Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für die Adoption eines Volljährigen
Leitsatz (amtlich)
Die Voraussetzungen für die Adoption eines Volljährigen müssen positiv festgestellt werden. Wenn nach der Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände begründete Zweifel verbleiben, ob die beantragte Adoption sittlich gerechtfertigt ist, muss der Antrag abgelehnt werden (so OLG Köln FGPrax 2007, 121; OLG Köln FamRZ 2003, 1870, BayObLG FamRZ 1996, 183).
Für die sittliche Berechtigung der Adoption kommt es vorwiegend auf die Herstellung eines echten Eltern-Kind-Verhältnisses, eines sozialen Familienbandes an, das seinem ganzen Inhalt nach dem durch die natürliche Abstammung geschaffenen Band ähnelt, das unter Erwachsenen wesentlich durch eine auf Dauer angelegte Bereitschaft zu gegenseitigem Beistand geprägt ist, wie ihn sich leibliche Eltern und Kinder im Erwachsenenalter in typischer Weise leisten (vgl. BayObLGZ 2002, 243, 246). Andere nicht familienbezogene, vor allem wirtschaftliche oder ausländerrechtliche Motive dürfen nicht ausschlaggebender Hauptzweck der Adoption sein (vgl. BayObLG BayObLG FamRZ 2005, 546 m.w.N.).
Ausländerrechtliche Motive, insbesondere die Verhinderung einer drohenden Abschiebung wegen illegaler Einreise und Aufenthalts in Deutschland geben dem Adoptionsbegehren nicht seine sittliche Rechtfertigung. So kann der längere illegale Aufenthalt in Deutschland ohne Kenntnis des Annehmenden von der illegalen Einreise und dem illegalen Aufenthalt sowie die Antragstellung auf Adoption erst nach Aufgreifen des Anzunehmenden durch die deutschen Behörden ein starkes Indiz dafür sein, dass der Versuch der Verhinderung einer drohenden Abschiebung das ausschlaggebende Motiv für die Antragstellung ist.
Verfahrensgang
AG Köln (Beschluss vom 25.03.2011; Aktenzeichen 302 F 394/10) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Köln vom 25.3.2011 - 302 F 394/10 -, mit welchem das Familiengericht den Antrag des Antragstellers, die Annahme des am 10.2.1993 in N. geborenen Q. T. L. als Kind des Antragstellers auszusprechen, zurückgewiesen hat, wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. §§ 58, 59, 61, 63, 64, 186, 188 FamFG zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - Beschwerde des Annehmenden hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Familiengericht angenommen, dass die Voraussetzungen des § 1767 Abs. 1 BGB nicht vorliegen, die die Zulässigkeit der Annahme eines Volljährigen als Kind regeln.
Auf vorliegendes Adoptionsverfahren ist deutsches Recht anwendbar. Hinsichtlich der Frage des anzuwendenden Rechts verweist Art. 22 EGBGB zunächst auf das indische Recht, da beide Ehegatten indische Staatsangehörige sind (Art. 22 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 EGBGB). Das nicht kodifizierte indische internationale Privatrecht knüpft bei der Adoption an das Domizilrecht des Adoptierenden an. Da die Annehmenden beide in Deutschland leben und sich hier aufhalten, richtet sich die Adoption demnach nach deutschem Recht.
Die Frage der Minderjährigkeit oder Volljährigkeit bestimmt sich dagegen gem. Art. 7 Abs. 1 EGBGB nach dem Heimatrecht des Anzunehmenden, mithin nach dem indischen Recht. Hier ergibt sich indes zum deutschen Recht kein Unterschied. In Indien wird als minderjährig ebenfalls eine Person unter 18 Jahren verstanden. Danach ist der Anzunehmende volljährig.
Indes liegen die Voraussetzungen für eine Volljährigenadoption nach § 1767 Abs. 1 BGB nicht vor. Gemäß § 1767 Abs. 1 Halbs. 1 BGB kann ein Volljähriger als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn sich zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entwickelt hat (§ 1767 Abs. 1 Halbs. 2 BGB). Anderenfalls muss bei objektiver Betrachtung bestehender Bindungen und ihrer Entwicklungsmöglichkeiten das Entstehen einer Eltern-Kind-Beziehung für die Zukunft zu erwarten sein (so OLG München MDR 2009, 930; BayObLG FamRZ 2005, 546 m.w.N.). Für die sittliche Berechtigung der Adoption kommt es vorwiegend auf die Herstellung eines echten Eltern-Kind-Verhältnisses, eines sozialen Familienbandes an, das seinem ganzen Inhalt nach dem durch die natürliche Abstammung geschaffenen Band ähnelt, das unter Erwachsenen wesentlich durch eine auf Dauer angelegte Bereitschaft zu gegenseitigem Beistand geprägt ist. Andere nicht familienbezogene, vor allem wirtschaftliche oder ausländerrechtliche Motive dürfen nicht ausschlaggebender Hauptzweck der Adoption sein (vgl. BayObLG, a.a.O.). Das familienbezogenen Motiv als entscheidender Anlass für die Annahme des Volljährigen muss das Hauptmotiv sein. Ist dies der Fall, ist es unerheblich, wenn weitere Motive als Nebenmotive für die Adoption gegeben sind.
Die Voraussetzungen für die Adoption eines Volljährigen müssen positiv festgestellt werden. Wenn nach der Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände begründete Zweifel verbleiben, ob die beantragte ...