Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss des Versorgungsausgleichs durch notariellen Vertrag. Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Versorgungsausgleich ist als gleichberechtigte Teilnahme beider Ehegatten am Versorgungsvermögen einer ehevertraglichen Regelung grundsätzlich zugänglich.
2. Der Versorgungsausgleich ist als vorweggenommener Altersunterhalt zu verstehen. Vereinbarungen hierüber müssen deshalb nach denselben Kriterien geprüft werden wie ein vollständiger oder teilweiser Unterhaltsverzicht.
Normenkette
BGB §§ 1587o, 1587c, 138, 242
Verfahrensgang
AG Mölln (Beschluss vom 13.12.2005; Aktenzeichen 1 F 28/05) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - FamG - Mölln vom 13.12.2005 wird aus den zutreffenden Gründen des amtsgerichtlichen Beschlusses zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.
Der Geschäftswert wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt die Durchführung des Versorgungsausgleiches, nachdem die von den Parteien am 24.8.1985 in Schwerin geschlossene Ehe durch Urteil des AG Mölln vom 22.9.2000 geschieden wurde.
Der Scheidungsantrag war der Antragstellerin am 5.4.2000 zugestellt worden. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens wurde die Folgesache Versorgungsausgleich erstinstanzlich nicht weiter betrieben, weil die Parteien mit notariellem Vertrag vom 17.8.1996 den Versorgungsausgleich ausgeschlossen hatten. Die gegen die im Verbundurteil enthaltene "Entscheidung zum Versorgungsausgleich" eingelegte Beschwerde wurde vom Senat durch Beschluss vom 8.1.2002 (10 UF 203/2000) als unzulässig verworfen, da der Ausspruch: "Der Versorgungsausgleich findet nicht statt", ohne dass dem eine materiell-rechtliche Prüfung zugrunde lag, nicht in Rechtskraft erwachsen konnte (vgl. BGH FamRZ 1991, 681). Im März 2004 hat die Antragstellerin erneut beantragt, den Versorgungsausgleich durchzuführen. Die Antragstellerin behauptet, Geschäftsgrundlage des Ehevertrages sei gewesen, dass der Antragsgegner die Darlehens- und Tilgungslasten für zwei ihr gehörende Eigentumswohnungen in W. trage. Da der Antragsgegner zahlungsunfähig geworden sei, sei die Geschäftsgrundlage für den Vertrag entfallen, weshalb sich der Antragsgegner nicht mehr auf den Ausschluss berufen könne. Nach den vom FamG eingeholten Auskünften der Versorgungsträger verfügt die Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund über eine Rentenanwartschaft von 68,71 EUR und eine angleichungsdynamische Anwartschaft von 56,71 EUR (Auskunft v. 5.7.2004, Bl. 34) sowie über eine Anwartschaft aus einer Rentenversicherung bei der Nürnberger Versicherungsgruppe AG mit einem ehezeitlichen Deckungskapital von 3.062,67 EUR (Bl. 33). Diese Anwartschaft soll nach Angaben der Antragstellerin gepfändet sein.
Der Antragsgegner verfügt demgegenüber über in der Ehezeit erworbene Anwartschaften bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (monatlich 687,29 EUR, Bl. 45), der Versorgungseinrichtung der Ärztekammer Schleswig-Holstein (monatlich 795,42 EUR, Bl. 55) und der Deutschen Rentenversicherung Bund (monatlich 169,92 EUR, Bl. 62).
Das AG hat festgestellt, dass der Versorgungsausgleich dem Grunde nach durchzuführen ist, und wegen der (vermeintlich) gegenläufigen Ausgleichsrichtung das Verfahren ausgesetzt.
Mit seiner Beschwerde begehrt der Antragsgegner die Aufhebung des Beschlusses und die Feststellung, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Die Antragstellerin verteidigt den angegriffenen Beschluss.
Der Antragsgegner trägt vor, die Antragstellerin habe es aus freien Stücken unterlassen, versicherungspflichtig zu arbeiten bzw. freiwillige Beiträge in die Rentenversicherung einzuzahlen. Die Defizite bei ihrer Altersversorgung seien nicht ehebedingt (keine gemeinsamen Kinder), weshalb der Vertrag nicht dem Verdikt der Sittenwidrigkeit unterworfen werden könne.
Die Eigentumswohnungen in W. hätten nie als Altersvorsorge dienen sollen und können. Den Ausschluss des Versorgungsausgleiches hätten die Parteien vereinbart, als die Ehe in eine Krise geraten war. Ein Ausgleich sei nicht vorgesehen gewesen. Über die Absicherung seiner Frau im Alter habe er sich keine Gedanken gemacht. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Der Beschluss des FamG stellt sich als Zwischenentscheidung im Verfahren über den Versorgungsausgleich dar, vergleichbar einem Grundurteil.
Auch wenn das FGG entsprechende Entscheidungen nicht ausdrücklich für zulässig erklärt, sind sie doch als zulässig zu erachten (vgl. nur Borth, Versorgungsausgleich, 3. Aufl., Rz. 954; OLG Stuttgart, NJW 1978, 1489; Zimmermann, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 1996, S. 21). Da Grundurteile in betreff der Rechtsmittel als Endurteile angesehen werden, war der Beschluss, was die Feststellung angeht, dass der Versorgungsausgleich durchzuführ...