Leitsatz (amtlich)
›1. Der Versicherungsagent hat als "Auge und Ohr" des Versicherers über den Wortlaut des § 43 Nr 1 und Nr 2 VVG hinaus zwar eine Empfangsvollmacht für vorvertragliche - auch mündliche - Anzeigen des Versicherungsnehmers mit der Folge, dass alles, was der Versicherungsagent bei Antragsaufnahme vom Versicherungsnehmer oder einem Dritten mitgeteilt bekommt, auch zur Kenntnis des Versicherers gelangt. Ein lediglich privates Wissen des Versicherungsagenten von Gefahrumständen - ohne entsprechende Anzeigen/Mitteilungen des Versicherungsnehmers bei Antragsaufnahme - genügt allerdings noch nicht, um eine Erfüllung der Anzeigeobliegenheit des Versicherungsnehmers (§ 16 Abs. 1 S. 1 VVG und eine Wissenszurechnung zu Lasten des Versicherers (§§ 16 Abs. 3, 17 Abs. 2 VVG) annehmen zu können (im Anschluss an BGH VersR 1990, 150).
2. Hat der Versicherungsagent private Kenntnis von nicht angezeigten Gefahrumständen und leitet er in Kenntnis dieser Tatsache den inhaltlich unrichtigen Versicherungsantrag an den Versicherer weiter, kann daraus im Einzelfall ein dem Versicherer ebenfalls nicht zuzurechnendes kollusives Zusammenwirken zwischen Versicherungsagent und Versicherungsnehmer folgen.‹
Verfahrensgang
LG Trier (Aktenzeichen 4 O 300/98) |
Gründe
Die Berufung ist unbegründet.
Das Landgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Der Kläger hat als Bezugsberechtigter keinen Anspruch auf Leistungen aus der von seiner verstorbenen Ehefrau (Versicherungsnehmerin) geschlossenen Lebensversicherung, denn die Beklagte ist nach berechtigtem Rücktritt von dem Lebensversicherungsvertrag infolge Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht leistungsfrei geworden (§§ 16, 17, 20, 21 VVG).
1. Die vor dem Senat durchgeführte Beweisaufnahme hat zu dem Ergebnis geführt, dass die verstorbene Versicherungsnehmerin bei Aufnahme des Versicherungsantrages vom 24.01.1997 (Bl. 5 bis 6) ihre vorvertragliche Anzeigepflicht zu den jeweils mit "nein" angekreuzten Gesundheitsfragen verletzt hat (§§ 16 Abs. 1, 17 Abs. 1 VVG).
Die Versicherungsnehmerin litt unstreitig zumindest seit Juli 1995 unter ärztlich behandeltem Bluthochdruck und sie erhielt hierfür laufende Medikamente verordnet; darüber hinaus sind ihre Angaben über Körpergröße (160 cm) und Körpergewicht (50 kg) falsch, denn die Versicherungsnehmerin ist wesentlich kleiner gewesen und sie hatte auch ein höheres Gewicht gehabt. Wie aus den vom Senat für glaubhaft erachteten Bekundungen des Versicherungsagenten K....., der seine bereits urkundlich belegte frühere Stellungnahme vom 02.05.1998 (Bl. 50 bis 52) gegenüber der Beklagten im Wesentlichen bestätigt hat, folgt, ist der zeuge bei Antragsaufnahme die Formularfragen im Einzelnen durchgegangen und er hat den Antrag entsprechend den mündlichen Angaben der Versicherungsnehmerin ausgefüllt. Er hat ihr sodann das ausgefüllte (aber noch nicht unterschriebene) Formular wunschgemäß zunächst überlassen, damit sie vor ihrer Unterschrift nochmals eine Nacht darüber schlagen könne, und er hat am folgenden Tag das nunmehr von der Versicherungsnehmerin unterschriebene Antragsformular abgeholt und an die Beklagte weitergeleitet.
Damit ist erwiesen, dass die Versicherungsnehmerin Kenntnis von den einzelnen Fragen aus dem Antragsformular erlangt und sie die erfragten Tatsachen - mündlich sowie schriftlich - unrichtig beantwortet hatte. Der Senat kann demgemäß nicht feststellen, dass die Versicherungsnehmerin - wie der Kläger sinngemäß behauptet hat - damals lediglich ein Blankoformular unterschrieben und der Versicherungsagent das Formular eigenmächtig ausgefüllt haben soll.
2. Der Kläger kann sich nicht auf Kenntnis der Beklagten von den unrichtig angegebenen Umständen berufen (§§ 16 Abs. 3, 17 Abs. 2 VVG).
Der Kläger will eine Kenntnis der Beklagten daraus herleiten, dass der für sie handelnde Versicherungsagent bei Antragsaufnahme eine entsprechende Kenntnis erlangt habe. Dieser Einwand ist indessen unbegründet.
Nach ständiger Rechtsprechung hat der Versicherungsagent als "Auge und Ohr" des Versicherers über den Wortlaut des § 43 Nr. 1 und Nr. 2 VVG hinaus zwar eine Empfangsvollmacht für vorvertragliche - auch mündliche - Anzeigen des Versicherungsnehmers mit der Folge, dass alles, was der Versicherungsagent bei Antragsaufnahme vom Versicherungsnehmer oder einem Dritten mitgeteilt bekommt, auch zur Kenntnis des Versicherers gelangt (BGH, VersR 1989, 398 und ständig; Römer/Langheid, VVG, SS 16, 17 Rdnr. 20 bis 21 mit Nachweisen); privates Wissen des Versicherungsagenten reicht dabei indessen nicht aus (vgl. BGH, VersR 1990, 150/151). Nach der dargestellten ständigen Rechtsprechung scheidet eine Zurechnung zu Lasten der Beklagten im vorliegenden Fall schon deshalb aus, weil die Versicherungsnehmerin aufgrund des oben dargestellten Ergebnisses der Beweisaufnahme keine richtigen mündlichen/schriftlichen - Erklärungen gegenüber dem Versicherungsagenten - abgegeben hat. Folglich sind zur Kenntnis der Beklagten auch keine mündlichen/schriftlichen Erklärunge...