantrag zu fördern. Eine solche Stellungnahme sei nicht erfolgt.
Hinweis
Unstreitig ist der Ehescheidungsverbund hergestellt, wenn ein Folgesachenantrag ohne PKH-Antrag anhängig gemacht wird. Der Verbund kann dann nur über §§ 623 oder 628 ZPO aufgelöst werden. Streitig und höchst richterlich bislang nicht entschieden ist die Frage, ob allein die Einreichung eines PKH-Antrages für eine Folgesache zur Herstellung des Ehescheidungsverbundes ausreicht. Im Hinblick auf diese bislang höchst richterlich nicht entschiedene Frage ist zu empfehlen, eine Folgesache unbedingt anhängig zu machen und sich nicht auch einen PKH-Antrag hierfür zu beschränken.
Link zur Entscheidung
OLG Koblenz, Urteil vom 29.05.2008, 7 UF 812/07