Leitsatz (amtlich)
Der Rücktritt des Käufers von einem Kaufvertrag (hier: über die Lieferung einer Standardsoftware für Arztpraxen) wegen einer nicht mängelfreien Kaufsache (§ 434 BGB) setzt i.d.R. eine zuvor gesetzte angemessene Frist zur Nacherfüllung gem. § 439 BGB voraus (§§ 437 Nr. 1, 2, 323 Abs. 1 BGB). Wegen der sich für das weitere Schicksal des Vertrages daraus möglicherweise ergebenden Konsequenzen muss der Käufer dabei unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass der Verkäufer eine letzte Gelegenheit zur Erbringung der vertraglichen Leistung erhält. Anrufe des Käufers bei der „Service-Hotline” des Lieferanten, mit denen er Wartungsleistungen anfordert, stellen für sich genommen noch keine Fristsetzung i.S.d. § 323 Abs. 1 BGB dar. Ebenso wenig kann allein aus der häufigen Inanspruchnahme der Serviceleitung gefolgert werden, dass die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder diese dem Käufer unzumutbar und damit die Nachfristsetzung unter den Voraussetzungen des § 440 S. 1 BGB entbehrlich gewesen wäre.
Normenkette
ZPO § 522 Abs. 2 Nr. 1; BGB §§ 323, 434, 437, 439-440
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 09.04.2003; Aktenzeichen 10 O 113/02) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 9.4.2003 verkündete Urteil des LG Köln -- 10 0 113/02 wird gem. § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Gründe
I. Mit der Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf die Zahlung des Restkaufpreises für die Lieferung von Hard- und Software (Arztpraxis-Software „D.”) gem. ihrer Rechnung vom 10.4.2002 in Anspruch. Die Geräte und das Programm waren im Januar 2002 gekauft und am 23.3.2002 in den Praxisräumen der Beklagten installiert worden. Die Beklagte hat durch Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 17.4.2002 (Bl. 12 d.A.) an die Klägerin unter Hinweis auf mehrere darin gerügte Mängel die „Abstandnahme vom Vertrag” erklärt. Gleichwohl hat die Beklagte die Rechnung i.H.v. 7.789,12 Euro – dieser Teilbetrag entfiel auf die Hardware – beglichen.
Das LG hat der Klage hinsichtlich eines Restbetrages von 2.962,52 Euro sowie i.H.v. weiteren 231,75 Euro aus dem Gesichtspunkt des Verzuges wegen anteiliger Rechtsanwaltskosten stattgegeben.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die vollständige Abweisung der Klage begehrt.
Der Senat hat die Beklagte mit Beschl. v. 1.8.2003 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, das Rechtsmittel gem. § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Berufungsführerin hat innerhalb der ihr gesetzten Frist keine Stellung genommen.
II. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die gem. § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rspr. erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung (§ 522 Abs. 2 Nr. 2, 3 ZPO).
Zu Recht hat das LG die vertraglichen Beziehungen der Parteien nach den Vorschriften des Kaufrechts beurteilt. Nach einhelliger und vom Senat geteilter Auffassung finden auf die Lieferung von Standardsoftware – zumal Anpassungsleistungen an die individuellen Verhältnisse der Benutzerin in nennenswertem Umfang nicht geschuldet waren – die Vorschriften der §§ 433 ff. BGB Anwendung. Da der Vertrag zwischen Parteien auf Januar 2002 datiert, sind die Bestimmungen i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl I, 3138) anzuwenden.
Der Kaufvertrag zwischen den Parteien ist wirksam. Ein Recht der Beklagten, sich ganz oder teilweise vom Vertrag zu lösen, stand ihr nicht zu.
Der Käufer kann unter den Voraussetzungen der §§ 437 Nr. 2, 440, 323 BGB den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären, wenn die Kaufsache zur Zeit des Gefahrübergangs nicht mängelfrei i.S.d. § 434 BGB war. Nicht frei von Mängeln ist eine Sache, wenn sie nicht die von den Parteien vereinbarte Beschaffenheit aufweist (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB). Soweit eine Beschaffenheit nicht vereinbart worden ist, kommt es hinsichtlich der Mängelfreiheit auf die Eignung der Sache zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB), sonst auf die Eignung und Beschaffenheit im Hinblick auf die gewöhnliche Verwendung an (§ 434 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB). Weitere – vorliegend nicht einschlägige – Fälle der Fehlerhaftigkeit der Kaufsache regelt § 434 Abs. 2 BGB.
Die Beklagte macht geltend, das gelieferte Softwareprogramm „D.C.” habe in wesentlichen Punkten nicht der von der Klägerin übergebenen und der dem Vertrag zugrunde liegenden Produktbeschreibung entsprochen. Die behauptete Fehlerhaftigkeit der Kaufsache bedarf der nachvollziehbaren Darlegung und wird nicht durch den Vortrag, das Programm habe sich in einem „katastrophalen” Zustand befunden ersetzt. Soweit die Beklagte den Zustand der Kürzeldatenbank für Medikamente rügt, we...