Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsanspruch gegen Detektei nach Observationsmaßnahme
Normenkette
BGB § 242
Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Urteil vom 28.07.2006; Aktenzeichen 2 O 432/05) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Bad Kreuznach vom 28.7.2006 teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, diejenige Person mit vollständiger Anschrift zu benennen, in deren Auftrag die Beklagte im Jahre 2004 die Überwachung des Klägers durchgeführt hat und insb. am 11.11.2004 gegen 2.00 Uhr in Idar-Oberstein ein GPS-Ortungsgerät in den Pkw des Klägers Mercedes-Benz (amtliches Kennzeichen: ...) eingebaut hat.
2. Die Kosten des Rechtsstreits im ersten und zweiten Rechtszug trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger, ein Schmuckhändler, macht gegen die Beklagte, Inhaberin einer Detektei, Ansprüche wegen eines am 11.11.2004 in Idar-Oberstein gegen 2.00 Uhr an seinem Fahrzeug angebrachten und noch am selben Tage entdeckten GPS-Ortungsgeräts geltend; u.a. verlangt er die Benennung des Auftraggebers der Überwachungsmaßnahme.
Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1. Satz 1 ZPO).
Der im Ermittlungsverfahren als Zeuge vernommene Ehemann der Beklagten und Mitarbeiter der Detektei hat wie folgt ausgesagt (Bl. 75 der Strafakte):
"Unsere Firma hatte damals einen Überwachungsauftrag und nachdem andere Methoden erfolglos waren, haben wir uns entschlossen, ein GPS-Gerät einzubauen. Nach Rücksprache mit unserem Auftraggeber hat dann ein freier Mitarbeiter von uns das Gerät eingebaut. (...)"
Das LG hat mit Urteil vom 28.7.2006 der - teilweise übereinstimmend für erledigt erklärten (Freistellungsanspruch) - Klage überwiegend stattgegeben; das Auskunftsverlangen und den hierauf bezogenen (Teil-)Betrag der vorprozessualen Rechtsanwaltskosten hat es abgewiesen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger den Auskunftsanspruch weiter. Er entnimmt der Aussage des Ehemannes der Beklagten im Ermittlungsverfahren konkrete Anhaltspunkte für einen rechtswidrigen Eingriff insb. in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht, an dem der unbekannte Auftraggeber als Mittäter beteiligt gewesen sei. Im Hinblick auf den insofern fortdauernden Störungszustand bestehe ein Beseitigungs- sowie Unterlassungsanspruch, zu deren Durchsetzung er - der Kläger - zwingend auf die begehrte Auskunft angewiesen sei.
Der Kläger beantragt, das Urteil des LG Bad Kreuznach vom 28.7.2006 abzuändern und die Beklagte weiter zu verurteilen, diejenige Person mit vollständiger Anschrift zu benennen, in deren Auftrag die Beklagte im Jahre 2004 die Überwachung des Klägers durchgeführt hat und insbesondere am 11.11.2004 gegen 2.00 Uhr in Idar-Oberstein ein GPS-Ortungsgerät in den Pkw des Klägers Mercedes-Benz (amtliches Kennzeichen: ...) eingebaut hat.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil und wendet sich gegen das vom Kläger dargestellte "Bedrohungsszenario".
II. Die - zulässige - Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
Der Kläger kann von der Beklagten die begehrte Auskunft über die Identität des Auftraggebers der im Jahre 2004 durchgeführten Observation verlangen.
Im Rahmen einer Rechtsbeziehung kann - wovon zutreffend im Ausgangspunkt auch das LG ausgeht - ausnahmsweise nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine ergänzende Auskunftspflicht entstehen, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang eines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die erforderliche Auskunft unschwer geben kann (vgl. etwa BGH NJW 2002, 2471 [2476]). Das Auskunftsverlangen kann sich dabei auch auf die Vorbereitung und die Durchsetzung eines Rechts gegen einen Dritten beziehen (sog. Drittauskunft; vgl. BGH NJW 1994, 1958 [1959 f.]; 1995, 1965 [1966]; Grüneberg in: Bamberger/Roth, BGB, 1. Aufl. 2003, § 260 Rz. 11).
1. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass das Detektivbüro der Beklagten ausgelöst durch den Auftrag eines bis heute unbekannten Dritten die verdeckte Überwachung des Klägers durchgeführt und schließlich am 11.11.2004 ein GPS-Ortungsgerät in dessen Wagen eingebaut hat. Hierin lag nicht nur eine Verletzung des Eigentums- oder wenigstens Besitzrechts des Klägers, sondern über die Bewertung des LG hinausgehend auch ein - rechtswidriger - Eingriff in das grundrechtlich geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Abs. 1 GG; Art. 4a Abs. 1 Satz 1 LV) als Ausfluss des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das im Bereich des Privatrechts als sonstiges Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB geschützt ist. Die systematische Observation einer Person zum Zwecke einer gleichsam lückenlosen "Durchleuchtung" ihrer (öffentlichen) Lebensumstände" betrifft zwar nicht den unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung (BVerfG NJW 2005, 1338 [1340]), beeinträchtigt gleichwohl aber den Schutzbereich...