Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkung des Umgangsrechts des nicht sorgeberechtigten Elternteils
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Wohl der gemeinsamen Kinder kann es erforderlich machen, dass das Umgangsrecht des nicht sorgeberechtigten Elternteils zunächst auf nur mittelbare Kontakte beschränkt ist.
2. Die zwangsweise Durchsetzung des Umgangsrechts steht dem Kindeswohl jedenfalls dann nicht entgegen, wenn das Kind aus nachvollziehbaren Gründen, die in der Sphäre des nicht sorgeberechtigten Elternteils liegen, mit diesem Direktkontakt verweigert.
3. In diesem Fall ist durch vertrauensbildende Maßnahmen beider Elternteile – unter Umständen unter Mithilfe dritter Personen – eine Überwindung der Verweigerungshaltung des Kindes zu versuchen.
Normenkette
BGB § 1684
Verfahrensgang
AG Leverkusen (Aktenzeichen 30 F 270/97) |
Tenor
Auf die Bescherde des Antragsgegners vom 02.06.1998 (Bl. 67ff GA) wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Leverkusen vom 29.04.1998 – 30 F 270/97 (Bl. 44 – 52 GA) – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Das Umgangsrecht der Antragstellerin mit den Verfahrensbeteiligten Kindern wird dahin eingeschränkt, dass die Mutter-Kind-Kontakte zunächst in indirekter Form der Gestalt stattfinden, dass die Antragstellerin
- Anlass gebundene kleine Geschenke an die Kinder M. S. und M. J. gibt und
brieflich mit den vorgenannten Kindern verkehren kann sowie das der Antragsgegner an die Antragstellerin
- monatliche Entwicklungsberichte über die vorgenannten Kinder, die mit aktuellen Fotos von diesen versehen sind, schickt und
- Schreiben der Kinder und von diesen gefertigte Bilder übermittelt.
Diese Kontakte erfolgen über fachkompetente, beratende Mitarbeiter des Verfahrensbeteiligten zu 4) (z.Zt. Frau P. oder Frau W. bzw. deren Nachfolger oder Vertreter), denen die Entwicklungsberichte, Geschenke, Fotos sowie Bilder zur Weiterleitung an die Gegenseite zu übergeben sind.
Die Beteiligten zu 1) und 2) haben zur fachlichen Begleitung der informellen Kontakte zu von den Mitarbeitern des Beteiligten zu 4) für erforderlich gehaltenen Beratungsgesprächen zur Verfügung zu sehen, um eine behutsame Wiederaufnahme direkter Mutter-Kind-Kontakte möglichst frühzeitig zu erreichen.
Die Gerichtskosten des Umgangsrechtsregelungsverfahrens einschließlich des Beschwerdeverfahrens tragen die Beteiligten zu 1) und 2) je zur Hälfte.
Aussergerichtliche Kosten und Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
Die gem. §§ 621 Abs. 1 Nr. 2, 621 e Abs. 1, 3, 516, 519 Abs. 1 und 2 ZPO, 1684 Abs. 3 BGB zulässige – insbesondere frist- und formgerecht eingelegte – befristete Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache teilweise Erfolg. Das Amtsgericht hat das Umgangsrecht der Antragstellerin zu umfassend ausgestaltet. Das gem. § 1684 Abs. 1 2. Halbsatz BGB bestehende Umgangsrecht der Antragstellerin war im Interesse des Wohles der betroffenen Kinder im tenorierten Umfang gem. § 1684 Abs. 4 Satz 1 BGB einzuschränken, da dies zum Wohle der Kinder erforderlich ist.
Die Beteiligten zu 1) und zu 2) sind seit dem 18.05.1995 geschieden. Die elterliche Sorge für die beiden Kinder wurde dem Vater zur alleinigen Ausübung übertragen. Die Trennung der Eltern erfolgte vor über 7 Jahren. Eine vom Gericht festgelegte Umgangsregelung wurde im Scheidungsurteil nicht getroffen, da die Eltern sich diesbezüglich einvernehmlich einigen wollten. Bis ca. November 1996 hatten sich die Beteiligten zu 1) und 2) dahingehend verständigt, dass die beiden Söhne die Beteiligte zu 2) (die Mutter) mit Übernachtung besuchen konnten. Jedoch änderte sich die Lebenssituation der Beteiligten zu 2) im November 1996 dahingehend, dass sie sich räumlich nicht mehr in der Lage sah, die Kinder über Nacht bei sich aufzunehmen, so dass die Vereinbarung dahin geändert wurde, dass die Kinder samstags von 10:00 bis 18:00 Uhr bei der Mutter sein konnten und auf eine Übernachtung verzichtet wurde. Dabei ging die Beteiligte zu 2) davon aus, dass dieser Zustand nur einige Monate andauern würde, weil sie glaubte, im gleichen Hause eine geräumigere 3-Zimmer-Wohnung beziehen zu können. Diese Erwartung der Beteiligten zu 2) erfüllte sich dann aber nicht. Mittlerweile ist sie nach K. umgezogen und hat am 29.04.1998 wieder geheiratet. Seit diesem Zeitpunkt bestehen zwischen der Beteiligten zu 2) und ihren Kindern keine Besuchskontakte mehr. Diese weigerten sich in immer stärkerem Maße, die Beteiligte zu 2) zu besuchen.
Aus diesem Grunde kam der Verfahrensbeteiligte zu 1) der Umgangsrechtsregelung des Amtsgerichts – Familiengericht – Leverkusen vom 29.04.1998, in welcher der Beteiligten zu 2) ein 14-tägiges Umgangsrecht gewährt worden war, nicht nach.
Gegen diese Umgangsrechtsregelung wehrt sich der Beteiligte zu 1) mit seiner Beschwerde, da diese Regelung dem Kindeswohl entgegenstehe. Die Beteiligte zu 2) habe durch ihr unzuverlässiges Verhalten es selbst herbeigeführt, dass sich die gemeinsamen Kinder der Beteiligten zu 1) und 2) von ihr abge...