Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich (hier: Begründungszwang im befristeten Beschwerdeverfahren)
Leitsatz (amtlich)
1. Der Antragsgegnerin wird zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und zur Wahrnehmung ihrer Rechte Rechtsanwalt X. in L. beigeordnet.
2. Auf die als befristete Beschwerde zu wertende Berufung der Antragsgegnerin gegen die in Ziff. 2. des Urteils des AG - FamG - Bonn vom 18.5.2004 - 45 F 15/04 - zum Versorgungsausgleich getroffene Entscheidung wird das vorgenannte Urteil aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über den Versorgungsausgleich an das AG - FamG - Bonn zurückverwiesen.
3. Die Kostenentscheidung über das Beschwerdeverfahren bleibt dem AG - FamG - vorbehalten.
Leitsatz (redaktionell)
Für die von Amts wegen zu treffende Entscheidung zum Versorgungsausgleich als Folgesache besteht eine Begründungspflicht gem. §§ 629 Abs. 1, 313 Abs. 1 Nr. 5, 6 ZPO i.V.m. § 53b Abs. 3 FGG. Danach sind die tragenden Gründe nachvollziehbar darzustellen. Die Parteien haben einen verfassungsrechtlich begründeten Anspruch darauf, über die tragenden Gründe in einer Weise unterrichtet zu werden, die es ihnen ermöglicht, die maßgebenden Erwägungen zu verstehen und nachvollziehen zu können.
Fehlt der Entscheidung zum Versorgungsausgleich jegliche Begründung, so liegt hierin ein wesentlicher Verfahrensmangel, der zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache führen kann. Hierzu bedarf es keines besonderen Antrages einer Partei. Die verfahrensfehlerhafte Entscheidung ist aufzuheben, ohne dass die Verfahrensbeteiligten den Verfahrensfehler gerügt haben müssen.
Normenkette
ZPO §§ 6, 313 Abs. 1 Nr. 5, §§ 621e, 629 Abs. 1, § 629a; FGG § 53b Abs. 3
Verfahrensgang
AG Bonn (Urteil vom 18.05.2004; Aktenzeichen 45 F 15/04) |
Gründe
Die gem. §§ 629a Abs. 2, 621e ZPO zulässige - insb. frist- und formgerecht eingelegte - als befristete Beschwerde zu wertende "Berufung" der Antragsgegnerin hat auch in der Sache insoweit Erfolg, als die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über den Versorgungsausgleich an das FamG zurückzuverweisen war, da das amtsgerichtliche Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet.
Die Entscheidung zum Versorgungsausgleich ist nicht begründet. Für die von Amts wegen zu treffende Entscheidung zum Versorgungsausgleich als Folgesache ergibt sich die Begründungspflicht bereits aus §§ 629 Abs. 1, 313 Abs. 1 Nr. 5, 6 ZPO i.V.m. § 53b Abs. 3 FGG (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 629 Rz. 2). Danach sind die tragenden Gründe nachvollziehbar darzustellen. Die Parteien haben einen verfassungsrechtlich begründeten Anspruch darauf, über die den Spruch des Richters tragenden Gründe in einer Weise unterrichtet zu werden, die es ihnen ermöglicht, die maßgebenden Erwägungen zu verstehen und nachvollziehen zu können (OLG Saarbrücken v. 25.2.1993 - 6 UF 2/93 VA, FamRZ 1993, 1098, m.w.N.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 313 Rz. 19). Unbeschadet des aus § 313 Abs. 3 ZPO abzuleitenden Gebots der "bündigen Kürze" müssen die Entscheidungsgründe zumindest so präzise und ausführlich sein, dass den am Verfahren Beteiligten und auch dem Rechtsmittelgericht auf ihrer Grundlage eine Überprüfung des Richterspruchs möglich ist. Diesen Anforderungen wird die angefochtene Entscheidung nicht gerecht. Sie lässt nämlich in keiner Weise erkennen auf welchen Erwägungen die getroffene Entscheidung des FamG zum Versorgungsausgleich beruht. Bereits in der mündlichen Verhandlung vom 6.5.2004 (vgl. Sitzungsprotokoll vom 6.5.2004, Bl. 26 GA) hat die damals nicht anwaltlich vertretene Antragsgegnerin bei ihrer Anhörung zum Ausdruck gebracht, dass sie im Hinblick auf die neue Rechtsprechung zum Versorgungsausgleich die Durchführung desselben wünsche. Hierauf hat die Familienrichterin im Termin am 6.5.2004 darauf hingewiesen, dass Erklärungen in diesem Verfahren von ihr, der Antragsgegnerin, nur über einen Anwalt abgegeben werden könnten und dass das Gericht unabhängig davon zu der Auffassung neige, dass der Ausschluss des Versorgungsausgleichs wirksam sei, da keine besonderen Umstände erkennbar seien, die die Unwirksamkeit der Vereinbarung begründen könnten. Entsprechend ist dann unter Ziff. II der Entscheidungsgründe zum Versorgungsausgleich ausgeführt, dass die Parteien wirksam in notarieller Urkunde gem. § 1408 Abs. 2 BGB auf die Durchführung verzichtet hätten. Zweifel an der Wirksamkeit des Ehevertrages bestünden nicht (Bl. 37 GA).
Im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des BGH zur Wirksamkeit von Eheverträgen über Scheidungsfolgen, auf die sich die Antragsgegnerin berufen hat, genügen diese Anmerkungen der das FamG treffenden Begründungspflicht nicht. Sie lassen in keiner Weise erkennen, inwieweit sich die Familienrichterin mit der Rechtsprechung des BGH auseinandergesetzt hat. Insbesondere ist die Familienrichterin ihrer Aufklärungspflicht nicht nachgekommen. Entscheidungen zum Versorgungsausgleich unterliegen den Regeln der freiwilligen Gerich...