nicht rechtskräftig
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage eines ärztlichen Behandlungsfehlers bei unterlassener Operation einer vorgeschalteten Stenose an der linken Beckenschlagader, behaupteter Schädigungen von Nervensträngen und Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 2 O 43/95) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2 Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 9. Februar 1999 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe 20.000,– DM abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte Bürgschaft eines als Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts (§ 244 Abs. 2 Satz 1 AO 1977) erbracht werden.
Tatbestand
Mit der Klage macht die Klägerin Ansprüche gegen den Beklagten wegen kunstfehlerhafter ärztlicher Behandlung geltend.
Die Klägerin begab sich von 31.8. bis 15.9.1992 in das Gefäßzentrum des Beklagten in stationäre Behandlung wegen einer Gefäßerkrankung im linken Bein. Der Beklagte diagnostizierte eine erhebliche linksseitige Minderdurchblutung des Beines bei fast vollständigem Verschluss der für die Durchblutung des linken Beines wichtigen Arteria femoralis superficialis. Bei der Klägerin lag schon seit Jahren ein starker Nikotinabusus sowie eine Hyperlipidämie vor. Die Gefäßerkrankung an der Arteria femoralis superficialis wurde am 1.9.1992 operativ durch das Aufsetzen einer Prothese durch den Beklagten behandelt. Nach ihrer Entlassung am 15.9.1992 suchte die Klägerin den Beklagten am 9.10.1992 erneut auf, da sie nicht mehr ohne Schmerzen laufen konnte und ihr linker Fuß nach Belastung weiß wurde. Der Beklagte führte die Beschwerden der Klägerin darauf zurück, dass die Umgebung der behandelten Gefäße noch nicht ausreichend kollateralisiert sei. Er stellte bei der Untersuchung weiterhin fest, dass die Durchblutung des linken Fußes wieder gut sei. In der Folgezeit ließ sich die Klägerin nur noch durch den Hausarzt Dr. B. behandeln, dem der Beklagte über die durchgeführte Behandlung und die verbliebenen geklagten Beschwerden Bericht erstattete.
Die Klägerin litt weiterhin an Schmerzen im linken Oberschenkel. Ihr Gehvermögen war eingeschränkt. Beim Gehen hatte sie Schmerzen im Gesäß und Krämpfe in der linken Wade. Am 11.8.1993 wurde die Klägerin erneut wegen der Durchblutungsbeschwerden behandelt. Dies erfolgte nun durch Prof. R. in der Aggertalklinik in E.. Dabei wurde eine Ballondilertation der Aorta iliaca communis vorgenommen. Auch durch die zweite Operation konnten die Schmerzen nicht vollständig behoben werden. Noch heute klagt die Klägerin, dass sie das linke Knie nicht richtig beugen könne und Schmerzen im linken Knie und Oberschenkel habe.
Die Klägerin hat vorgetragen,
bereits während ihrer stationären Behandlung durch den Beklagten in der linken Leistengegend habe eine sich abzeichnende Verengung der Aorta iliaca communis (Beckenstammschlagader) vorgelegen. Der Beklagte habe es fehlerhaft unterlassen, eine Behandlung auch dieser Aorta bei der Operation im September 1992 oder in der unmittelbaren Folgezeit durchzuführen. Eine solche hätte aber bei de lege artis durchgeführter Therapie erfolgen müssen. Die Notwendigkeit einer solchen Behandlung hätte spätestens im Oktober 1992 erkannt werden müssen. Sämtliche geklagten Beschwerden seien auf die fehlerhaft unterlassene Gefäßbehandlung der Aorta iliaca communis zurückzuführen.
Die Klägerin hat beantragt,
- den Beklagten zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 20.000,– DM zu zahlen,
- weiterhin 101.785,76 DM nebst 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- sowie festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, auch den zukünftigen materiellen sowie immateriellen Schaden, der auf die ärztliche Behandlung vom 31.8. bis 9.10.1992 zurückzuführen ist, zu ersetzen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat vorgetragen,
zum Zeitpunkt der Planung der Operation im Jahre 1992 habe keine Notwendigkeit bestanden, die arteriosklerotischen Plaques im Bereich der Aorta iliaca communis zu behandeln. Es läge keine fehlerhafte Diagnose vor, da auf den vorliegenden Röntgenbildern aus dem Jahre 1991 noch keine hochgradige Abgangsstenosierung zu sehen und vor der Operation noch ein guter Leistenpuls feststellbar gewesen sei. Aufgrund der postoperativen guten Durchblutung der Gefäße des linken Fußes habe sich kein fehlerhaftes Verhalten ergebe, die Beckenarterie nicht gleich mitbehandelt zu haben.
Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 15.3.1996 sowie gemäß Beschluss vom 4.7.1997. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Sachverständigengutachten vom 12.6.1996 (GA 101-116) sowie das Ergänzungsgutachten vom 18....