Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch aus Kaskoversicherung bei nicht eindeutigem Schadensbild (Wohnwagen, Messerstiche)
Leitsatz (amtlich)
1. Wird die Außenhaut eines Wohnwagens durch Messerstiche mehrmals mutwillig beschädigt, liegen ohne weiteres die Voraussetzungen des Versicherungsfalles vor. Der Versicherungsnehmer muss – entgegen der teilweise in der Rspr. vertretenen Auffassung (OLG Düsseldorf v. 21.2.1995 – 4 U 146/94, VersR 1996, 880 = NJW-RR 1996, 408 = r+s 1995, 404; OLG Hamm v. 25.3.1994 – 20 U 263/93, VersR 1996, 880) – nicht den Nachweis erbringen, dass dieses äußere Bild von betriebsfremden Personen verursacht worden ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Versicherer Umstände dargetan hat, aus denen sich die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung von Vandalismus betriebsfremder Personen bzw. der Vortäuschung einer Entwendung herleiten lässt.
2. Im Rahmen der Auslegung des § 12 Abs. 1 Nr. 2g AKB 2000 gilt für den Versicherungsfall „Beschädigung bzw. Zerstörung durch mut- oder böswillige Handlungen betriebsfremder Personen” in der Vollversicherung keine Beweismaßabsenkung. Ist der Versicherungsfall voll bewiesen, dann muss auch der Versicherer den Vollbeweis für eine Herbeiführung durch den Versicherungsnehmer oder dessen Repräsentanten erbringen (in Anknüpfung an BGH v. 25.6.1997 – IV ZR 245/96, MDR 1997, 931 = VersR 1997, 1095; v. 17.5.1989 – IVa ZR 130/88, MDR 1989, 976 = VersR 1989, 841).
3. Die zur Vermeidung von Missbräuchen durch den Versicherungsnehmer geschaffene Regelung des § 13 Abs. 5a AKB 2000, wonach der Versicherer seine Leistung auf den Wiederbeschaffungswert abzgl. Restwert reduzieren kann, es sei denn, die erforderlichen Kosten der Wiederherstellung erreichen 70 % des Wiederbeschaffungswerts, begegnet keinen Bedenken.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 11.12.2002; Aktenzeichen 3 O 67/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Koblenz vom 11.12.2002 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.426,65 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.11.2001 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges und des Berufungsrechtszuges hat die Klägerin 28/100, die Beklagte 72/100 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Der Kläger nimmt die Beklagte wegen Beschädigung aus Kaskoversicherung in Anspruch.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Wohnwagens, der bei der Beklagten vollkaskoversichert war. Der Wohnwagen wurde mittels mehrerer Messerstiche beschädigt. Der seitens der Beklagten mit der Begutachtung des Schadensumfangs beauftragte Gutachter stellte Reparaturkosten i.H.v. 9.133,25 Euro fest. Die Klägerin begehrt Ersatz der fiktiven Reparaturkosten abzgl. der Selbstbeteiligung i.H.v. 300 DM (153,39 Euro).
Die Klägerin hat vorgetragen, sie sei am 22.9.2001 mit ihrem Wohnwagen nach R. gefahren, um ihre Mutter zu besuchen. Gegen 15.30 Uhr habe sie auf der Raststätte I. Rast gemacht, um Kaffee zu trinken. Dabei habe sie den Wohnwagen zwischen zwei Lkws im Bereich der Lkw-Parkplätze abgestellt. Nach ihrer Rückkehr aus dem Rasthaus habe sie den Wohnwagen nicht weiter überprüft, sondern die Weiterfahrt nach R. angetreten. Dort sei sie gegen 19.00 Uhr eingetroffen. Am nächsten Morgen habe sie beim Aufbauen des Vorzeltes dann die Messerstiche festgestellt. Diese seien vor Fahrtantritt noch nicht vorhanden gewesen, so dass sie davon ausgehe, dass die Messerstiche während der Pause auf dem Autobahnplatz von unbekannten Dritten verursacht worden seien.
Die Beklagte hat vorgetragen, die Beschädigung des Wohnwagens durch einen betriebsfremden Dritten auf dem Rastplatz sei unwahrscheinlich. Das Schadensbild spreche vielmehr dafür, dass Tatverursacher die Klägerin selbst oder eine von ihr beauftragte Person gewesen sei. Die Beschädigungen seien derart erfolgt, dass eine fachgerechte Instandsetzung sehr hohe Reparaturkosten verursache. Andererseits sei eine Reparatur durchaus üblich, bei der nicht die gesamten Bauteile, sondern lediglich die beschädigten Stellen instand zu setzen seien. Dies sei mit sehr geringem Aufwand möglich. Mithin würden einer hohen Entschädigungsleistung durch den Versicherer sehr geringe, tatsächlich aufzuwendende Instandsetzungskosten gegenüberstehen.
Das Schadensbild wirke „geplant”. Die Messerstiche seien über Kopf ausgeführt worden. Eine solche Tat könne, zumal es zum Zeitpunkt, als sich die Klägerin auf dem Rastplatz befunden haben will, noch hell gewesen sei, nicht unbemerkt geblieben sein. Auffällig sei, dass sich die Klägerin trotz Aufforderung durch die Beklagte geweigert habe, eine Skizze von der Autobahnraststätte zu fertigen. Dies sei geradezu typisch für Personen, die befürchten, sich durch eine detaillierte Schilderung in Widersprüche zu verwickeln.
Ungeachtet dessen könne die Klägerin allenfalls die Differenz zwischen dem Wiederbeschaffung...