Leitsatz (amtlich)

Dem bloßen Bestreiten des Inhalts des Operationsberichts ist weder ein schlüssiger Behandlungsfehlervorwurf zu entnehmen noch lassen sich allein hieraus Anhaltspunkte für beweisrechtliche Konsequenzen zu Gunsten des Patienten ableiten.

Die Bewertung, ob ein bestimmtes Vorgehen dem fachmedizinischen Standard entspricht, ist unter Hinzuziehung eines medizinischen Sachverständigen und nicht im Wege des Zeugenbeweises zu klären.

Bei der Würdigung zum Inhalt eines Aufklärungsgesprächs kann zu berücksichtigen sein, dass ein Arzt insbesondere für häufige Eingriffe routinierte Abläufe entwickeln und daher seine Aufklärungsübung schildern kann, während die Erinnerung des Patienten an das Aufklärungsgespräch in Anbetracht des meist erheblichen Zeitabstands und der nicht seltenen Aufregung während und im Vorfeld medizinischer Behandlungsmaßnahmen häufig getrübt ist.

Zur Berücksichtigung nachträglicher Ergänzungen auf dem Aufklärungsbogen bei der Beweiswürdigung zum Inhalt des Aufklärungsgesprächs.

 

Verfahrensgang

LG Bad Kreuznach (Aktenzeichen 2 O 304/15)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 14. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages, soweit nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt materiellen und immateriellen Schadensersatz nach einer Schulteroperation.

Im Januar 2013 stellte sich die Klägerin in der Praxis der Beklagten vor. Sie teilte mit, seit sechs bis neun Monaten an Schmerzen und Einschränkungen der Beweglichkeit in der rechten Schulter zu leiden. Daraufhin wurde eine Überweisung zur Durchführung einer MRT-Untersuchung ausgestellt. Diese erfolgte am 7. Februar 2013. Als Diagnose ergab sich ein Impingement-Syndrom der rechten Schulter nebst ACG-Arthrose. Daraufhin suchte die Klägerin am 13. Februar 2013 erneut den Beklagten auf. Dieser empfahl einen operativen Eingriff und vereinbarte mit der Klägerin einen Operationstermin. Am 28. Februar 2013 führte der Beklagte den Eingriff ambulant in seiner Praxis durch. Postoperativ äußerte die Klägerin weiterhin Schmerzen, die vom Beklagten zunächst weiterhin symptomatisch behandelt wurden. Im November 2013 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, eine Revisionsoperation durch einen anderen Arzt vornehmen zu lassen. In die weitere Behandlung war der Beklagte nicht eingebunden.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zur Begründung ihres auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in einer Mindesthöhe von 15.000 EUR, materiellen Schadensersatz in Höhe von 7.875,34 EUR, Feststellung der Einstandspflicht für jedwede weiteren materiellen und immateriellen Schäden sowie Erstattung der vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.033 EUR gerichteten Begehrens vorgetragen, der operative Eingriff sei zum damaligen Zeitpunkt zumindest nicht die einzige Behandlungsmöglichkeit gewesen. Es hätte auch eine konservative Behandlung eingeleitet werden können. Der Eingriff sei auch fehlerhaft durchgeführt worden. Der Beklagte habe die Schulterenge sowie die Knochenanbauten nicht beseitigt. Auch sei er dafür verantwortlich, dass sich bei der postoperativ vorgenommenen MRT-Untersuchung Metallartefakte gezeigt hätten. Die unzulängliche Durchführung der Operation habe den Revisionseingriff erfordert. Zudem habe der Beklagte sie unzureichend aufgeklärt. Es fehle an einer hinreichenden Aufklärung über die Behandlungsrisiken. Die im von ihr unterzeichneten Aufklärungsbogen handschriftlich niedergelegten Gesprächsinhalte seien erst nach ihrer Unterzeichnung der Einwilligungserklärung eingetragen worden. Aufgrund der Möglichkeit einer konservativen Behandlung sei auch eine entsprechende Aufklärung über diese Alternative erforderlich gewesen.

Der Beklagte hat dem entgegengehalten, er habe die Klägerin umfassend über den Eingriff aufgeklärt. Es könne sein, dass er die Inhalte des Aufklärungsgesprächs nachträglich ergänzt habe. Eine nachträgliche Ergänzung nehme er vor, wenn er nach Rückgabe des Aufklärungsbogens durch den Patienten feststelle, dass die Gesprächsthemen nicht vollständig verzeichnet seien.

Hinsichtlich der erstinstanzlich gestellten Anträge sowie des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 14. Dezember 2016 (Bl. 190 ff. GA) verwiesen.

Das sachverständig beratene Landgericht hat die Klage nach Anhörung der Parteien zum Aufklärungsgespräch abgewiesen. Von einem Behandlungsfehler könne nicht ausgegangen werden. Aufgrund der Beschwerden über mehr als ein halbes Jahr hinweg sei der operative Eingriff medizinisch indiziert gewesen. Eine fehlerhafte Durchführung könne nicht festgeste...

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