Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 16.02.1998; Aktenzeichen 5 O 268/97)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 16. Februar 1998 verkündete Urteil des Landgerichts Koblenz wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I. Gegenstand des Prozessverfahrens sind Ansprüche der Klägerin auf Erstattung von Arbeitslosengeld sowie gezahlter Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, Rentenversicherung und Pflichtversicherung in Höhe von insgesamt 22.514,90 DM.

Am 23. März 1993 wurde der damalige Mitarbeiter der Firma N. K. N. auf dem Betriebsgelände seines Arbeitgebers von dem Fahrer eines Fahrzeugs der Beklagten angefahren. Durch den Unfall erlitt N. unter anderem einen Bruch der Basis des 5. Mittelhandknochen rechts. Aufgrund der Verletzungen war er über Monate hinweg arbeitsunfähig erkrankt. Nach Abschluss der medizinischen Reha-Maßnahmen gelangte der Arbeitsamtsarzt M. in seinem ärztlichen Gutachten vom 4. November 1993 zu der Einschätzung, an eine Wiederaufnahme der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Staplerfahrer und Lagerarbeiter sei bei dem Geschädigten wegen der eingeschränkten manuellen Funktionsfähigkeit der rechten Hand derzeit „nicht zu denken”.

Die Firma N. hatte bereits zuvor durch Schreiben vom 6. August 1993 das Arbeitsverhältnis zu dem Geschädigten gekündigt und zur Begründung in einem Schreiben vom 18. August 1995 an die Beklagte unter anderem darauf hingewiesen, mit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit sei offenbar nicht mehr zu rechnen. Aus betrieblichen Gründen sei eine Neubesetzung der Stelle erforderlich; demgegenüber könne eine Umsetzung des Geschädigten auf einen anderen Arbeitsplatz innerhalb des Betriebes wegen der fehlenden beruflichen Qualifikationen des Verletzten nicht erfolgen. Nach anwaltlicher Beratung sah der Geschädigte N. seinerzeit davon ab, gegen die Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht zu erheben.

Der Geschädigte erhielt für die Zeit vom 20. September 1993 bis 30. März 1994 von der Holzberufsgenossenschaft eine Erwerbsunfähigkeitsrente in Form einer Gesamtvergütung. Am 21. Februar 1994 meldete er sich arbeitslos und erhielt sodann ein Jahr lang Arbeitslosengeld, bevor für ihn eine andere Arbeitsstelle gefunden wurde. Die von der Klägerin in der Zeit zwischen dem 2. Februar 1994 und dem 2. Februar 1995 erbrachten Zahlungen sind Gegenstand der Klage.

Die Beklagte hat die Bezahlung der geltend gemachten Erstattungsansprüche mit der Begründung verweigert, der Geschädigte N. habe gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen. Er habe es nämlich schuldhaft versäumt, gegen die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Firma N. mit einer Kündigungsschutzklage vorzugehen, obgleich diese erfolgsversprechend gewesen sei. Dem Geschädigten N. sei es auch anzulasten, dass er sich nicht selbst unmittelbar nach der erfolgten Kündigung des Arbeitsverhältnisses um einen neuen leidensgerechten Arbeitsplatz bemüht habe. Diese Versäumnisse des Geschädigten müsse sich die Klägerin zurechnen lassen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, es sei nicht davon auszugehen, dass eine Kündigungsschutzklage des Geschädigten N. hinreichende Erfolgsaussichten gehabt hätte. Aufgrund des ärztlichen Gutachtens vom 4. November 1993 sei seinerzeit nämlich die Prognose gerechtfertigt gewesen, dass der Geschädigte N. künftig nicht mehr in der Lage sein würde, die konkrete Tätigkeit als Lagerist und Staplerfahrer wieder aufzunehmen. Es seien auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür erkennbar gewesen, dass die Kündigung sozialwidrig gewesen sei. Schließlich habe der Geschädigte auch darauf vertrauen dürfen dass die von ihm eingeschalteten Rechtsanwälte die Erfolgeaussichten einer Kündigungsschutzklage sorgfältig prüfen würden. Im Übrigen sei es dem Unfallverletzten auch nicht anzulasten, dass er sich erst vier Monate nach der kündigung seines Arbeitsverhältisses beim Arbeitsamt arbeitlos gemeldet habe.

 

Entscheidungsgründe

II. Die gegen das Urteil des Landgerichts eingelegte Berufung, mit der die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage erstrebt, ist zulässig; in der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen erfolg.

Die von dem der Klägerin geltend gemachten Erstattungsansprüche ergeben sich aus § 127 AFG i.V.m. §§ 116 SGB X, 7 StVG, 823 f, 249 f BGB. Demgegenüber macht die Beklagte ohne Erfolg geltend, die Erstattungsansprüche seien deshalb nicht begründet, weil der Geschädigte N. gegen die ihm gemäß § 254 BGB obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen habe und die Klägerin sich dies zurechnen lassen müsse.

1. Dem Geschädigten N. bzw. der Klägerin kann nicht angelastet werden, dass gegen die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Firma N. eine Kündigungsschutzklage nicht erhoben wurde. Zwar kann die Schadensminderungspflicht dem Geschädigten im Einzelfall den Gebrauch von Rechtsmitteln gebieten. U...

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